Timo Boll

Timo Boll
Timo Boll 2010: Vorhandstudie

Timo Boll (* 8. März 1981 in Erbach (Odenwald)) ist ein deutscher Tischtennisprofi, der derzeit mit Borussia Düsseldorf in der Deutschen Tischtennis-Liga spielt. In der Weltrangliste steht er aktuell (Oktober 2011) auf Platz 4, in der deutschen Rangliste belegt er den ersten Platz (Stand: Juni 2011).[1]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Entdeckung

Bereits mit vier Jahren kam Timo Boll zum Tischtennis und wurde damals von seinem Vater trainiert. 1986 wurde er Mitglied des TSV 1875 Höchst und erlernte dort die Grundpraxis des Tischtennissports. Mit acht Jahren wurde er vom hessischen Landestrainer Helmut Hampl entdeckt, der ihn daraufhin förderte. 1990 begann er im Trainingszentrum Pfungstadt zu trainieren, vier Jahre später wechselte er zur FTG Frankfurt, mit der er an der Oberliga teilnahm, wodurch andere Vereine auf ihn aufmerksam wurden. So auch der TTV Gönnern, der ihn 1995 verpflichtete. Um täglich mit dem 14-jährigen Timo Boll zu trainieren, wurde die komplette Tischtennismannschaft von Gönnern vertraglich dazu verpflichtet ins 170 km entfernte Höchst zu ziehen.[2] Timo Boll wurde an Position fünf der Mannschaft gesetzt, verlor jedoch in der gesamten Saison nur ein Spiel und trug damit seinen Teil zum Aufstieg des Teams in die erste Bundesliga bei.

Bundesliga und internationale Juniorenerfolge

Mit seinen 14 Jahren[3] trägt Timo Boll zusammen mit Frank Klitzsch den Titel des jüngsten Spielers der Bundesliga. Gönnern erreichte entgegen den Erwartungen den Klassenerhalt und stieg bis zur Saison 2008/2009 nicht mehr ab. Die ersten internationalen Erfolge feierte Timo Boll bei den Schüler-Europameisterschaften in Den Haag 1995, wo er drei Mal Gold gewann. Nach dem zweiten Platz in seiner ersten EM der Jugendklasse 1996, gewann er in den beiden folgenden Jahren den Titel im Einzel und weitere Medaillen im Doppel und mit der Mannschaft. Die Schule beendete er mit der mittleren Reife.[4]

Profikarriere

26 große Meistertitel hat Timo Boll bislang gewonnen, war schon 2003 Weltranglisten-Erster und hat von da an immer einen Platz unter den Top 7 der Welt behauptet. Seit 2002 beherrscht er Tischtennis-Europa, als er nach dem Europe-Top-12-Turnier auch den europäischen Einzel-Titel gewinnt. Das Treffen der besten Zwölf dominierte Timo insgesamt fünf Mal, auch den Europameistertitel errang er bisher fünfmal: nach 2002 noch 2007, 2008, 2010 und 2011. Sportlich noch wichtiger aber sind seine zwei Weltcup-Siege und die Kette seiner Triumphe bei den großen Offenen Meisterschaften der ITTF. Boll gewann bereits die Japan Open, French Open, German Open, Korean Open, Qatar Open und die China Open. Ebenso wurde er Vize-Weltmeister mit Christian Süß in Shanghai und gewann Olympisches Silber mit der deutschen Mannschaft in Peking sowie fünf Europameister-Titel mit dem deutschen Team und mit Süß im Doppel, einen mit Zoltan Fejer-Konnerth. Außerdem wurde er auch European Champions-League-Sieger mit Gönnern und Borussia Düsseldorf.

