Thomas Weisbecker

Thomas Weisbecker

Thomas Weisbecker (* 24. Februar 1949 in Freiburg im Breisgau; † 2. März 1972 in Augsburg) war ein Terrorist und Mitglied der „Bewegung 2. Juni“. Er wurde bei einem Festnahmeversuch erschossen.

Leben

Tommy-Weisbecker-Haus in Berlin-Kreuzberg

Weisbecker war der Sohn eines Kieler Professors. Nach dem Verweis von der Kieler Gelehrtenschule zog er nach West-Berlin und kam hier mit der Kommune 1 und mit den Tupamaros Westberlin in Kontakt. Aus letzterer ging im März 1972 die Bewegung 2. Juni hervor.

Die Tupamaros Westberlin, auch als Schwarze Ratten u.a. firmierend, waren für mehrere Sprengstoff- und Brandanschläge Ende 1969, Anfang 1970 verantwortlich, unter anderem auf die Wohnung des Landgerichtsdirektors Hansen, auf Oberstaatsanwalt Severin, das KaDeWe, den Leiter des Zentralgefängnisses in Berlin-Tegel und die Wohnung des Präsidenten des Strafvollzuges Schmiedecke. Im Februar 1970 verprügelte Thomas Weisbecker zusammen mit seinem ehemaligen Schulkameraden Georg von Rauch sowie mit Michael Baumann, Hans-Peter Knoll und Anne-Katrin Bruhns den Quick-Reporter Horst Rieck als Rache für einen im Januar unter dem Titel Ganz Deutschland muß brennen in der Quick erschienenen Fotobericht über die Bombenanschläge in Berlin. Ob Rieck wirklich der Autor des Artikels war, scheint allerdings ungeklärt.

Am 8. Juli 1971 mussten sich Thomas Weisbecker, Georg von Rauch und Michael Baumann für diesen Überfall vor dem Kriminalgericht Moabit verantworten. Da die Verhandlung wegen weiterer Beweisanträge auf den 16. Juli 1971 vertagt worden war, hatte das Gericht dem Antrag auf Haftverschonung für Baumann und Weisbecker entsprochen.

Lediglich von Rauch musste aufgrund eines Brandanschlages auf das Kammergericht und eines Opiumverfahrens zurück in die Untersuchungshaft. Da Weisbecker und von Rauch eine gewisse Ähnlichkeit besaßen, tauschten die beiden im Gerichtssaal die Rollen. Als der Richter Baumann und Weisbecker aufrief, den Gerichtssaal zu verlassen, ging von Rauch anstelle von Weisbecker. Später gab Weisbecker seine Identität preis, wurde laufengelassen und einen Tag später wegen Beihilfe zur Flucht wieder verhaftet. Es gelang ihm jedoch erneut unterzutauchen, obwohl er nunmehr mit zwei Haftbefehlen gesucht wurde.

Schließlich kam ihm die Polizei in Augsburg auf die Spur, wo sie ihn vier Wochen lang in der Georgenstraße 14 observierte. Am 2. März 1972 verließ Weisbecker zusammen mit Carmen Roll das Haus. Sie fuhren mit einem gestohlenen Wagen in die Augsburger Innenstadt und gingen dann gemeinsam in das Hotel „Thalia“. Als sie nach wenigen Minuten zum Wagen zurückkehrten, griff die Polizei zu. Dabei wurde Weisbecker durch einen Schuss ins Herz tödlich verletzt. Nach den späteren Angaben der Polizisten hätten diese in Notwehr gehandelt, da Weisbecker versucht habe, seine Waffe zu ziehen.

Eine von Weisbeckers Mutter gestellte Strafanzeige wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung wies die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Augsburg am 28. August desselben Jahres ab und stellte das Verfahren ein.

Im Gedenken an Thomas Weisbecker wurde am 2. März 1973 ein selbstverwaltetes Jugendfreizeit-, Jugendhilfe- und Trebegängerhaus nach ihm benannt, das Tommy-Weisbecker-Haus in Berlin-Kreuzberg.

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