Top-down und Bottom-up

Top-down und Bottom-up

Als Top-down (engl. ‚von oben nach unten‘) und Bottom-up (engl. ,von unten nach oben‘) werden zwei entgegengesetzte Arbeitsrichtungen eines Modellierungs-Prozesses bezeichnet, die in verschiedenen Sinnzusammenhängen für Analyse- oder Syntheserichtungen verwendet werden. „Top-down“ geht vom Abstrakten, Allgemeinen, Übergeordneten schrittweise hin zum Konkreten, Speziellen, Untergeordneten. „Bottom-up“ bezeichnet die umgekehrte Richtung.

  • Eine komplexe Vorgehensweise der Modellierung arbeitet abwechselnd mit beiden Richtungen, bis eine hinreichende Granularität und ein zutreffendes Abbild der Realität erreicht ist.
  • Als Methode der Planung bezeichnet Bottom-up das Erstellen eines im Detail ausgearbeiteten Plans ohne herausfordernde Ziele, während Top-down das Erstellen von Zeit- und Kostenplanungen unter Zielvorgaben ohne finale Konkretisierung im Detail meint.
  • Eine spezielle Form der Top-Down-Analyse ist die Vorwärtsanalyse (bzw. die Rückwärtsanalyse für die Bottom-Up-Analyse), welche allein den zeitlichen Aspekt als Gliederungslogik nutzt und häufig als Analysetechnik in der Gefährdungs- und Risikoanalyse Anwendung findet, um z. B. Unfallszenarien auf Ursachen hin zu untersuchen.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

  • In der Informatik bezeichnet man einen Entwicklungsprozess für Software als Top-down, wenn der Entwurf mit abstrahierten Objekten beginnt, die dann konkretisiert werden; der Prozess ist Bottom-up, wenn von einzelnen Detail-Aufgaben ausgegangen wird, die zur Erledigung übergeordneter Prozesse benötigt werden. Zudem wird im Zusammenhang mit Compilerbau von Top-down- und Bottom-up-Parsern gesprochen (genauere Informationen unter Top-Down- und Bottom-Up-Design).
  • In der Managementtheorie bedeutet Top-down einen Führungsstil, der die Macht und Autorität des Managers betont (z. B. Frederick Winslow Taylor, Henry Gantt), während Bottom-up die Rolle des Managers eher darin sieht, die Arbeitskräfte zu motivieren und ihre Fähigkeiten optimal zu nutzen (z. B. Elton Mayo).
  • In der Politik bezeichnet Bottom-up die vom Parteivolk oder anderer einer politischer Bewegung ausgehende Wirkrichtung; Graswurzelbewegungen wirken typischerweise in Bottom-up-Richtung; Top-down sind dagegen Kampagnen, die zentral koordiniert und finanziert werden. Ein Spezialfall ist das so genannte Astroturfing, wo eine Bottom-up-Bewegung nur vorgetäuscht wird.
  • Im Marketing, speziell der Verkaufspsychologie die Dramaturgie des Verkaufsgespräches als Upselling (auch Top-Down-Selling) oder Bottom-Up-Selling, jeweils mit entgegengesetzt vollständig ausgestatteten Anfangsangeboten.
  • In der Anthropologie und der Soziologie werden Prozesse der Selbstorganisation in Sozialen Systemen als Bottom-up oder Agentur (agency) bzw. Top-down oder Struktur (structure) bezeichnet.
  • In der kognitiven Psychologie wurden die Begriffe Ende der 1940er Jahre von der Informatik übernommen. In der Wahrnehmungspsychologie bezeichnet ein Bottom-Up-Prozess eine kognitive Verarbeitung, die nur aufgrund der Analyse der Reizmerkmale (z. B. Helligkeit, Farbe, Ausrichtung, usw.) geschieht. Ein Top-Down-Prozess bezeichnet kognitive Einflüsse auf die Wahrnehmung. Diese Einflüsse können beispielsweise durch Vorwissen einer Person oder durch den bedeutungshaltigen Kontext, in dem die Reizinformation auftritt, beeinflusst werden. Die Funktion von Top-Down-Prozessen liegt unter anderem darin, dass bekannte Reize oder Objekte im passenden Zusammenhang schneller erkannt werden können.
  • In der Ökologie wird als top-down ein Ökosystem verstanden, bei dem die Populationsdichte von Arten von Prädatoren gesteuert wird. Als klassisches Beispiel dient z. B. das marine Kelp-Ökosystem. Hier sind Seeotter die Haupträuber. Sie fressen Seeigel, die sich wiederum von Braunalgentangen ernähren. Verschwinden die Seeotter aus dem System, so vermehren sich die Seeigel überproportional stark und dezimieren die Tange. Als bottom-up dagegen wird ein Ökosystem verstanden, das hauptsächlich von den Ressourcen und der meist daraus resultierenden Primärproduktion (von Pflanzen, Phytoplankton und -benthos oder Makrophyten in Gewässerökosystemen durchgeführt) gesteuert wird. Werden die Nährstoffe in einem solchen System reduziert, so finden die darin lebenden Organismen nicht mehr genug Futter.(Siehe auch: Biomanipulation)
  • In der Nanotechnik stellen die Prinzipien Top-Down und Bottom-Up Grundprinzipien für die Erzeugung von Nanostrukturen dar. Mit Top-Down werden Herstellungsverfahren bezeichnet, deren Ursprung und Methodik eher den Ansätzen aus Mikrosystemtechnik, wie z. B. Lithografie, entsprechen, während Bottom-Up die physikalisch-chemischen Prinzipien der molekularen/atomaren Selbstassemblierung und Selbstorganisation ausnutzen.
  • In der Konstruktion (Technik) werden mittels 3D-CAD mit dem Bottom-up-Prinzip 3D-Modelle konstruiert und zu Baugruppen (Produkt) zusammengestellt. Die Gestalt der Baugruppe ist somit von der Gestalt der einzelnen Teile und ihrer Einbaulagen zueinander abhängig. Im Top-down-Prinzip wird in der Baugruppe das zukünftige Aussehen skizziert. Die eingebauten Komponenten referenzieren auf diese Skizzen. Ändert sich die Baugruppen-Skizze, wird somit die Gestalt der Teile verändert.