In der Weltspitze

2002 schaffte Timo Boll mit seinem Sieg - als erster Deutscher - beim Europe-Top-12-Turnier gegen Wladimir Samsonow den Einstieg in die absolute Weltspitze und wurde gleichzeitig als Zehnter bester Deutscher der ITTF-Weltrangliste, indem er Jörg Roßkopf überholte.[5] Bei der Europameisterschaft in Zagreb erreichte er im Einzel und Doppel mit Zoltan Fejer-Konnerth die Goldmedaille, die Mannschaft unterlag im Finale mit 2:3 nur knapp dem schwedischen Team. Mit dem Gewinn des chinesischen Weltcup in Jinan, in dessen Verlauf er den Weltmeister Wang Liqin und den Olympiasieger Kong Linghui klar schlug, rundete er sein Jahr ab und legte den Grundstein für die erste Position der Weltrangliste, von der er Ma Lin im Januar 2003 verdrängte.[6] Bei der EM im Jahr 2003 war Wladimir Samsonow, der auch die weißrussische Mannschaft zum Finalsieg gegen die deutsche Auswahl führte, zu stark für Timo Boll. Nach seinem Ausscheiden in der Einzel-WM in der zweiten Runde verlor er den Titel des Weltranglistenersten, konnte dennoch im Jahr 2003 noch einige Turniersiege verbuchen. Boll ist seit 2001 beständig zwischen Platz 1 und 7 der ITTF-Weltrangliste. Seit Anfang des Jahres 2011 war Timo Boll wieder in der Weltrangliste an Platz 1 zu finden, nachdem er Ma Lin beim Volkswagencup geschlagen hat, jedoch wurde er in der Weltrangliste vom April 2011 von der neuen Nummer 1 Wang Hao überholt und rangiert aktuell (Stand: Oktober 2011) auf dem vierten Platz.

Verletzung und Comeback

Die erste Hälfte des Jahres 2004 war für Boll von Rückenproblemen geprägt. Dies behinderte auch die Vorbereitungen zu den Olympischen Spielen 2004, bei denen er im Viertelfinale gegen Jan-Ove Waldner ausschied. Nach einem weiteren Zeitraum, der von öffentlicher Kritik geprägt war, konnte Timo Boll am Ende des Jahres wieder Turniersiege in Polen, Österreich und Deutschland, sowie den Halbfinaleinzug des Pro Tour Finales in Peking, bei der er Ma Lin nur knapp mit 3:4 unterlag, verbuchen. Beim Einstieg in die Saison 2005 hatte Boll wiederum Probleme, erreichte jedoch bei der Weltmeisterschaft im Doppel zusammen mit Christian Süß die Silbermedaille. Nach Korrektur einer Schiedsrichterfehlentscheidung zu Gunsten seines Gegners im Einzel-Achtelfinale, in dem er ausschied, erhielt er vom ITTF den Fair-Play-Preis. Den Rest des Jahres bewältigte Boll erfolgreich. Höhepunkt war der Gewinn der Champions League mit Gönnern und das Weltcupturnier in Lüttich, bei dem er alle drei chinesischen Topspieler besiegen konnte. In den Jahren 2005 und 2006 spielte Boll in der chinesischen Superliga. Zunächst drei Spieltage für den Club Guangdong Baomashi mit einer Bilanz von 3:2, danach zehn Einsätze für Zhejiang Haining Hongxiang mit einer Bilanz von 8:5.[7] 2007 gewann er die Europameisterschaftstitel im Einzel, im Doppel und im Team. Als Gastspieler war er auch in der Chinesischen Super League aktiv. An der WM 2008 und 2009 in Japan und China konnte Timo wegen Rückenschmerzen nicht teilnehmen.

