Traven

Traven

B. Traven († 26. März 1969 in Mexiko-Stadt) ist das Pseudonym eines deutschsprachigen Schriftstellers, der während seiner Hauptschaffensperiode in Mexiko lebte, und vor allem durch sozialkritische Abenteuerromane weltweit bekannt wurde, darunter als zwei seiner bekanntesten: Das Totenschiff und Der Schatz der Sierra Madre. Weniger bekannt, jedoch mindestens genauso wichtig für sein Werk, ist der sechsteilige Caoba-Zyklus über Elend und Rebellion indianischer Holzarbeiter in Mexiko.

B. Traven hat seine wahre Identität und Herkunft zeitlebens verborgen gehalten. Zu den weiteren Pseudonymen, die dieser Person zugeordnet werden, zählen u.a. Ret Marut, Bernard Traven Torsvan, Berick Traven Torsvan, Torsvan Croves, Hal Croves. Er starb als mexikanischer Staatsbürger unter dem amtlichen Namen Traven Torsvan Croves, laut seinem Testament geboren am 3. Mai 1890 in Chicago.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Leben

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Als Ret Marut im Deutschen Reich

Der Lebenslauf B. Travens ist nicht völlig geklärt. Es gab aber schon seit den 1920er Jahren Hinweise, dass er unter dem Namen Ret Marut in den Jahren von 1917 bis 1921 die anarchistische Zeitschrift Der Ziegelbrenner in München veröffentlicht hatte. Große Bekanntheit erlangte die These der Identität Travens mit Marut aber erst 1966 durch die Traven-Biografie des Leipziger Literaturwissenschaftlers Rolf Recknagel.

Der Erste Weltkrieg veranlasste Ret Marut, seine Staatsangehörigkeit zu ändern. Er ließ „England“ als seine Staatsbürgerschaft auf der roten Meldekarte für Ausländer durchstreichen und durch „Amerika“ ersetzen. Problematisch wurde es für ihn allerdings, als auch die US-Amerikaner in den Krieg gegen Deutschland eintraten. Aber im Kampf Marut gegen die Behörden ging Marut auch diesmal eindeutig als Sieger hervor. „Von den dreien: Staat, Regierung und Ich, bin ich der Stärkste. Das merkt Euch!“ (Der Ziegelbrenner. Nr. 18/19 vom 3. Dezember 1919).

Als Akteur der Münchner Räterepublik sollte Marut 1919 standrechtlich erschossen werden, konnte jedoch fliehen und gab die Zeitschrift von Köln aus weiter heraus. Er musste erneut fliehen und gelangte 1923 mit dem Pass des befreundeten Kölner Malers Anton Räderscheidt nach Rotterdam und von dort nach England, wo sich wieder Spuren finden. Im Archiv der Fremdenpolizei entdeckte der BBC-Rechercheur William Wyatt Ende der 1970er-Jahre Hinweise darauf, dass Marut sich als „Otto Feige“ aus Schwiebus bezeichnete. Es wird vermutet, dass er von London ins kanadische und schließlich 1924 ins mittelamerikanische Exil gelangte. Nach anderer Version gelangte er von Holland aus nach Mexiko (Das Totenschiff).

Als Traven Torsvan / Hal Croves in Mexiko

B. Traven lebte fortan als Traven Torsvan im südlichen Mexiko unter Indianern und schrieb dort auch sein Frühwerk. Er verneinte zwar jahrelang seine Herkunftsgeschichte[3][4], doch kurz nach seinem Tod bestätigte seine Witwe Rosa Elena Luján de Torsvan die Identität von B. Traven mit dem deutschen Schauspieler, Publizisten und Schriftsteller Ret Marut.[5]

Viele der unter dem Namen B. Traven erschienenen Werke spielen in Mexiko. In dieser Schaffensperiode wird Traven auch mit „Hal Croves“ identifiziert, angeblich ein in Chicago geborener Amerikaner schwedischer Abstammung und Literaturagent Travens. Dieser war 1947 beim Dreh des Films Der Schatz der Sierra Madre anwesend, wie auch 1959 bei der Premiere von Das Totenschiff in Hamburg.

B. Traven hat seit seinem Auftauchen Anfang 1925 fast immer in deutscher Sprache veröffentlicht; u.a. in der Zeitschrift Der Syndikalist. Seinen ersten Roman bot er mit einem Brief vom 6. Januar 1925 der sozialdemokratischen Tageszeitung Vorwärts an, die ihn an den Verlag der „Büchergilde Gutenberg“ weiterempfahl.[6] Die von ihm selbst erstellte englische Version des Totenschiffs enthält viele Germanismen, die es als unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass seine Muttersprache Englisch war. Die deutsche Version hingegen wurde anhand von Anglizismen als Rückübersetzung erkenntlich und durch mecklenburgischen Wortschatz einem aus dieser Region stammenden Übersetzer zugeordnet.

