Tile Kolup

Tile Kolup

Tile Kolup († 7. Juli 1285 in Wetzlar), auch bekannt als Dietrich Holzschuh, war ein Hochstapler, der sich für den (in Wahrheit 1250 verstorbenen) Kaiser Friedrich II. ausgab.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Tile Kolup nutzte den Volksglauben an die Rückkehr des Kaisers aus und erhob erstmals 1284 in Köln den Anspruch, er sei in Wirklichkeit rex Fridericus. Hier wurde er allerdings dem Gespött des Volkes preisgegeben, in eine Kloake getaucht und aus der Stadt verjagt.

Der Betrüger, der mit einem gefälschten Siegel Friedrichs II. eigene Urkunden ausstellte, fand in Neuss – gut über ein Jahr – starken Rückhalt und hielt dort Hof, wobei die Herkunft der dafür nötigen Geldmittel unklar ist. Er empfing hohe Herren und Legaten, Bischöfe und Fürsten, gab Urkunden aus und bestätigte Privilegien (beispielsweise der Äbtissin zu Essen). Der rechtmäßige König Rudolf von Habsburg, an dessen Gegner sich Kolup geschickt anschloss, belagerte diese Stadt vergeblich.

Als die Unruhen größer wurden, wich Tile Kolup im Sommer 1285 nach Wetzlar aus. Die Chronik der Stadt vermerkt:

„Ein würdiger alter Mann in vornehmem Gewand, ein wenig müde vom langen Ritt, in sich gekehrt und karg mit Worten, aber in den Augen etwas, als träumte er einen schönen Traum … Darüber hinaus aber folgte dem Hofstaat ein Schwarm von allerlei Volk, das die Torhüter niemals ohne strenges Sichten eingelassen hätten.“

Als König Rudolf und der Erzbischof von Köln mit ihren Heeren vor Wetzlar zogen, lieferten die Wetzlarer Tile Kolup an den rechtmäßigen König aus. Der ließ ihn am 7. Juli 1285 als Ketzer verbrennen.

Folgen

In Tile Kolups zeitweiligem Erfolg fand das Missbehagen an Rudolfs nüchtern-pragmatischer Regierungsmethode und an seinen Geldforderungen in den Städten (v. a. Rheinland, Hessen, Elsass, Wetterau, Schweiz) einen drastischen Ausdruck. Rudolf von Habsburg behandelte nach diesen Erfahrungen die Städte anders und berief 1290 ihre Vertreter nach Nürnberg, wo er mit ihnen über die Reichsfinanzen beriet.[2]

Literarische Behandlungen

Neuzeitliche Darstellung von Tile Kolup

Literatur

  • Arnold Busson: Beiträge zur Kritik der steyerischen Reimchronik und zur Reichsgeschichte im XIII. und XIV. Jahrhundert. In: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Band 111, Wien 1886, S. 381-411
  • Ferdinand Dreher: Die angebliche Verbrennung des falschen Kaisers Friedrich II., Dietrich Holzschuh oder Tile Kolup, in Friedberg, 1285. In: Friedberger Geschichtsblätter 5 (1922) S. 25-26
  • Gerhard Kalle: Tile Kolup. Ein falscher Kaiser Friedrich II. In: Neusser Jahrbuch für Kunst, Kulturgeschichte und Heimatkunde 13 (1968), S. 9-12
  • Victor Meyer: Tile Kolup (der falsche Friedrich) und die Wiederkunft eines ächten Friedrich, Kaisers der Deutschen. Historische Studie. Verlag von Bruno Meyer & Co. (Königsberg i.Pr.), Wetzlar 1868
  • Albert Petry: Der falsche Friedrich, genannt Tile Kolup. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 2,2 (1865), S. 339-357
  • Ludwig J. Pöllot: Die falschen Friedriche. Ein Beitrag zur historischen Kriminologie. Dissertation, Universität Heidelberg 1950
  • Alexander Schubert: Heilserwartung und Wiederkehrglaube, in: Die Staufer und Italien. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa. Bd1: Essays; Bd.2: Objekte. Katalog zur Ausstellung der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, hg. v. Alfried Wieczorek, Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Darmstadt 2010; ISBN 978-3806223668
  • Rainer Christoph Schwinges: Verfassung und kollektives Verhalten. Zur Mentalität des Erfolges falscher Herrscher im Reich des 13. und 14. Jahrhunderts. In: František Graus (Hrsg.), Mentalitäten im Mittelalter, Thorbecke, Sigmaringen 1987 (= Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte, Vorträge und Forschungen, 35; ISBN 3-7995-6635-X), S. 177-202
  • Tilmann Struve: Die falschen Friedriche und die Friedenssehnsucht des Volkes im späten Mittelalter. In: Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica München, 16.-19. September 1986, Band 1: Kongreßdaten und Vorträge, Literatur und Fälschung, Hannover 1988 (= Schriften der Monumenta Germaniae Historica, 33, 1; ISBN 3-7752-5156-1), S. 317-337

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ADB Bd. XVI, S. 497.
  2. Bosl, Franz, Hofmann: Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Francke, München 1975, Bd. III, S. 2910.

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