Torcida

Torcida
Torcida auf der Nordtribüne

Torcida bezeichnet den größten und ältesten Fanclub des kroatischen Fußballvereins Hajduk Split. Gegründet wurde die Torcida 1950. Bekannt sind die lautstarken Anhänger vor allem für die Choreographien bei denen regelmäßig bengalische Fackeln zum Einsatz kommen. Die Torcida hat zudem starken Einfluss auf die Entscheidungen der Vereinsführung. Die Torcida in Split hat aktuell etwa 8000 Mitglieder.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte der Sport, insbesondere der Fußball, im ehemaligen Jugoslawien einen hohen Stellenwert. Aufbauend auf alten Stadtklubs wurden neue Vereine gegründet (Dinamo Zagreb, Partizan Belgrad, Roter Stern Belgrad) die schnell erfolgreich wurden sich und mit den alten Vereinen wie Hajduk Split spannende Meisterschaftsduelle lieferten, die oft erst am letzten Spieltag entschieden wurden.

Diese Situation gab es auch am vorletzten Spiel im Oktober 1950 vor dem Spiel zwischen Hajduk Split und Roter Stern Belgrad, dem entscheidenden Spiel für die jugoslawische Meisterschaft, welches in Split ausgetragen wurde. Die Begeisterung führte bei einer Gruppe von Hajduk Split Fans, die zu der Zeit in Zagreb studierten, zu der Entscheidung, eine organisierte Fangemeinschaft zu bilden. Orientiert haben sich die Studenten damals an der brasilianischen Torcida, die bei der Weltmeisterschaft 1950 durch temperamentvolle Unterstützung aufgefallen sind. So wurde Torcida am 28. Oktober 1950 durch einen Kern von 113 Studenten und anderen Jugendlichen, hauptsächlich aus Dalmatien stammend, gegründet.

In Kooperation mit einem Jugendverband der Universität Zagreb organisierte die Gruppe mehrere tausend Studenten und andere Hajduk Split Fans aus Zagreb zum großen Derby in Split. Diese Mobilisierung sowie kleinere Vorfälle, wie nächtliche Hupkonzerte vor dem Hotel der Spieler von Roter Stern Belgrad, führten dazu, dass mehrere Belgrader Medien das Verhalten der Torcida verurteilten. So hieß es unter anderem, dass „das unanständige Verhalten der Torcida rechtzeitig gestoppt werden müsse bevor es zu Hass zwischen den Klubs kommt“. Die Führung von Hajduk Split hingegen begrüßte die Anstrengungen der Fans.

Beim Spiel selbst waren damals 20.000 Fans in dem hoffnungslos überfüllten Stadion anwesend und die Torcida sorgte für eine lautstarke Unterstützung. Obwohl Roter Stern Belgrad ein Unentschieden reichte und sogar 1:0 in Führung ging, gewann Hajduk Split das Spiel 2:1 durch ein Tor in der 87. Minute und damit die Meisterschaft.

Roter Stern Belgrad akzeptierte die Niederlage jedoch nicht und wandte sich an den damals mächtigen kommunistischen Politiker Milovan Đilas in der Belgrader Regierung, der daraufhin eine Untersuchung des Spiels anordnete. Das damalige Präsidium von Hajduk Split, Ante Jurjević Baja und Jure Bilić, erhielten daraufhin von der Partei eine schriftliche Abmahnung und der Mannschaftskapitän Frane Matosić, der den Belgrader Torhüter Stankovic während des Spiels zu Boden geschickt hatte, wurde aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Eines der Gründungsmitglieder Vjenceslav Žuvela wurde aufgrund des Tragens eines Symbols mit den Lettern „T“ und „h“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt – das Gericht interpretierte die Buchstaben als „Torcida Hrvatska“ (Torcida Kroatien).

