Titus Petronius

Titus Petronius

Titus Petronius, genannt Arbiter (* um 14; † 66 in Cumae), auch bekannt unter den wohl unzutreffenden Namen Gaius Petronius, Gaius Petronius Arbiter oder Publius Petronius Niger, deutsch mitunter auch Petron, war ein römischer Senator und der Autor des satirischen Romans Satyricon. Arbiter ist kein Cognomen, sondern erwuchs aus seiner Bezeichnung als Neros Arbiter Elegantiae, „Schiedsrichter des feinen Geschmacks“.

„Petronius ist einer der Größten der Weltliteratur...“

Ludwig Gurlitt[1]

„Das, was er geben wollte, hat er mit einer Genialität zu geben vermocht, die in der römischen Literatur unerreicht dasteht“

Otto Weinreich[2]

Die Satyricon-Ausgabe von Pierre Pithou, Paris 1587 (Exemplar Th. Völker, Berlin)

Inhaltsverzeichnis

Name und Herkunft

Zeitgenössische und frühe Quellen lassen den Vornamen Titus als sicher erscheinen.

Die Erwähnung als „Gaius“ bei Tacitus[5] ist demgegenüber solitär und sekundär.[6]. H. C. Schnur zufolge[7] sei „Gaius“ lediglich eine fehlerhafte Ergänzung von Scaliger, doch findet sich das „C.“ in allen Handschriften.

Petronius stammte wohl aus der Linie der Petronii ohne Cognomen und ist möglicherweise ein Sohn des Auguren Publius Petronius.[8] Die in der aktuellen Forschung mitunter vertretene Identifizierung mit dem Suffektkonsul des Jahres 62, Publius Petronius Niger, ist kaum haltbar.[9]

Die handschriftliche Überlieferung des Satyricon sowie Zitate bei späteren Schriftstellern nennen stets nur „Petronius“, „Arbiter“, „Petronius Arbiter“, wobei das irrtümlich als Cognomen aufgefasste Arbiter Petron offensichtlich durch seine Funktion als arbiter elegantiae Neros zuwuchs.[10]

Erst im 6. oder 7. Jahrhundert erscheint die seltsam entstellte Form „Fronius“ oder „Franius“,[11] die später (12. Jahrhundert) durch eine Verwechslung mit dem Togatendichter Lucius Afranius zu dem verbreiteten „Petronius Affranius“ führte.[12]

Leben

Vom Leben des Titus Petronius ist nur wenig mehr überliefert als das, was Tacitus (Annalen 16, 18–19) berichtet.

Sein Werk bezeugt eine erstklassige Ausbildung. Die Zeit von 29 bis 35 brachte er vielleicht mit seinem Vater in Asia zu, so dass er die im Satyricon erwähnten Städte Ephesos, Pergamon und Troja selbst gekannt haben dürfte.

Nach Tacitus verbrachte Petronius den Tag im Schlaf, die Nacht in Geschäften. Und obwohl er einen mit großem Aufwand betriebenen Müßiggang trieb, galt er nicht als Verschwender, sondern als gebildeter Kenner feiner Genüsse. Seine lockeren Sprüche wurden ihm als Aufrichtigkeit angerechnet.

Dass dieser Müßiggang allerdings nur eine Facette seines Lebens – und vielleicht auch nicht einmal authentisch – war, bewies er (möglicherweise in den Jahren 57 bis 59) als energischer Prokonsul von Bithynien sowie bald darauf (Nov./Dez. 60?) als Konsul. Ob auch die lex Petronia von dem Autor des Satyricon während seines Konsulats eingebracht wurde, ist umstritten und nicht nachweisbar.

Aus gegenseitigen Anspielungen in den Werken des Petronius und des Neroberaters Seneca hat man auf eine literarische Fehde der beiden Schriftsteller geschlossen.[13]

Nero nahm ihn um diese Zeit unter seine wenigen Vertrauten auf und überließ ihm die Rolle als „Schiedsrichter des feinen Geschmacks“ (arbiter elegantiae). Hieraus dürfte sich später der Beiname „Arbiter“ ergeben haben.

Vom Prätorianerpräfekten Tigellinus im Jahre 66 wohl aus Neid der Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung gegen Kaiser Nero beschuldigt, kam Petronius einer Verurteilung zuvor. Seinen Freitod in Cumae inszenierte er auf betont lockere, natürliche Art (von Tacitus als Gegenstück zum Philosophentode Senecas beschrieben). Er schnitt sich die Pulsadern auf; sein Testament enthielt keine Lobhudeleien an den Kaiser, sondern eine detaillierte Schilderung von Neros neuesten Lastern.

Plinius der Ältere ergänzt, dass Titus Petronius kurz vor seinem Tod eine kostbare Schöpfkelle aus Flussspat zerbrach, damit sie nicht auf den Tisch Neros gelangte.

Werk

Obwohl der satirische Roman Satyricon, von dem lediglich größere Teile erhalten sind, darunter die Cena Trimalchionis („Das Gastmahl des Trimalchio“), in zeitgenössischen Quellen nicht (direkt) erwähnt wird, gilt die Verfasserfrage heutzutage als geklärt. Von den zahlreichen Anspielungen auf Personen und Ereignisse ist keine jünger als die Nerozeit (54–68 n. Chr.).

Einzelne Bruchstücke sind - zumeist aus sprachlichem Interesse - verstreut bei vielen Schriftstellern und Grammatikern des Altertums überliefert.

