Tonton Macoute

Tonton Macoute

Die Tontons Macoutes, offiziell Milice de Volontaires de la Sécurité Nationale MVSN („Nationale Sicherheitsmiliz aus Freiwilligen“), waren eine haitianische Miliz bzw. eine Art Geheimpolizei unter der Kontrolle des Diktators François Duvalier. Sie diente seinem Machterhalt und agierte außerhalb des Gesetzes. Wegen ihres martialischen Auftretens, der regelmäßigen übermäßigen Anwendung von brutalster Gewalt, ihrem außergesetzlichen Status und ihrem selbstgepflegten Image als mit Voodoo-Kräften Verbündete waren ihre Mitglieder in der Bevölkerung äußerst gefürchtet.

Die Miliz wurde 1959 aufgestellt. Die Macoutes wurden von dem Zweiten in der Machtrangreihenfolge der Duvaliers, Luckner Cambronne, geführt, der am 29. September 2006 im Alter von 77 in Miami starb.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung des Namens

Der Name „Tonton Macoute“ („Onkel Umhängesack“) stammt aus der haitianischen Volksüberlieferung und bezeichnet eine Art Butzemann, der nachts durch die Straßen zieht und kleine Kinder entführt, die so spät noch draußen sind. Er verstaut die Kinder in seinem Umhängesack (macoute). Weil Verunsicherung und Gefahr genauso wie Gewalt als Faktoren der MVSN eingesetzt wurden, wurden sie daher „Tontons Macoutes“ genannt.

François Duvalier

François Duvalier („Papa Doc“), ein Arzt, kam 1957 als demokratisch gewählter Führer einer Populistenplattform an die Macht. Er war zuvor Gesundheitsminister und in diesem Amt wegen seines Kampfes gegen die „Himbeerkrankheit“ (yaws oder Frambösie) bekannt geworden. Nach einem versuchten Staatsstreich gegen ihn im Jahre 1958 schrieb Duvalier die Verfassung um und machte sich zum „Präsidenten auf Lebenszeit“. 1959 schuf er die Tontons Macoutes, denen er automatische Amnestie für die von ihnen begangenen Verbrechen einräumte.

Furchteinflößender Ruf

Die Tontons Macoutes waren dafür bekannt, sich paramilitärisch zu kleiden, vergleichbar den italienischen Faschisten und den deutschen Nationalsozialisten. Sie waren auch für das Tragen dunkler Sonnenbrillen bekannt, für die Benutzung von Macheten und für das Zurschaustellen ihrer Opfer an öffentlichen Plätzen oder in Bäumen, aufgehängt zur Abschreckung. Sie kultivierten ein Image, dass sie Voodoo-Dämonen oder Zombies seien. Sie waren oft im Besitz von Feuerwaffen, aber zogen es vor, mit Macheten und Messern ihre Opfer zu traktieren, um ihnen schwere Verletzungen zuzufügen.

Die Tontons wurden von den Einheimischen wegen ihrer schnellen Gewaltbereitschaft gefürchtet. Sie waren in der Öffentlichkeit stets mit ihren Erkennungszeichen präsent (dunkle Sonnenbrillen, paarweises Auftreten, Herumstehen an Straßenecken, gelangweiltes Hin- und Herrollen eines Balles, die Machete als Waffe).

In der Verfilmung des gleichnamigen Romans Die Stunde der Komödianten (The comedians) des britischen Schriftstellers Graham Greene aus dem Jahre 1967 wurden sie vorzugsweise mit den Ray-Bans der US Air Force dargestellt. Ray-Bans stellten in dem damals ansonsten sehr armen Land wohl auch ein gewisses Statussymbol dar, verweisen aber auch symbolisch auf die politischen Anbindungen und Verstrickungen der mittelamerikanischen Diktatoren jener Jahre.

Die Tontons Macoutes waren berüchtigt, Personen in Schlägereien zu verwickeln, zu provozieren, sie in geheime Gefängnisse zu verschleppen und körperlich schwer zu misshandeln, Informationen zu erpressen und allgemein einen Zustand der Bedrohung zu erzeugen.

Weiter wurden die Tontons gerüchtehalber auch mit Voodoo- und Zombie-Ritualen in Verbindung gebracht, was den von ihnen ausgehenden Schrecken und die Bedrohung unter der mehrheitlich Voodoo-gläubigen Bevölkerung verstärkte.

Auch war Folter eine weitverbreitete Taktik zur Abschreckung von Feinden der MVSN. Es ist gesichert, dass die Macoutes als Todesschwadronen noch bis ins Jahr 2000 hinein agierten.

Mediale Rezeption

Der britische Schriftsteller Graham Greene schrieb den 1966 erschienenen Roman The Comedians (deutscher Titel: Die Stunde der Komödianten), in welchem die Handlung im Haiti des Gewaltherrschers Francois „Papa Doc“ Duvalier spielt. Greene beschrieb darin das Terrorregime der Tontons Macoutes und wurde deswegen jahrelang von Duvalier mit Verleumdungen verfolgt. Zur gleichnamigen Verfilmung aus dem Jahr 1967 mit Richard Burton, Elizabeth Taylor, Alec Guinness und Peter Ustinov schrieb Greene auch das Drehbuch.

Das Spielfilm-Drama "Der Mann auf dem Quai" (Originaltitel: "L' Homme sur les quais") unter Regie Raoul Pecks aus dem Jahr 1993 thematisiert anhand der fiktiven Geschichte der sechsjährigen Sarah und ihrer Schwestern, die sich nach der Flucht der Eltern aus dem Land zunächst in Obhut der Großmutter befinden und von dieser außer Landes gebracht werden sollen, die beständige Konfrontation mit Verfolgung, Misshandlung und dem Verschwindenlassen "subversiver Elemente" in Haiti zu Beginn der Sechzigerjahre unter dem Terror-Regime "Papa Docs". Das Zombiemotiv vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund des Sturzes des Duvalierregimes 1986 findet sich auch im US-amerikanischen Horrorstreifen Die Schlange im Regenbogen von Wes Craven aus dem Jahr 1988.

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