Die politische Verurteilung der „Torcida“ führte dazu, dass eine formale Gründung der Organisation unmöglich wurde. In den nachfolgenden Jahren kam es öfter spontan zu Konzentration kleinerer Gruppen in bestimmten Bereichen des Stadions. Mitte der 1960er kam es häufiger zum Einsatz von Pyrotechnik, die oft auch auf das Feld geworfen wurde. Ausschreitungen gab es in dieser Zeit eher selten. Nationale/politische Anfeuerung wurde vermieden, da diese durch Polizei und Gerichte streng bestraft wurden.

1970er

Zu Beginn der 70er versammelten sich regelmäßig kleinere Gruppen von passionierten Hajduk Split Fans im östlichen Teil des Stadions von Split und bestimmten von dort aus die Anfeuerung. Anfänglich wurde auf Ikonographie bei der Anfeuerung wenig Wert gelegt, was sich durch die hauptsächlich jungen Fans änderte. Diese orientierten sich in den 70ern zuerst an der südländischen Fankultur und erstellten viele Club-Flaggen und Banner der Gruppen im Block. Schließlich hat der Einfluss der nördlichen Fankultur, hauptsächlich der Englischen, zur Entwicklung von Schlachtrufen geführt - ebenso wurden auch gewalttätige Auseinandersetzungen häufiger. Der Organisationsgrad der Fangruppe nahm in der zweiten Hälfte der 70er Jahre zu. Auch abseits der Spiele begannen die Fans sich zu treffen, hauptsächlich in der Altstadt von Split, um über vergangene und kommende Spiele zu reden, neue Mitglieder anzuwerben oder neue Choreographien zu erstellen.

Zu dieser Zeit gab es im internationalen Fußball eine große Veränderung hinsichtlich der Gewalt durch Hooligans, was sich auch auf die Torcida auswirkte. Es kam häufiger zu organisierten, gewalttätigen Auseinandersetzungen und Übergriffen auf andere Fangruppen, hauptsächlich auf den Straßen und den Bahnhöfen nach dem Spiel. Schlägereien im Stadion gab es eher selten, beispielsweise jedoch beim Derby gegen Roter Stern Belgrad im Jahr 1974. Mehrere hundert Soldaten der jugoslawischen Armee waren in die Massenschlägerei im Stadion verwickelt, bei der es viele Verletzte gab. Schlimmeres konnte nur verhindert werden als ein Major der Armee eine Waffe zog, um die Gruppen zu trennen und die Soldaten aus dem Stadion zu evakuieren.

Gegnerische Fans vermieden in der Folge immer häufiger die Reise nach Split. Ausnahme bildet hier Reisen von ungefähr 1000 Fans von Partizan Belgrad im Jahr 1978, die allerdings brutal geschlagen wurden, so dass in den darauffolgenden Jahren kein Belgrader Team seine Fangruppen für eine Reise nach Split mobilisieren konnte.

Der harte Kern der Torcida „Nesvrstane“ (dt. die Unbeugsamen) insistierte auf eine neue Identität und setzte sich vom Rest ab, indem sie auf dem Ärmel Ihrer Jeans-Jacke den Buchstaben „N“ trugen. Auf einer kroatischen Fahne standen die Worte „patria nostra“ (dt. unsere Heimat). Die Jungs organisierten sich besonders in den Jahren 1978 und 1979 und trafen sich in einem eigenen Raum im Stadtzentrum. An der Wand hing eine alte kroatische Fahne. Von hier aus wurden alle Fäden gezogen und Auswärtsspiele sowie die dazugehörigen Ausschreitungen Ende der 70er koordiniert. Eine dieser Ausschreitungen fand am 19. Juni 1979 in Mal in Sarajevo statt und hatte mehrere Verletzte zur Folge.

