Tupolew TB-1

Tupolew TB-1
Tupolew TB-1 (ANT-4)
Für den Arktiseinsatz mit geschlossenen Kanzeln und Skifahrwerk ausgerüstete ANT-4
Für den Arktiseinsatz mit geschlossenen Kanzeln und Skifahrwerk ausgerüstete ANT-4
Typ: Bombenflugzeug
Entwurfsland: SowjetunionUdSSR UdSSR
Hersteller: ZAGI, Werk Nr. 22 Fili
Erstflug: 26. November 1925
Indienststellung: 1929
Produktionszeit: 1929 bis 1932
Stückzahl: 216 + zwei Prototypen

Die Tupolew TB-1, auch ANT-4 war ein sowjetisches zweimotoriges Bombenflugzeug. Sie wurde aus Ganzmetall gefertigt, war freitragend und weltweit das Erste seiner Art. 1929 erfolgte mit diesem Typ ein Langstreckenflug von Moskau nach New York City mit einer Gesamtflugstrecke von 21.242 km Länge.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Einsatz

Die Projektierungsarbeiten an diesem Modell begannen am 11. November 1924 unter der Leitung von Andrei Tupolew, ursprünglich um im Auftrag des OTB (Besonderes Technisches Büro) ein für Torpedoabwurftests geeignetes Flugzeug zu schaffen. Der Bau der einzelnen Baugruppen erfolgte im ZAGI und war am 11. August 1925 abgeschlossen. Die einzelnen Komponenten wurden zum Moskauer Zentralflughafen transportiert und dort zusammengebaut. Anschließend erfolgte der Erstflug der ANT-4, ausgerüstet mit zwei französischen Napier-Lion-Motoren und Skifahrwerk, am 26. November 1925 mit Testpilot A. I. Tomaschewski. Die staatlichen Tests wurden vom 11. Juni bis zum 2. Juli 1926 in 25 Flügen ebenfalls von Tomaschewski absolviert. Ein zweiter, mit BMW VIz-Motoren ausgerüsteter und voll bewaffneter Prototyp flog im Juli 1928 mit Michael Gromow. Die staatliche Abnahme erfolgte vom 15. August 1928 bis zum 26. März 1929 und beinhaltete einige Verbesserungen. Das Spannweite wurde verkleinert, der Rumpf verlängert und der Bug abgeändert. Statt der Skier wurden zwei Haupträder montiert. Anschließend wurde die TB-1 zur Serienfertigung freigegeben. Einige Exemplare erhielten BMW-VI-Triebwerke, der Großteil aber (etwa 200) wurde mit dessen Lizenzversion M-17 ausgestattet. Die Produktion begann im Sommer 1929 im ehemaligen Junkers-Zweigwerk in Moskau-Fili und lief Anfang 1932 aus. Gebaut wurden neben den zwei Prototypen 216 Exemplare[1], die bis 1936 bei den sowjetischen Luftstreitkräften im Einsatz standen. Für den Wintereinsatz konnte die TB-1 mit Schneekufen ausgerüstet werden.

Von 23. August bis 30. Oktober 1929 wurde durch eine Strana Sowjetow (russisch страна советов, Land der Sowjets) genannte Maschine ein Langstreckenflug Moskau-New York mit den Etappen Omsk, Chabarowsk, Kamtschatka, Seattle und San Francisco absolviert. Dafür wurden bei zwei TB-1 die Bewaffnung ausgebaut und für den Flug über den Ozean Schwimmer von Junkers-G24-Flugzeugen montiert. Der erste Versuch erfolgte am 8. August und endete mit einer Bruchlandung bei Tschita. Die Besatzungsmitglieder S. A. Schestakow, F. E. Bolotow, B. W. Sterligow und D. W. Fufajew blieben unverletzt und kehrten unverzüglich nach Moskau zurück, um mit der zweiten Maschine einen neuen Versuch zu starten, der diesmal erfolgreich war. Bei diesem Flug wurden insgesamt 21242 Kilometer zurückgelegt.