Nachleben

Die Figur des gebildeten Lebemannes Petronius erscheint im Roman Quo Vadis von Henryk Sienkiewicz und danach z. B. in der Verfilmung von Mervyn LeRoy (1951; Darsteller: Leo Genn). Volker Ebersbach hat in seinem historischen Roman Der Schatten eines Satyrs[14] Leben und Werk des Petronius als Mittelpunkt gewählt. Zum Nachleben seines Werks siehe unter Satyricon (Petron).

Literatur

  • Edward Courtney: A companion to Petronius. Oxford Univ. Press, Oxford 2001, ISBN 0-19-924594-0
  • Konrad Müller (Hrsg.): Petronii Arbitri Satyricon Reliquiae. Erweiterte und korrigierte Ausgabe der 4. Auflage von 1995. München und Leipzig 2003, ISBN 3-598-71257-X
  • József Herman (Hrsg.): Petroniana. Gedenkschrift für Hubert Petersmann. Winter, Heidelberg 2003, ISBN 3-8253-1384-0

Weblinks

 Commons: Petronius Arbiter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Vorwort, in: Petronius Satiren, Berlin 1923, S. 9.
  2. Otto Weinreich, Römische Satiren (Zürich 1970), S. LXXXVIII.
  3. Plinius, Naturalis historia 37, 20.
  4. Plutarch, de adulatore et amico.
  5. Tacitus, Annalen 16, 18. In Annalen 16, 17, wird „T.“ konjiziert, doch findet es sich nicht in den Handschriften.
  6. So auch Sullivan, in: Petronius: The Satyricon and Seneca The Apolocynthosis. Revised edition. Übers. ins Englische von J. P. Sullivan. Harmondsworth/New York (1987) S. 12.
  7. Petron: Satyricon. Ein römischer Schelmenroman. Übers. u. erläut. v. Harry C. Schnur. Erstausgabe 1968, bibliographisch ergänzte Ausgabe Stuttgart (1982) S. 251.
  8. Gilbert Bagnani hält es für möglich, dass Petronius, „who has no cognomen at all“ sich mit dem viernamigen Trimalchio (Petron. 71.12) über die Mode des cognomina-Sammelns lustig macht (Gilbert Bagnani „Trimalchio“ in: Phoenix 8.3 (1954) 86). „P. gehörte zu dem Zweig der Petronii des 1. Jhs. n. Chr., die kein Cognomen führten“: R. H[anslick] in: dtv-Lexikon der Antike. Philosophie Literatur Wissenschaft. Bd. 3 (1969) S. 300. Hanslik, der den Vornamen C. bevorzugt, vermutet als Vater Gaius Petronius, den Suffektkonsul des Jahres 25. Philip B. Corbett hält Titus Petronius für einen (älteren?) Bruder des Publius Petronius Turpilianus: “Titus Petronius has no known cognomen. I think it likely that he was the son of Publius Petronius, also without cognomen, consul in A.D. 19” (P.B.Corbett: Petronius New York (1970) 142); “I prefer a Petronius without cognomen, an elder (?) brother of P. Petronius Turpilianus, consul in 61, while the choice of Titus as praenomen, given by the elder Pliny and Plutarch, rather than the conventional Gaius, supported by a single doubtful MS reading.” (Corbett: „The "Satyricon" of Petronius: A Literary Study by J. P. Sullivan“ etc. (Rezension) in: CP 65.1 (Jan. 1970) 53). Dass Petronius zur Linie der Petronii ohne Cognomen gehört, vertritt auch Courtney (2001), S. 6: “Tacitus' conspicuous avoidance of a cognomen implies that the man had none”.
  9. Zur Geschichte dieser Fehlzuschreibung im Artikel Publius Petronius Niger.
  10. Tacitus, Annalen 16, 18.
  11. Scholia Bernensia ad Vergilii Georg. 2.98 (Cod. Bern. 172 u. 167), cf. Müller (2003) xxxii, Bücheler (1862) iii und 46.
  12. Cod. Paris. lat. 8049 (= P), Ende des 12. Jhs.).
  13. E (M.?) Gotschlich: De parodiis Senecae apud Petronium. In: Festschrift zu Friderici Haase Jubiläum. (Societas Latina Vratislaviae) Breslau (1863), S. 26–29; J. P. Sullivan: Petronius, Seneca, and Lucan: A Neronian Literary Feud? In: Transactions and proceedings of the American Philological Association 99 (1968), S. 453–467; Eckard Lefèvre: Seneca über Petron? (zu de Brevitate vitae 12,5). In: Pratum Saraviense. Festgabe für Peter Steinmetz (= Palingenesia Bd. 30). Stuttgart (1990), S. 165–168; Pierre-Jacques Dehon: Une parodie de Sénèque chez Pétrone (Satiricon, CIX, 9, sp. 1-2)? In: Revue des Études Latines 71 (1993, erschienen 1994), S. 33-36; Shannon N. Byrne: Petronius and Maecenas: Seneca’s Calculated Criticism. In: Shannon N. Byrne, Edmund P. Cueva, Jean Alvares (Hrsg.): Authors, Authority, and Interpreters in the Ancient Novel. Essays in Honor of Gareth L. Schmeling. Groningen, 2006.
  14. Volker Ebersbach: Der Schatten eines Satyrs. Berlin 1989, ISBN 3-371-00128-8

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