Die Weltbühne veröffentlichte am 15. September 1946 ein Interview mit Egon Erwin Kisch. Dort heißt es: „Für Oskar Maria Graf ist Traven noch immer Fred Maruth, so heißt er nämlich mit seinem bürgerlichen Namen…“. Der Biograf Karl S. Guthke lokalisierte Orte in der Nähe von Lübeck, gelegen an der Trave, die Travens Pseudonymen ähneln wie Gut Marutendorf bei Kiel, Traventhal bei Bad Segeberg, und nannte weitere Indizien für eine Verbindung dorthin. Dort nehmen auch weitere Spekulationen über uneheliche, adelige Abstammung ihren Ausgang.

Literarisches Schaffen

Travens Werke lassen sich wohl am besten als „proletarische Abenteuerromane“ beschreiben. Sie handeln von Seeräubern, Indianern und Gesetzlosen und teilen daher viele Motive mit Autoren wie Karl May oder auch Jack London. Anders jedoch als die meisten Vertreter des Western- oder Abenteuer-Genres zeichnet sich Traven nicht nur durch eine sehr detaillierte Charakterisierung des sozialen Milieus seiner Protagonisten aus, sondern er schrieb seine Bücher vor allem konsequent aus der Perspektive der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Seine Figuren stehen am Rande der Gesellschaft, entstammen dem proletarischen und lumpenproletarischen Milieu, stets mehr Antihelden als Heroen, haben jedoch dennoch eine urtümliche Lebenskraft, die sie immer wieder zum Aufbegehren zwingt. Die „gerechte Ordnung“ oder die christliche Moral, die in vielen Abenteuerromanen durchscheint, gilt Traven und seinen Helden nichts.

Stattdessen steht stets das anarchische Element des Aufbegehrens im Mittelpunkt. Immer erfolgt es aus der unmittelbaren Ablehnung der entwürdigenden Lebensumstände der Helden, stets sind es die Entrechteten selbst, die ihre Befreiung oder aber zumindest eine rebellische Geste vollbringen. Politische Programme kommen nicht vor, das vage anarchistische „Tierra y Libertad“ des Caoba-Zyklus ist wohl noch eines der dezidiertesten Manifeste in Travens Romanen. Professionelle Politiker, auch auf seiten der Linken, kommen im Gegenteil mehr als schlecht weg – wenn sie überhaupt erwähnt werden, dann nur in allerlei Beschimpfungen. Dennoch sind Travens Romane zutiefst politische Bücher. Obwohl er ein positives Programm verweigert, scheut er sich doch niemals die Ursache des Leidens seiner Protagonisten zu nennen. Dieser Quell von Qual, Entwürdigung, Elend und Tod ist für ihn „Cäsar Augustus Capitalismus“, wie das Diktat des Kapitals in Das Totenschiff genannt wird. Traven schaffte es, seine einzigartig subjektiv-mitreißende Kapitalismuskritik ohne belehrenden Zeigefinger zu liefern und durch die Anknüpfung an Western- und Seemannsmotive auch tatsächlich das proletarische Zielpublikum zu erreichen. Eine Leistung, die nicht viele linke Schriftsteller vollbringen konnten.

Weiterhin interessant ist auch, dass Traven seine Schilderung von Unterdrückung und Ausbeutung nicht auf eine Kapitalismuskritik beschränkte, sondern auch die rassistische Unterdrückung der mexikanischen Indianer in den Mittelpunkt stellte. Diese vor allem im Caoba-Zyklus ausgearbeiteten Motive waren in den 30er Jahren absolute Avantgarde, denn trotz ihres Antiimperialismus wusste die Mehrheit der linken Intellektuellen wenig bis gar nichts über die konkreten Formen rassistischer Unterdrückung an der Peripherie des Kapitalismus. Travens Verdienst ist es, die Emanzipation der Indigenas schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt ins Bewusstsein zu rücken, lange vor der nordamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und den antikolonialen Kämpfen im Trikont.

Einzelnachweise

  1. Tapio Helen: B. Traven's Identity Revisited
  2. Digitales Pressedienstarchiv Lübeck, abgerufen 5. Juli 2008
  3. http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=44419037
  4. http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=44435588
  5. http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=9C0CE1DE1631F936A15755C0A966958260&sec=&spon=&pagewanted=all
  6. http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=13501258

