Thomas Fischer (Bundesrichter)

Thomas Fischer (Bundesrichter)

Thomas Günther Otto Fischer (* 29. April 1953 in Werdohl) ist Rechtswissenschaftler und Richter am Bundesgerichtshof. Er gehört dem zweiten Strafsenat an.

Inhaltsverzeichnis

Vita

Thomas Fischer besuchte das Gymnasium in Plettenberg und Friedberg (Hessen), wo er nach zwischenzeitlicher Berufstätigkeit u. a. als Musiker und Kraftfahrer 1975 das Abitur ablegte. Er studierte von 1976 bis 1979 Germanistik an der Goethe-Universität Frankfurt sowie von 1980 bis 1984 Rechtswissenschaft und Soziologie an der Universität Würzburg. Die juristischen Staatsexamina legte er 1984 und 1987 ab. Fischer arbeitete ab 1984 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strafrecht der Universität Würzburg und wurde 1986 bei Ulrich Weber mit der Arbeit Öffentlicher Friede und Gedankenäußerung zum doctor iuris utriusque promoviert.

1988 trat Fischer in den bayerischen höheren Justizdienst ein. Bis 1990 arbeitete er als Strafrichter an den Amtsgerichten Ansbach und Weißenburg. 1991 folgten eine Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Bundesgerichtshof und die Ernennung zum Staatsanwalt. Nach einem Wechsel in die sächsische Justiz 1993 war Fischer zunächst als Richter am Landgericht, ab 1994 als Vorsitzender Richter am Landgericht Vorsitzender einer Großen Strafkammer und der Schwurgerichtskammer am Landgericht Leipzig. 1996 wurde er zum Ministerialrat im Sächsischen Staatsministerium der Justiz ernannt, wo er bis 2000 das Referat für Strafverfahrensrecht, strafrechtlichen Datenschutz und strafrechtliche Aufarbeitung des SED-Unrechts leitete, seit 1999 als stellvertretender Leiter der Strafrechtsabteilung.

Im Jahr 2000 wurde Fischer zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt. Seither ist er Mitglied des 2. Strafsenats, seit 2008 dessen stellvertretender Vorsitzender.[1] Von 2003 bis 2005 übte er außerdem die Tätigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs aus. Seit Anfang 2007 ist er ständiger Beisitzer im Richterdienstgericht des Bundes, seit 2009 Mitglied des Großen Senats für Strafsachen.

Fischer hatte von 1993 bis 2000 einen Lehrauftrag für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Leipzig. Seit 1991 hatte er Lehraufträge für Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Würzburg. 1998 wurde er zum Honorarprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Würzburg ernannt. Fischer ist in Fachkreisen durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannt, insbesondere durch den seit 1999 von ihm herausgegebenen und verfassten Kommentar zum Strafgesetzbuch.[2] Seit 1993 ist er Mitautor des Karlsruher Kommentars zur Strafprozessordnung. Er ist Mitherausgeber der Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ).

Am 8. Februar 2011 wurde Thomas Fischer bei einem Vortrag über Sterbehilfe und Präimplantationsdiagnostik an der Universität Passau tätlich angegriffen.[3] Im Sommer 2011 wehrte sich Fischer gerichtlich gegen die Besetzung der Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs mit einem Kollegen, was den ersten Konkurrentenstreit am Bundesgerichtshof seit 15 Jahren darstellt.[4] Am 26. Oktober 2011 erließ das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf Antrag Fischers eine einstweilige Anordnung, wonach dem Bundesjustizministerium die Besetzung der Stelle vorerst untersagt wurde.[5] Die Beurteilung, wonach Fischers Eignung für diesen Posten angezweifelt wurde, sei nicht hinreichend begründet, so das Gericht.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sechs neue Richter am Bundesgerichtshof Mitteilung des Bundesgerichtshofes vom 28. Juni 2000, aufgerufen am 27. August 2011
  2. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Beck’sche Kurzkommentare Band 10, 58. Auflage 2011
  3. M. Maier, M. Hägler: Universität Passau – Student schlägt BGH-Richter ins Gesicht. In: Süddeutsche Zeitung. 9. Februar 2011.
  4. Reinhard Müller: Richter am Bundesgerichtshof – Marsch, marsch durch die Instanzen. In: FAZ online. 27. August 2011.
  5. VG Karlsruhe stoppt Ernennung eines Vorsitzenden Richters. In: Legal Tribune, 26. Oktober 2011.

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