1980er

In den 80ern kamen die Unterschiede der einzelnen Fangruppen und die Rivalitäten besonders zum Vorschein. Der harte Kern der „Unbeugsamen“ nimmt offiziell den alten und neuen Namen „Torcida“ an und will damit die Gründer von 1950 ehren und die Tradition der Torcida fortsetzen. Die Unterdrückung der Kroaten im ehemaligen Jugoslawien war ebenfalls ein Grund dafür, dass der alte Name Torcida aus dem Jahr 1950 offiziell zum Vorschein kam. Anfang der 80er machte die Torcida Ihren Unmut auf verbale Art und Weise laut: Die Stadt wurde mit Parolen wie „allen Kroaten ein frohes Weihnachtsfest“ und „Tod dem Kommunismus“ übersät. Die damalige Regierung bezeichnete diese Sprüche als chauvinistische, klerikale und staatsfeindliche Parolen. und es kam zu Interventionen durch die Polizei. Im Stadion erschien ab der Mitte der 1980er bei den Heimspielen ein Banner mit der Aufschrift „TORCIDA“ und es kamen weitere Banner aus Orten im Umkreis von Split hinzu („TORCIDA SEGET“ etc.) was die wachsende Popularität verdeutlichte. Gleichzeitig wurden die Graffiti der Torcida in der Stadt immer zahlreicher und sind nach wie vor beinahe überall in Split zu sehen.

Das brasilianische Vorbild wandelte sich nun mehr zur englischen Fanszene, die nordeuropäische Fankultur prägte das Bild im ehemaligen Jugoslawien und die Gewalt rückte in den Vordergrund bei den Fußballspielen. Die Anzahl der gewaltbereiten Fans stieg um ein Vielfaches. Ein Beispiel dafür ist das Spiel zwischen Hajduk Split und Olympique Marseille im Pokal der Pokalsieger, dass am 5. November 1987 stattfand. Das Rückspiel in Split wurde in der ersten Halbzeit vorzeitig abgebrochen, da die Torcida eine Tränengasbombe auf das Spielfeld geworfen hatte. Panik machte sich auf den Rängen breit und zum Glück war das Stadion nicht ausverkauft. Das Spiel wurde mit 0:3 für Olympique Marseille gewertet. Split erhielt eine große Geldstrafe und wurde international für 2 Jahre gesperrt. Eher kurios ist der Vorfall beim Spiel im Halbfinale des UEFA-Pokals der Saison 1983/84 gegen die Tottenham Hotspurs, als Fans vor dem Spiel auf das Spielfeld gestürmt sind und das Wappentier von Tottenham, einen Hahn, getötet haben.

Gegen Ende der 1980er kam es zu einer zunehmenden nationalen Homogenisierung der Fangruppen innerhalb der einzelnen Republiken. So reiste die Torcida bspw. häufiger zu den Spielen von Dinamo Zagreb, um die Bad Blue Boys gegen die serbischen Vereine Roter Stern Belgrad und Partizan Belgrad zu unterstützen. Im Oktober 1989 demonstrierte die Torcida ihre Ablehnung gegen die jugoslawische Idee: Beim letzten Heimspiel dieser Saison wurden im Stadion die Nationalflaggen Jugoslawiens verbrannt und es kam zu Schlägereien mit den Fans von Partizan Belgrad. Das Spiel wurde beim Stand von 0:2 abgebrochen.

Anfang der 1990er

In der letzten Saison 1990/1991, kurz vor der offiziellen Proklamation der Unabhängigkeit Kroatiens, gewann Hajduk Split in Belgrad, unter Begleitung von tausend Mitgliedern der Torcida, das letzte jugoslawische Pokalfinale gegen den amtierenden Champions-League-Sieger Roter Stern Belgrad durch ein Tor von Alen Bokšić mit 1:0. Die Torcida trat im Stadion mit dem ursprünglichen und traditionellen Vereinswappen Hajduks, dem rot-weißen Karomuster Kroatiens, auf. Die Rückgabe der Trophäe, eigentlich Eigentum des jugoslawischen Fussballverbandes, wird bis heute verweigert.

Im Jahr 1991 und mit Beginn des Kroatienkriegs gingen viele Mitglieder der Torcida freiwillig, wie auch Mitglieder anderer kroatischer Vereine, an die Front. Zu Ehren aller gefallenen Hajduk-Fans, die ihr Leben für die Freiheit und Unabhängigkeit Kroatiens geopfert hatten, steht ein Denkmal im Poljud Stadion unterhalb des Fanblocks Sjever (Nordkurve) Eingang „M“.

Quellen

Offizielle Seite der Torcida


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