Werke

  • 1925 Die Baumwollpflücker
  • 1926 Das Totenschiff. (verfilmt 1959 von Georg Tressler mit Horst Buchholz, Mario Adorf und Elke Sommer)
  • 1926 Der Wobbly. 1928 als Die Baumwollpflücker veröffentlicht
  • 1927 Der Schatz der Sierra Madre. (verfilmt 1948 von John Huston mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle)
  • 1928 Land des Frühlings.
  • 1928 Der Busch.
  • 1929 Die Brücke im Dschungel.
  • 1929 Die weiße Rose. (eventuell Namensvorlage für die Widerstandsbewegung Weiße Rose)
  • sechsteiliger Caoba-Zyklus (auch Mahagoni-Zyklus)
    • 1930 Der Karren.
    • 1931 Regierung.
    • 1933 Der Marsch ins Reich der Caoba.
    • 1936 Die Troza.
    • 1936 Die Rebellion der Gehenkten.
    • 1940 Ein General kommt aus dem Dschungel.
  • 1936 Sonnen-Schöpfung. (Indianische Legende)
  • 1950 Macario.
  • 1954 Der Banditendoktor. (Mexikanische Erzählungen)
  • 195? Canasta de Cuentos Mexicanos (Mexikanische Erzählungen, verfilmt Mexiko 1956)
  • 1958 Der dritte Gast. (Enthält Der Nachtbesuch im Busch, Sonnen-Schöpfung u. a.)
  • 1960 Aslan Norval.
  • 1961 Stories By the Man Nobody Knows (Hrsg. Harlan Ellison; enthielt mitunter neue Geschichten, die auf englisch vorlagen)
  • 1963 Khundar – Ein deutsches Märchen. (Erschien zuerst im April 1920 in der Zeitschrift Der Ziegelbrenner)
  • 1976 Der Ziegelbrenner. Reprint der Zeitschrift 1917–1921. (Hrsg.: Max Schmidt und Nachwort von Rolf Recknagel)

Literatur

  • Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): B. Traven. In: Text + Kritik. Heft 102, April 1989, ISBN 3-88377-307-7.
  • Michael L. Baumann: B. Traven. An Introduction. University of New Mexico Press, Albuquerque 1976.
  • Michael L. Baumann: Mr. Traven, I Presume? AuthorHouse, online 1997, ISBN 1-58500-141-4.
  • Johannes Beck (Hrsg.): Das B.-Traven-Buch. Rowohlt (rororo), Reinbek bei Hamburg 1976, ISBN 3-499-16986-X.
  • Gerd Heidemann: Postlagernd Tampico. Die abenteuerliche Suche nach B. Traven. Blanvalet, München 1977, ISBN 3-7645-0591-5.
  • Frederik Hetmann: Der Mann, der sich verbarg. Nachforschungen über B. Traven. Klett, Stuttgart 1983, ISBN 3-12-920052-5.
  • Karl S. Guthke: B. Traven. Biografie eines Rätsels. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-7632-3268-0 (vergriffen); vom Autor revidierte Taschenbuchausgabe, Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-21922-9.
  • Karl S. Guthke: „Das Geheimnis um B. Traven entdeckt“ – und rätselvoller denn je. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-7632-2877-2.
  • Der Feuerstuhl und die Fährtensucher. Rolf Recknagel, Erich Wollenberg, Anna Seghers auf den Spuren B. Travens. Karin Kramer Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-87956-266-0.
  • Wolfgang Kröske (Dr. Seltsam): Wo ist der Ziegelbrenner? In: Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft. Heft 15, Lübeck 1998, ISBN 3-931079-20-1.
  • Rolf Raasch: B. Traven und Mexiko – Ein Anarchist im Land des Frühlings: Eine politisch-literarische Reise. Oppo-Verlag Berlin 2006, ISBN 978-3-926880-14-7.
  • Rolf Recknagel: B. Traven. Beiträge zur Biografie. Reclam, Leipzig 1966; Guhl, Berlin 1977, ISBN 3-88220-031-6;
    3., durchges. Auflage: Reclam Leipzig, 1982 und Röderberg, Frankfurt/M. 1983, ISBN 3-87682-478-8.
  • Ernst Schürer, Philip Jenkins (Hrsg.): B. Traven: life and work. Pennsylvania State Univ. Press, University Park 1987 u. London 1986, ISBN 0-271-00382-0.
  • Jörg Thunecke (Hrsg.): B. Traven the Writer / Der Schriftsteller B. Traven, Edition Refugium: Nottingham 2003, ISBN 0-9542612-0-8, ISBN 0-9506476-5-9.
  • Jörg Thunecke (Hrsg.): Der Schriftsteller Ret Marut, Nottingham: Edition Refugium 2009, ISBN 978-0-9506476-4-7.
  • Edward N. Treverton: B. Traven. A Bibliography. The Scarecrow Press, Lanham/Maryland/London 1999, ISBN 0-8108-3610-6.
  • Hansjörg Viesel: Ret Marut. In: Literaten an der Wand. Die Münchener Räterepublik und die Schriftsteller. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt 1980, S. 471-541, ISBN 3-7632-2426-2.
  • Will Wyatt: B. Traven. Nachforschungen über einen Unsichtbaren. Übersetzt aus dem Englischen von Peter Hubschmid. Papyrus, Hamburg 1982, ISBN 3-922731-05-8.
  • Frank Nordhausen - diverse Artikel in Fachzeitschriften

Weblinks


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