Thorsberger Moor

Thorsberger Moor
Blick aus nördlicher Richtung („achter de Torsmoor“) nach Südwesten

Das Thorsberger Moor (dänisch: Torsbjerg Mose) ist ein Moor im nördlichen Gemeindegebiet von Süderbrarup in der Landschaft Angeln in Schleswig-Holstein. Es handelt sich bei diesem unscheinbaren Gewässer um einen bedeutenden archäologischen Fundplatz aus der römischen Kaiserzeit.

Inhaltsverzeichnis

Archäologische Erschließung

Das Hochmoor wurde in den Jahren 1858 bis 1861 durch den Flensburger Lehrer Helvig Conrad Engelhardt während seiner Schulferien ausgegraben und in Ansätzen wissenschaftlich dokumentiert. Diese Dokumentation war für die damalige Zeit durchaus richtungsweisend. Ein Teil der bedeutendsten Funde wird in dem Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum auf Schloss Gottorf in Schleswig ausgestellt. Weitere etwa 500 Funde werden im Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen gezeigt. Der größte Teil der Gegenstände befindet sich dagegen in deutschen und dänischen Magazinen und ist der Öffentlichkeit derzeit nicht zugänglich.

Historischer Hintergrund

Blick auf den Fundort

Im Zeitraum vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum frühen 5. Jahrhundert n. Chr. wurden im Thorsberger Moor von Angehörigen des westgermanischen Stammes der Angeln in mehreren Phasen Gegenstände geopfert. Die Opfergaben bestanden aus Waffen, Schilden, Zaumzeug, Kleidung, Holzgegenständen, Werkzeug und Trachtschmuck. Viele Gegenstände, besonders Waffen, wurden vor der Niederlegung unbrauchbar gemacht. Der Name legt nicht notwendig nahe, dass das Heiligtum zur Zeit der Angeln exklusiv dem Gott Donar/Thor geweiht war. Vielmehr wird der Name von einigen Forschern erst auf dänischen Einfluss der Nachvölkerwanderungszeit, insbesondere der sogenannten Wikingerzeit, zurückgeführt. Dass diese späteren Siedler am Ort Thor verehrt haben, darf angenommen werden; dies gilt jedoch für die Angeln als nicht nachgewiesen.

Hose aus dem 4. Jh. aus dem Thorsberger Moor

Auswertungen der einzelnen Niederlegungsphasen ergaben, dass über 90 % der Funde im 3. und 4. Jahrhundert niedergelegt wurden. Ebenso treten mit Beginn des 3. Jahrhunderts die Waffenopfer zunehmend in den Vordergrund. Die Waffen stammen wahrscheinlich aus Konflikten zwischen verschiedenen nordgermanischen Stämmen aus Skandinavien und kontinentalen Germanen aus den Gebieten des "freien" Germaniens (Germania magna) in direkter Nachbarschaft zum Römischen Reich - sehr viele Stücke sind römischer Herkunft und könnten teilweise auch im Imperium erbeutet worden sein. Da inzwischen Hinweise auf römische Feldzüge im norddeutschen Raum des 3. Jahrhunderts vorliegen (siehe Römisches Schlachtfeld bei Kalefeld), ist sogar ein Zusammenhang mit diesen Kämpfen denkbar, über die insgesamt sehr wenig bekannt ist.

Man nimmt ansonsten zumeist an, dass die große Zahl von schartigen Waffen aus dem 3. und 4. Jahrhundert auf Konflikte hinweist, die in Zusammenhang mit dem Beginn der großen spätantiken Völkerwanderung stehen - vielleicht handelte es sich um Verteilungskämpfe. Unklar ist dabei, ob die geopferten Waffen abgewehrten Invasoren abgenommen wurden, wie es die ältere Forschung meist annahm, oder ob es sich vielmehr um Stücke handelt, die von den Siegern nach Beutezügen nach Südskandinavien, in die Gebiete am Oberlauf der Elbe sowie in die Randzone des Imperium Romanum in ihre Heimat überführt und dann bei Thorsberg (teilweise?) geopfert wurden.

Funde

Römische Reitermaske
Germanische Tunika aus dem 4. Jh.

Zu den herausragenden Funden gehören eine römische (Reiter-)Gesichtsmaske aus vergoldetem Silber, textile Kleidungsstücke wie Prachtmäntel, Kittel und Hosen, Wadenwickel, römische Helme und Münzen sowie runenbeschriftete Gegenstände. Die Erhaltungsbedingungen für organisches Material waren in diesem Moor optimal, wohingegen die meisten Eisengeräte, zumal die zahlreichen Schwerter, chemisch weitgehend stark zerstört waren. Aufgrund der außerordentlich guten Erhaltungsbedingungen, der relativ guten Dokumentation der Grabungen und der großen Menge an gefundenen Gegenständen gehört das Thorsberger Moor neben Nydam, Illerup Ådal und Vimose (alle drei in Dänemark) zu den bedeutendsten Fundplätzen dieser Zeit in Nordeuropa. Die Funde belegen, wie weit damals römischer Einfluss auch über die Grenzen des Imperiums hinaus reichte.

Literatur

  • Conrad Engelhardt: Thorsberg Mosefund. Kopenhagen 1863
  • Michael Gebühr, Claus von Carnap-Bornheim: Nydam und Thorsberg. Opferplätze der Eisenzeit; Begleitheft zur Ausstellung. Archäologisches Landesmuseum, Verein zur Förderung des Archäologischen Landesmuseums e. V., Schloss Gottorf, Schleswig 2000
  • Herbert Jankuhn: Nydam und Thorsberg. Moorfunde der Eisenzeit. Wachholtz Verlag, Neumünster 1962
  • Klaus Raddatz: Der Thorsberger Moorfund-Katalog. Teile von Waffen und Pferdegeschirr, sonstige Fundstücke aus Metall und Glas, Ton- und Holzgefäße, Steingeräte. In: Offa-Bücher 65. Wachholtz Verlag, Neumünster 1987 ISBN 3-529-01165-7
  • Klaus Raddatz: Der Thorsberger Moorfund. Gürtelteile u. Körperschmuck. Wachholtz Verlag, Neumünster 1957

Weblinks

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