Tunker

Tunker
Bethaus der Schwarzenau Brethren in Germantown aus dem Jahr 1770

Die Tunker oder Schwarzenau Brethren sind eine zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Alexander Mack gegründete pietistisch-täuferische Bewegung, die unter anderem die Taufe Gläubiger durch dreifaches Untertauchen praktiziert. Zum Teil werden sie auch als Schwarzenauer Neutäufer, Dunkers, Dunkards oder German Baptists bezeichnet. Die Bewegung der Tunker besteht heute aus mehreren Brethren Churches im nordamerikanischen Raum.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Bewegung entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Umfeld des Radikalen Pietismus. Ihr eigentliches Gründungsmoment war, als im August 1708 acht Erwachsene in der Eder bei Schwarzenau mittels Untertauchen getauft wurden [1]. Die so neu entstandene Gruppe nannte sich selbst Brüder. Unter ihnen befand sich auch Alexander Mack, dem die Führungsrolle innerhalb der Gruppe zukam. Unter ihm breitete sich die Bewegung nach 1708 bald auch in andere Landesteile wie die Pfalz und die Wetterau aus. Missionare wurden bis nach Württemberg und die Schweiz entsandt. In ihrer Theologie war die Bewegung stark von Ernst Christoph Hochmann von Hochenau beeinflusst, der als Vertreter des mystisch-spirutellen Pietismus bereits um 1704 eine christliche Hausgemeinschaft in Schwarzenau gegründet hatte. Kontakte bestanden auch zu den täuferischen Mennoniten. Aufgrund fehlender politischer Akzeptanz emigrierte 1719 unter der Führung Peter Beckers erstmals eine Gruppe Tunker aus Krefeld ins nordamerikanische Pennsylvanien. Ein Jahr später übersiedelten etwa 40 Familien um Alexander Mack zu Mennoniten ins niederländische Friesland. Von den Niederlanden folgte Alexander Mack 1729 mit etwa 120 Personen der ersten Gruppe nach Pennsylvanien. In den folgenden Jahren übersiedelte nahezu die gesamte Bewegung der Schwarzenauer Brüder nach Nordamerika. Hier kam es jedoch 1728 zu einem Bruch, als sich eine Gruppe unter Führung Johann Conrad Beissels unter dem Namen Siebentägner-Tunker abspaltete, die sich für die Feier des Sabbats am Samstag und zunehmend auch für zölibatäre Ideen aussprach. Im Jahr 1732 gründeten die Siebentägner-Tunker das Ephrata Cloister. Die verbleibende Gemeinde konnte sich dennoch etablieren und weiter ausbreiten. Unter ihnen war auch Johann Christoph Sauer, der 1743 die erste Bibel in deutscher Sprache in Nordamerika druckte. Heute sind die Schwarzenau Brethren in mehreren US-amerikanischen Staaten verbreitet.

Die Tunker oder Schwarzenau Brethren haben viele Gemeinsamkeiten mit den Mennoniten. Wie sie lehnen sie die Kindertaufe, den Eid und den Kriegsdienst ab. Auch in der Lebensform, Kirchenverfassung und Gottesdienst stimmen sie größtenteils mit den Mennoniten überein, praktizieren jedoch wie die Baptisten die Taufe durch Untertauchen (Immersion). Entsprechend wurden die Tunker auch als German Baptists bezeichnet. Verbindungen zu den täuferischen Mennoniten gab es bereits in ihrer Gründungszeit in Deutschland und den Niederlanden. Übereinstimmungen gab es insbesondere mit den mennonitischen Dompelaars, von denen sich ein Teil den Tunkern anschloss [2]. Dennoch sind die Wurzeln der Schwarzenau Brethren vor allem im radikalen Pietismus zu finden. Schwarzenau und das Wittgensteiner Land waren bereits um 1700 ein Zentrum pietistischer Separatisten geworden, in dessen Mileu sich die Tunker herausbilden konnten. Sie sind neben den Inspirierten eine der beiden noch heute bestehenden aus dem radikalen Pietismus stammenden Denominationen.

Heute gibt es neben der Church of the Brethren mehrere amerikanische Kirchen wie die The Brethren Church, Dunkard Brethren Church oder Fellowship of Grace Brethren Churches, die sich auf die aus Schwarzenau kommenden Tunker berufen. Von den Tunkern stark beeinflusst sind auch die River Mennonites (auch River Brethren), die heute vor allem als Brethren in Christ bekannt sind. Die direkt aus der Bewegung der Tunker entstandenen Kirchen arbeiten heute weltweit in der Brethren World Assembly (Brüder Weltversammlung) zusammen. Im Jahr 2008 fand die Versammlung erstmals am Gründungsort der Bewegung im westfälischen Schwarzenau statt [3]. Die Tunker oder Schwarzenau Brethren sind heute auch stark diakonisch aktiv. Auf Grund ihrer pazifistischen Grundüberzeugungen werden sie zusammen mit Quäkern und Mennoniten den historischen Friedenskirchen zugerechnet.

Literatur

  • Marcus Meier: Die Schwarzenauer Neutäufer. Genese einer Gemeindebildung zwischen Pietismus und Täufertum. AGP 53. Göttingen 2008.
  • Martin Brecht: Geschichte des Pietismus, Band 2 Der Pietismus im achtzehnten Jahrhundert, Göttingen 1995.
  • Hans-Jürgen Goertz: Religiöse Bewegungen in der frühen Neuzeit, München 1993.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. History of the Church of the Brethren. Church of the Brethren, abgerufen am 25. Juli 2010.
  2. Christian Neff and Nanne van der Zijpp: Dompelaars In: Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online (englisch)
  3. Brethren World Assembly 300th Anniversary. Church of the Brethren, abgerufen am 14. März 2011.

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