Thor (Hilfskreuzer)

Thor (Hilfskreuzer)
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Schiffsdaten
Schiffstyp: turbinengetriebenes Kühlschiff
Auftragsvergabe:  ???
Kiellegung:
Stapellauf (Schiffstaufe): 1938 als Santa Cruz
Indienststellung: als Schiff 10,
ab März 1940: Handelsstörkreuzer 4
Bauwerft: Deutsche Werft, Hamburg-Finkenwerder
Bau.Nr. ???
Umbau zum HSK 1939/1940: 1. Blohm & Voss, Hamburg
2. Deutsche Werft, Hamburg
Reederei: Oldenburg-Portugiesische Dampfschiffs-Rhederei
Tage auf See (insges.) 650
Besatzung:
(der 1. Reise)
349 Mann
(20 Offiziere, 66 Unteroffiziere)
Baukosten: ??? Mio Reichsmark
Technische Daten
Vermessung: 3862 BRT
max. Tragfähigkeit (größte Nutzlast): 4.720 tdw
Wasserverdrängung als HSK: bei voller Ausrüstung: 10.000 ts
Länge: 122 m
Breite: 16,7 m
Tiefgang: 8,1 m
Maschinenanlage: 1 Satz Getriebeturbinen
Anzahl der Wellen: 1
Leistung: 6500 PS
Höchstgeschwindigkeit: 18 kn
Fahrbereich: 32000 sm bei 12 kn
Brennstoffvorrat: maximal 3144 t Treiböl
Bewaffnung
Auf der ersten Fahrt
Kanonen: 6 × 15 cm SK L/45 - C/13
Flak 2 × 3,7 cm C/30 in Doppellafette
4 × 2 cm C/30
Torpedorohre
Ø 53,3 cm
4 als Zwillingsrohre seitlich über Wasser
Minenkapazität: Keine (Geplant, aber mangels Raum verzichtet)
Flugzeuge: Arado Ar 196 A-1
per Kran zu Wasser zu lassen
Kommandant
Kapitän zur See
Otto Kähler
15. März 1940 bis 20. Juli 1941
Kapitän zur See
Günther Gumprich

Die Thor war ein im Zweiten Weltkrieg unter der Bezeichnung Schiff 10 für den Einsatz bei der Kriegsmarine vereinnahmtes deutsches Handelsschiff. Es war ursprünglich das turbinengetriebene Kühlschiff Santa Cruz der Oldenburg-Portugiesischen Dampfschiffs-Rhederei, Oldenburg, für den Liniendienst HamburgKanarische InselnAfrika. Unter der Bezeichnung Handelsstörkreuzer 4 (HSK 4) wurde das Schiff als Hilfskreuzer eingesetzt. Den Namen Thor wählte man nach dem germanischen Donnergott. Bei der britischen Royal Navy war die Thor als Raider E bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgeschichte

Der Handelsstörkreuzer 4 Thor war ein zum Hilfskreuzer umgebauter Bananendampfer. Kommandant auf der ersten, erfolgreichsten Fahrt war Kapitän zur See Otto Kähler. Auf insgesamt zwei Fahrten wurden 148.640 BRT aufgebracht: Damit war die Thor bezogen auf die Tonnage der erfolgreichste deutsche Hilfskreuzer. Aufgabe des HSK 4 war die Störung des Handels im Südatlantik und die Bindung von britischen Hilfskreuzern. Die sechs Geschütze der Thor waren getarnt angebracht – unter anderem ließ sich die Reling wegklappen.

Während ihrer ersten Unternehmung operierte die Thor zeitweilig in den gleichen Gewässern wie die Admiral Scheer. Zur Täuschung des Gegners lief der Hilfskreuzer teilweise unter jugoslawischer (unter dem Namen Vir) oder unter sowjetischer Flagge. Vor Eröffnung des Feuers auf ein gegnerisches Schiff wurde die Seekriegsflagge des Deutschen Reiches gehisst.

Bewaffnung

Die Thor wurde als Hauptbewaffung mit sechs Schnellfeuerkanonen der ehemaligen Mittelartillerie kaiserlicher Linienschiffe aus dem Jahre 1913 ausgestattet. Diese standen verborgen auf dem Vordeck, dem Achterdeck und seitlich der Aufbauten unter tarnenden Decksaufbauten und zwei im Zwischendeck des Frachtraumes hinter Klappen in der Bordwand. So konnten im Verfolgungsgefecht drei und in der Breitseite vier dieser Geschütze gleichzeitig zum Einsatz gebracht werden. Die Geschütze an Oberdeck waren mit Schutzschilden versehen worden.

Weiterhin waren hinter Klappen in der Bordwand unterhalb der Rettungsboote die Torpedorohre zu je zweien getarnt eingebaut.

Auf den Aufbauten verteilt standen vier 2 cm-Flak-Kanonen und auf dem hinteren Aufbau eine 3,7 cm-Flak-Doppellafette.

Die erste Fahrt

Am 6. Juni 1940 um 21.30 Uhr lief die Thor unter strengster Geheimhaltung aus. Die Besatzung hatte weder von ihren Angehörigen Abschied nehmen können, noch konnten sie ihnen sagen wie lange sie auf See bleiben sollten. Diese erste Fahrt sollte 329 Tage andauern, fast ein ganzes Jahr. Nach Passage der Dänemarkstraße erfolgt zunächst der Durchbruch in den Nordatlantik, später in das Operationsgebiet im Südatlantik, die See zwischen der Ostküste Südamerikas und der Westküste Afrikas.