Wechsel zu Borussia Düsseldorf

Im Dezember 2006 unterschrieb Timo Boll einen Dreijahresvertrag bei Borussia Düsseldorf. Der Verein hatte zuvor schon in den Jahren 1999, 2002 und 2004 versucht, Deutschlands besten Spieler abzuwerben, war jedoch erfolglos geblieben, da sich Boll immer für seinen Heimatverein entschieden hatte. Der Wechsel war jedoch aufgrund der finanziellen Lage Gönnerns und fehlender Spitzenspieler und Erfolge abzusehen. Auch ausländische Vereine wie der Royal Villette Charleroi[8] hatten versucht, ihn für sich zu gewinnen, doch Boll entschied sich wegen der guten Trainingsbedingungen im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 und wegen der Möglichkeit, dort mit seinem Doppelpartner Christian Süß trainieren zu können, für Düsseldorf.[9] Zusammen mit Timo Boll hat Düsseldorf sich große Ziele gesetzt, zu denen ein Champions-League-Sieg gehört.[4].

Nachdem er eine Behandlung bei Dr. Müller-Wohlfahrt in München begonnen hatte, konnten seine jahrelangen Rückenschmerzen beseitigt werden, so dass er das Jahr 2008 nach langer Zeit wieder ohne Rückenbeschwerden blieb. Bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking erreichte er mit der deutschen Nationalmannschaft nach Siegen über Kroatien, Kanada, Singapur und Japan das Endspiel im Mannschaftswettbewerb, das mit 0:3 gegen Gastgeber China verloren ging. Als erstem Spieler gelang es ihm 2008, seine drei Titel aus dem Vorjahr bei einer Europameisterschaft zu verteidigen. Nach einem Turniersieg im Dezember 2010 in Braunschweig, bei dem Boll im Finale gegen Olympiasieger Ma Lin gewann, führte er seit Januar 2011 nach acht Jahren zum zweiten Mal die Weltrangliste an.[10]

WM-Medaille im Einzel

Bei der Weltmeisterschaft 2011 holte Boll seine erste Medaille im Einzel. Er hatte bewusst auf die Teilnahme am Doppelwettbewerb und auch - wie schon bei den vorherigen Weltmeisterschaften - auf den Mixedwettbewerb verzichtet, um sich ausschließlich auf die Einzelwettkämpfe zu konzentrieren. Nach Siegen über Kenji Matsudaira (Japan), Yang Zi (Singapur), Robert Svensson (Schweden), Dimitrij Ovtcharov (Deutschland) und Chen Qi (China) erreichte er das Halbfinale; Bronze war ihm nun sicher. Hier zeigte sich der spätere Weltmeister Zhang Jike (China) jedoch überlegen und siegte mit 4:1.

Technik und Spielstil

Timo Boll ist Linkshänder und spielt mit der europäischen Shakehand-Schlägerhaltung. Sein aggressiv-offensives Topspin-Spiel setzt er sowohl tischnah als auch aus der Halbdistanz beidhändig ein und seine enorme Reichweite erlaubt ihm, meist tischnah zu agieren. Boll spielte bis Mitte 2008 Butterfly Sriver 2,1 mm, seit dem Frischklebeverbot (1. September 2008) den Belag Butterfly Tenergy 05 in der Schwammstärke 2,1 mm, sowohl auf der Vor- als auch auf der Rückhand. Sein aktuelles Holz ist das seinen Namen tragende „Timo Boll Blade Series ALC“. Sein derzeitiger Doppelpartner ist Christian Süß.

Vertrag

Am 1. Juli 2007 begann sein Drei-Jahres-Vertrag mit Borussia Düsseldorf, wo er vertragsgemäß nicht in jedem Bundesligaspiel zum Einsatz kommen wird, um sich mehr auf internationale Turniere konzentrieren zu können. Inzwischen wurde der Vertrag bis 2014 verlängert.

Persönliches

Boll ist seit dem 31. Dezember 2003 mit Rodelia Jacobi verheiratet.

Soziales Engagement

Engagement für die Organspende

Timo Boll stellt sich seit Jahren für Benefiz-Veranstaltungen und Schaukämpfe zur Verfügung, um Menschen in Not zu helfen.

Kernpunkt seiner sozialen Aktivitäten ist allerdings sein Mitwirken in den Vereinen „Sportler für Organspende“ und „Kinderhilfe Organtransplantation“, in denen sich eine Elite des deutschen Sports und der Medien für Organspende einsetzt, so unter anderen Michael Schumacher, Franz Beckenbauer, Franziska van Almsick, Rosi Mittermaier, Steffi Graf, Günther Jauch, Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann.