Mit der TB-1 wurden auch verschiedene Tests unternommen. So wurden mit ihr als „Bensinonosjez“ (Benzinträger) von 1933 bis 1935 unter Leitung von A. K. Sapanowanny die ersten sowjetischen Luftbetankungen durchgeführt. Das erste Huckepack-Sweno-Projekt von Wladimir Wachmistrow, bei dem die TB-1 als Mutterflugzeug für zwei auf den Tragflügel befindlichen I-4- beziehungsweise I-5-Jägern fungierte, wurde ebenso verwirklicht wie Versuche mit Abwürfen von schwerem Gerät an Lastfallschirmen unter der Leitung von Pawel Grochowski. Eine Maschine erhielt 1933 unter Leitung von W. I. Dudakow für entsprechende Erprobungen je drei Starthilfsraketen pro Flügel (zwei darauf, eine darunter). Pilot bei diesen Tests war Nikolai Blagin.

Von 1932 bis 1935 wurden 66 Flugzeuge mit Schwimmern ausgerüstet und anstelle des ursprünglich vorgesehenen Flugbootes TOM-1 unter der Bezeichnung TB-1P als Torpedobomber eingesetzt. Diese Flugzeuge bildeten den ersten Torpedoflieger-Verband der sowjetischen Marineflieger. Nach der Ausmusterung 1936 übergab man 90 Stück der nun veralteten TB-1 der Aeroflot, die sie zum Teil bis 1945 als G-1-Transportflugzeuge flog. Einige Flugzeuge wurden 1934 für den Einsatz in der Arktis mit Schneekufen ausgestattet. Der Pilot Anatoli Ljapidewski entdeckte im gleichen Jahr mit einer dieser TB-1 die Besatzung des im Polarmeer untergegangenen Schiffes Tscheljuskin auf einer Eisscholle und flog die ersten Schiffbrüchigen aus.

Aus der TB-1 entwickelte Tupolew das schwere Jagd- und Aufklärungsflugzeug R-6. Die Tragflügelkonstruktion wurde für das Verkehrsflugzeug PS-9 und das Flugboot MDR-2 übernommen.

Erhaltene Exemplare

Derzeit existiert noch ein Exemplar der ANT-4-Transportversion G-1 im Museum von Uljanowsk (Foto). Das Flugzeug mit der Kennung N-317 gehörte zur Hauptverwaltung des Nördlichen Seeweges und musste im Winter 1943/1944 etwa 100 Kilometer von Krasnojarsk bei Igarka notlanden. Im August 1983 wurde es entdeckt und mithilfe eines Mi-6-Transporthubschraubers aus dem unwegsamen Tundragelände geborgen. Die anschließende Restaurierung erfolgte durch Studenten der fliegertechnischen Schule der Aeroflot in Wyborg unter Verwendung von Teilen eines anderen bei Schuchotka gefundenen G-1-Wracks (N-291) und wurde 1986 abgeschlossen. Die N-317 wurde wegen ihres Einsatzes in Polarregionen mit einem geschlossenen Cockpit und Skifahrwerk ausgerüstet.[2][3]

Technische Daten

Rißzeichnung
Kenngröße Tupolew TB-1 Serie 1930 / Туполев ТБ-1
Konstrukteur(e)    Andrei Nikolajewitsch Tupolew
Hersteller ZAGI (OKB Tupolew)
Baujahr(e) 1926 (Prototyp)
1929 - 1932 (Serienproduktion)
Länge 18,01 m
Flügelspannweite 28,70 m
Flügelfläche 121,5 m²
Flächenbelastung 56,8 kg/m²
Antrieb zwei flüssigkeitsgekühlte V-Motoren M-17
Leistung je 507 kW / 680 PS Startleistung
je 368 kW / 500 PS Nennleistung
Leistungsbelastung 6,81 kg/kW (5,01 kg/PS)
Höchstgeschwindigkeit 178 km/h in Bodennähe
170 km/h in 3.000 m Höhe
Steigzeit 21,0 min auf 3.000 m
Dienstgipfelhöhe 4.830 m
Reichweite 1.000 km
Rüstgewicht 4.520 kg
Nutzgewicht 2.290 kg
Startgewicht maximal 6.810 kg
Bewaffnung sechs bewegliche 7,62-mm-MG DA
Bombenlast 1.000 kg
Besatzung 5-6

Literatur

  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge, transpress, Berlin, 1989, ISBN 3-344-00391-7

Quellen

  1. Peter Stache: Tupolew-Bomber Teil 1 in Flieger Revue 9/70, S. 388-393
  2. Flieger Revue 1/84, Umschau International, Rubrik „Ausstellungen/Museen“, Seite 9
  3. Fliegerrevue 2/88, Aus der Tundra ins Museum, Seite 58/59

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