Während der Fahrt versorgte sich der HSK 4 aus Prisen und Versorgungsschiffen (z. B. Alsterufer, Eurofeld). Die Schiffbrüchigen der aufgebrachten gegnerischen Schiffe wurden, so es die Lage zuließ, geborgen und an Bord in einem eigens für diesen Zweck ausgerüsteten Raum interniert und bei gegebener Möglichkeit in die Heimat verbracht.

Aufgebrachte Schiffe

Name Typ Land Datum Tonnage in BRT Verbleib Ladung in Tonnen
Kertosono Frachter Niederlande 1. Juli 1940 9.289 Als Prise nach Lorient 9.922 t Gasolin und Maschinen
Bruges Frachter Belgien 8. Juli 1940 4.983 versenkt 6746 t Weizen
Gracefield Frachter Großbritannien 14. Juli 1940 4.631 versenkt 7.430 t Weizen und Kleie
Wendover Frachter Großbritannien 16. Juli 1940 5.489 versenkt 7.250 t Kohle
Tela Frachter Niederlande 17. Juli 1940 3.777 versenkt 2.555 t Hirse, 2407 t Mais, 489 t Weizen
Kosmos III Walkocher Norwegen 24. September 1940 17.801 versenkt 17.662 t Walöl
Natia Frachter Großbritannien 8. Oktober 1940 8.715 versenkt keine
Delambre Frachter Großbritannien 25. November 1940 7.032 versenkt Baumwolle, Häute, Baumwollsaat, Holz
Trolleholm Frachter Schweden 25. März 1941 5.047 versenkt Kohlen
Britannia Passagierschiff Großbritannien 25. März 1941 8.799 versenkt Militärangehörige, zivile Passagiere, Stückgut, Kriegsmaterial
Voltaire Passagierschiff (Hilfskreuzer) Großbritannien 2. April 1941 13.301 versenkt keine
Sir Ernest Cassel Erzfrachter Schweden 16. April 1941 7.739 versenkt keine

Während der Unternehmung kam die Thor dreimal in Kontakt mit britischen Hilfskreuzern.

Am 28. Juli 1940 lieferte sich die Thor ein Gefecht mit dem Hilfskreuzer Alcantara (22.209 BRT, 8 × 15,2 cm Geschütze) und konnte den in Bewaffnung und Größe überlegenen Gegner bewegungsunfähig schießen und später fliehen. Bei diesem Gefecht wurde die Thor von zwei gegnerischen Granaten getroffen, von denen sich eine jedoch als Blindgänger erwies. Die andere schlug auf Höhe der Steuerbordtorpedorohre ein. Hierbei starben drei Männer, weitere wurden verletzt. Die Thor erlitt jedoch keine schweren Schäden.

Am 5. Dezember 1940 lieferte sich die Thor ein Gefecht mit dem britischen Hilfskreuzer HMS Carnarvon Castle (20.122 BRT, 8 × 15,2 cm Geschütze). Auch in diesem Gefecht konnte die Thor den beschädigten Gegner in die Flucht schlagen.

Am 4. April 1941 versenkte die Thor den britischen Hilfskreuzer Voltaire (13.301 BRT, 8 × 15,2 cm Geschütze).

Am 30. April 1941 legte die Thor wieder in Hamburg an. Gegnerische Schiffe mit zusammen 96.603 BRT waren versenkt oder aufgebracht worden.

Die zweite Fahrt

Am 30. November 1941 lief die Thor unter einem anderen Kommandanten, Kapitän zur See Günther Gumprich, erneut aus und verlegte zunächst in einen französischen Hafen. Von dort begann die eigentliche Fahrt am 12. Januar 1942. Auf den folgenden 321 Tagen wurden 52.037 BRT an feindlichem Schiffsraum versenkt oder aufgebracht.

Das Ende des HSK 4

Am 30. November 1942 übernahm die Thor im Hafen von Yokohama Treibstoff aus dem Flottentanker Uckermark (ehemals Altmark). Dabei kam es aus bis heute ungeklärter Ursache zur Explosion des Versorgers. Neben der Uckermark und der Thor gerieten auch der Dampfer Leuthen[1] sowie der japanische Dampfer Unka Maru in Brand und wurden vernichtet. Von der Besatzung der Thor kamen 13 Mann ums Leben. Einen eindrücklichen Augenzeugenbericht dieses Unglückes liefert der überlebende damalige Attaché der Deutschen Botschaft in Tokio, Erwin Wickert, der sich zum Zeitpunkt der Explosion an Bord der Thor befand.[2]

Literatur

  • Jochen Brennecke: Hilfskreuzer Thor - Hecht im Atlantik. Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg 1998, ISBN 3-7822-0733-5.
  • Heinz Tischer: Die Abenteuer des letzten Kapers: Hilfskreuzer Thors Reise in die Katastrophe. Kameradschaft Hilfskreuzer Thor, Ahrensburg 2000 (Broschüre, S.104).
  • Roel Vande Winkel: The Auxiliary Cruiser Thor's Death and Transfiguration. A Case Study in Nazi Wartime Newsreel Propaganda. In: Historical Journal of Film, Radio and Television 23, 2003, Nr. 3, ISSN 0143-9685, S. 211–229.

Einzelnachweise

  1. Die Leuthen war das ehemals australische Kombischiff Nankin, das die Thor am 10. Mai 1942 aufgebracht und als Prise nach Yokohama geschickt hatte, um dort als Reserve für deutsche Überwassereinheiten zu dienen. Siehe auch: http://www.far-eastern-heroes.org.uk/Experiences_of_Cecil_Saunders/html/ss_nankin.htm
  2. Erwin Wickert: Mut und Übermut. Geschichten aus meinem Leben. Deutsche Verlags Anstalt. Stuttgart 1991. ISBN3-421-06614-0. S. 380 - 388.

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