Auszeichnungen

  • Bambi 2005 in der Kategorie Sport
  • Fair-Play-Preis des Bundesinnenministers 2007
  • Nr. 3 bei Wahl Sportler des Jahres 2005
  • Nr. 2 bei Wahl Sportler des Jahres 2007
  • Nr. 2 bei Wahl Sportler des Jahres 2008
  • Silbernes Lorbeerblatt 2008
  • „Felix“ - NRW Sportler des Jahres 2009
  • „Felix“ - NRW Sportler des Jahres 2010
  • Nr. 2 bei Wahl Sportler des Jahres 2010

Titel und Erfolge im Überblick

  • Bronzemedaille bei Einzel-WM 2011 in Rotterdam
  • Zweimaliger World Cup Sieger 2002 und 2005
  • Fünfmaliger Europameister Herren-Einzel 2002, 2007, 2008, 2010, 2011
  • Fünfmaliger Europameister Herren-Doppel 2002, 2007, 2008, 2009, 2010 (1x mit Zoltan Fejer-Konnerth, 4x mit Christian Süß)
  • Fünfmaliger Mannschafts-Europameister 2007, 2008, 2009, 2010, 2011
  • Silbermedaille Olympische Spiele 2008 Peking (Mannschaft)
  • Silbermedaille Weltmeisterschaften Mannschaft 2004 Katar, 2010 Moskau
  • Silbermedaille Weltmeisterschaften 2005 Shanghai (Doppel mit Christian Süß)
  • 18-maliger Pro Tour-Sieger im Einzel bei Grand Slams wie China Open, Japan Open, German Open
  • Fünfmaliger Europe TOP-12-Sieger 2002, 2003, 2006, 2009, 2010
  • European Super Cup 2007, 2008, 2009
  • Neunmaliger Deutscher Meister Herreneinzel
  • Fünfmaliger European Champions League Sieger (2005, 2006 TTV Gönnern; 2009, 2010, 2011 Borussia Düsseldorf)
  • Deutscher Mannschaftsmeister und Pokalsieger mit Borussia Düsseldorf
  • Als erster Deutscher Nummer Eins der Weltrangliste (Januar 2003)[11]
  • Seit Dezember 2004 beständig zwischen Platz 1 und 7 der ITTF-Weltrangliste[11]

Literatur

  • Friedhard Teuffel: Timo Boll: Mein China - Eine Reise ins Wunderland des Tischtennis. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2011. ISBN 978-3862650637
  • Manfred Schillings: Der Herr der Bälle. In: Zeitschrift Deutscher Tischtennis Sport. 1997/10, S. 42–44.
  • Susanne Heuing: Die Leichtigkeit des Seins. (Bericht über die WM 2011), In: Zeitschrift Deutscher Tischtennis Sport. 2011/6, S. 10-12.

Einzelnachweis

  1. Deutsche Rangliste bei www.joola.de.
  2. Timo Boll im Porträt - Ein Sparkassen-Azubi als Staatsfeind Spox.com, 28. Juli 2011
  3. Bericht über den Vereinswechsel
  4. a b Bericht über den Wechsel zu Düsseldorf
  5. Zeitschrift DTS, 2002/2 S.16
  6. Zeitschrift DTS, 2003/1 S.5
  7. [Zeitschrift tischtennis, 2006/8 S.4 +2006/9 S.23 + http://www.sueddeutsche.de/sport/594/458249/text/ Interview mit Timo Boll in der Süddeutschen Zeitung, 14.Februar 2009]
  8. Bericht der WZ zum Wechsel
  9. Kommentar Bolls zum Wechsel
  10. http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1077754
  11. a b Weltrangliste seit 2001 (abgerufen am 16. Oktober 2011)

Weblinks


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