Tortenwurf

Tortenwurf
Freiwillige Tortung bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung einer studentischen Verbindung

Als Tortenwurf bezeichnet man den Wurf einer Torte ins Gesicht eines Menschen mit dem Ziel, das Opfer der Lächerlichkeit preiszugeben. Hierbei ist zwischen einem in Slapstick-Komödien verwendeten so genannten Tortengag und einem politischen Tortenattentat bzw. einer Tortung zu unterscheiden. Werfen eine größere Anzahl an Leuten gleichzeitig mit Torten, wird dies als Tortenschlacht bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Tortenwürfe in der Unterhaltungsbranche: Tortengag, Tortenschlacht

Tortenwürfe in Gesichter wurden von der frühen Stummfilmzeit bis weit in die Epoche des Tonfilms hinein als regelmäßiges und damals auch effektives Element filmischen Slapsticks eingesetzt, unter anderen in den Werken der Marx Brothers, von Stan Laurel und Oliver Hardy sowie später auch von Jerry Lewis. Auch im Varieté des 19. Jahrhunderts waren gelegentlich Torten geworfen worden. Im Lauf der Jahre wurde dieses Motiv so stark beansprucht, dass Rezipienten den Tortenwurf als klischeeartiges Stilmittel juvenilen Brachialhumors wahrzunehmen lernten. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ziehen Filmemacher Tortenwürfe daher praktisch nur noch als Hommage oder als eine Art ironisches Bekenntnis zur eigenen künstlerischen Anspruchslosigkeit heran (z.B. Spielfilm Die total beknackte Nuß von 1992).

Eine detaillierte Anleitung mit allerlei Varianten wird von der britischen Komikertruppe Monty Python im Film Monty Python Live at the Hollywood Bowl plastisch vorgetragen. Im Film The Battle of the Century von 1927 mit Stan Laurel und Oliver Hardy wurde eine bis dahin beispiellose Tortenschlacht dargestellt, bei der für die Dreharbeiten 3000 Torten hergestellt wurden. Die bislang größte im Film dargestellte Tortenschlacht wird dem Film Das große Rennen rund um die Welt von 1965 zugerechnet.

Tortenwürfe als politische Ausdrucksform: Tortenattentat, Tortung

Unter Tortenattentat oder Tortung versteht man einen Akt handgreiflicher Aktionskunst oder handgreiflichen politischen Protests, bei dem eine Person des öffentlichen Lebens mit einer Torte beworfen wird oder diese ins Gesicht gedrückt bekommt. Das Wort „Tortung“ selbst ist hauptsächlich in Österreich gebräuchlich. Die französische Sprache kennt die Begriffe „entarteur“ und „entartiste“ für den Urheber eines Tortenattentats. Im Englischen wird „pieing“ verwendet.

Tortenwürfe als Mittel der Bloßstellung von Menschen sind bereits für die 1960er Jahre dokumentiert. Für Deutschland ist die Torte als politisches Kampfmittel bis zum Jahr 1968 zurück verfolgbar. Damals wollten Fritz Teufel und seine Kommilitonen ein Café besuchen, dessen Besitzer diese jedoch nicht als Gäste haben wollte. Er rief die Polizei, die Bedrängten verteidigten sich mit der reichlichen Auslage des Cafébesitzers, die aus zahlreichen Torten bestand. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) erinnerte in folgenden Jahren an die Tortenschlacht von Hannover.

Der erste einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewordene politisch motivierte Tortenwurf war der des belgischen Komikers Noël Godin gegen die französische Schriftstellerin und Filmregisseurin Marguerite Duras 1969. Der Medienerfolg seiner Aktion ermutigte Godin dazu, die Tortung zu seinem künstlerischen Markenzeichen machen. Der bis heute aktive Godin und sein Freundeskreis torteten in den folgenden Jahrzehnten eine Vielzahl von national und international bekannten Prominenten. Godins bisher häufigstes Ziel war der Philosoph und Jetsetter Bernard-Henri Lévy, der am 18. März 2006 zum siebten Mal Opfer von Tortungen seiner Gruppe war.[1] Mit einer Mehrfachtortung des Softwaremagnaten Bill Gates erlangte eine von Godin angeführte Tortergruppe 1998 schließlich internationale Bekanntheit. Godin tritt bei seinen Aktionen gelegentlich unter dem Pseudonym „Georges Le Gloupier“ auf. Die lose Gruppe um Godin bezeichnet sich selbst mal als Internationale Pâtissière (Torten-Internationale), als Pâtissiers sans Frontières (Konditoren ohne Grenzen), in Anlehnung an die bekannten Médecins Sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen) oder als Gloup Gloup.[2] In Form von Gruppierungen wie „Al Pieda“, die Biotic Baking Brigade oder Les Entartistes fand Godin Nachahmer in mehreren Ländern.

Opfer politischer Tortenwürfe

Sonderform Puddingattentat

Das „Puddingattentat“ konnte sich im Gegensatz zum Tortenattentat nicht durchsetzen. Bereits 1967 planten Berliner Studenten ein Puddingattentat gegen den US-Vizepräsidenten Humphrey, dieses konnte von der Polizei verhindert werden. Als einzig erfolgreich durchgeführtes Puddingattentat ist der „Anschlag“ auf den Alt-68er Bernd Rabehl bekannt, dieser wurde 1999 von Studenten wegen seiner rechten Ansichten und Äußerungen mit Pudding attackiert.

Siehe auch

  • Tomatenwurf
  • Schuhwerfer

Einzelnachweise

  1. Bernard-Henri Lévy zum siebten Mal erfolgreich "eingetortet"
  2. http://www.gloupgloup.be/gloup.php?page=qui
  3. Primas der katholischen Kirche wird Ziel in Tortenschlacht
  4. Torten-Attacke: Biskuit mit Creme und Schwandner
  5. Studentin wirft Torte auf Günther Oettinger
  6. Trittin mit Torte beworfen
  7. Trittin verzichtet auf Anzeige

Weblinks

 Commons: Pieing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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