Trialismus

Trialismus

Trialismus, von griech. τρία : drei oder lat. trialis : drei enthaltend, bezeichnet eine Dreiteilung. So wurden die austroslawistischen Bemühungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnet, die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie mit einem slawischen Reichsteil in einen dreigeteilten Staat umzugestalten. Der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand gilt als Vertreter dieses Trialismus.

Einige, dem Randbereich der Philosophie zuzuschreibende Autoren bezeichnen hiermit die Annahme einer Dreiheit von Körper, Seele und Geist, die gegenüber der klassischen Philosophie von der Einheit von Seele und Geist beim Menschen ausgeht.

Inhaltsverzeichnis

Varianten

Drei verschiedene Modelle, welcher slawischer Reichsteil neben dem deutschsprachigen Österreich und Ungarn das dritte Hauptland sein sollte, konkurrierten miteinander:

  • Böhmen, Mähren und Österreichisch Schlesien waren mit Österreich ebensolange verbunden wie Ungarn. 1526 fielen beide Königreiche per Erbfolge an die Habsburger. Die Chance auf eine Gleichberechtigung der Tschechen war nach 1890 mit dem Sieg der panslawistischen Jungtschechen über die austroslawistischen Alttschechen vorbei. Dennoch forderte noch zu Beginn des Ersten Weltkriegs auch Russland von Wien diese Variante einer konföderativen Lösung.
  • Kroatien und Bosnien-Herzegowina: Zusammen mit Ungarn hatte Österreich Kroatien erworben, mit dem Gewinn Bosniens waren 1878 weitere Kroaten hinzugekommen. Eine Gleichberechtigung der katholischen Kroaten und der muslimischen Bosniaken sollte diese von einer südslawischen Einheit mit orthodoxen Serben abhalten. Für diese Option trat besonders Erzherzog Franz Ferdinand ein, dagegen opponierte jedoch Ungarn, zu dessen Reichshälfte Kroatien gehörte. Dabei sollte neben dem österreichischen und dem ungarischen Reichsteil ein südslawisches Reich unter kroatischer Führung entstehen, der zahlenmäßig stärksten südslawischen Gruppe des Reiches. Dieser südslawische Staat sollte im Interesse des Gesamtreiches einerseits Ungarn schwächen und andererseits großserbischen Ambitionen entgegenwirken. Mit der Verschärfung des kroatisch-ungarischen Konflikts ab 1904 war die Chance vergeben. Die südslawischen Gebiete des Habsburgerreiches waren außerdem nur zum Teil kroatisch, weite Teile waren von Serben dominiert. Weitere Annexionen auf dem Balkan würden das serbische Element nur verstärkt haben. Deren und der enttäuschten Kroaten Anlehnung an Serbien führten zum Ersten Weltkrieg, dessen erstes Opfer ausgerechnet Ferdinand werden sollte. Das südslawische trialistische Programm stand während des größten Teiles der letzten zwei Generationen des Habsburgerreiches an erster Stelle der Reformpläne, wobei in seiner konservativen Form die Slowenen nicht inbegriffen waren.[1]
  • Galizien und Polen: 1772 fiel Galizien an Österreich. Im Gegensatz zu Tschechen, Serben und anderen Slawen im Reich opponierten die Polen meist nicht und pflegten eine traditionelle Freundschaft mit den Ungarn. Sie blieben loyal zu Wien, weil man sie nicht daran hinderte, das Land zu polonisieren, was allerdings auf den erbitterten Widerstand der ukrainischen Ruthenen stieß. Im Ersten Weltkrieg wurde sogar die Angliederung Russisch-Polens an die Donaumonarchie angestrebt. Den Vorteil dieser Option sah Wien in der mittelfristigen Konsolidierung Cisleithaniens. Diese sogenannte austropolnische Lösung brachte naturgemäß Konflikte mit Russland und Deutschland. Spätestens der "Brotfrieden" von 1918 mit der Ukraine brachte auch dieses Projekt zum Scheitern.

Einschätzung in der Forschung

Der Trialismus schloss eine umfassendere Lösung des Nationalitätenproblems aus. Der kroatische Trialismus zog, wie Hohenwarts Plan zur Versöhnung der Tschechen im Jahr 1871, nur den nationalen Status einer einzelnen Volksgruppe in Betracht. Die österreichische Nationalitätenfrage war jedoch so verwickelt, dass die Behandlung einer dieser Fragen offensichtlich die aller anderen beeinflusste. Das Konzept des Trialismus hatte in den letzten Jahrzehnten der Monarchie, durch den serbischen und damit verbundenen südslawischen Gegensatz (Antagonismus), neben der naturgemäßen Ablehnung durch Ungarn wenig Chancen auf Realisierung. Hatte der Trialismus, neben kroatischen konservativen Kreisen, zeitweise auch den Thronfolger Franz Ferdinand als Förderer, so entwickelten sich dessen Reformpläne aber bald in die Richtung einer umfassenden Föderalisierung.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Robert A. Kann: Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. Geschichte und Ideengehalt der nationalen Bestrebungen vom Vormärz bis zur Auflösung des Reiches im Jahre 1918. Band 1: Das Reich und die Völker. Graz/Köln 1964, S. 441.
  2. Robert A. Kann: Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie. Geschichte und Ideengehalt der nationalen Bestrebungen vom Vormärz bis zur Auflösung des Reiches im Jahre 1918. Band 2: Ideen und Pläne zur Reichsreform. Graz/Köln 1964, S. 196 und 256-263.

Weblinks


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