Bedeutung in der Wirtschaft

Beim Investment bezeichnet Bottom-up die Analyse „von unten nach oben“: Erst werden die einzelnen Unternehmen ausführlich untersucht, bevor die Aussichten ganzer Branchen, Märkte oder Regionen betrachtet werden. Angeblich sucht die Investmentlegende Warren Buffett ihre Aktien nach der Bottom-up-Strategie aus.

Top-down bezeichnet die Analyse „von oben nach unten“: Dabei werden zunächst die Makroökonomie und das Branchenumfeld betrachtet, bevor einzelne Unternehmen analysiert werden. Angeblich wählt der Rohstoffexperte Jim Rogers seine Aktien durch die Top-down-Strategie aus.

Das Gegenstromverfahren ist ein iterierender Wechsel aus Bottom-up und Top-down. Zuerst wird ein Rahmenplan für das Unternehmen erstellt, welcher dann unterteilt wird, dann Überprüfung auf Realisierbarkeit dieser Teilpläne in den unteren Ebenen des Unternehmens. Anschließend erfolgt der Rücklauf der korrigierten Pläne, sowie die Zusammenfassung zu einem verbesserten Rahmenplan.

Siehe auch

  • Es gibt auch eine Beziehung zu den Begriffen Induktion (lat. inductio, „die Hereinführung“; Bottom-up) und Deduktion (lat.: deducere = herabführen; Top-down) in der Philosophie. Deduktion ist hier ein gedanklicher Vorgang von etwas Allgemeinem (z. B. Begriff Menschheit) zu etwas Besonderem (einem konkreten Individuum z. B.  Napoleon). Die Induktion bezeichnet dann den umgekehrten Vorgang. Dieser Vorgang kann sich sowohl auf Begriffe, als auch auf Sätze beziehen. Bei Sätzen spricht man dann von (induktiven, deduktiven) Schlüssen.

Literatur

  • James Hoopes: False Prophets, 2003 – Top-down und Bottom-up in der Management-Theorie
  • Robert J. Sternberg (2005): Cognitive Psychology (4th ed.). Belmont, CA: Wadsworth Publishing. ISBN 0534514219 – Top-down und Bottom-up in der kognitiven Psychologie

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