Theophanu (HRR)

Theophanu (HRR)
Otto II. und seine Gemahlin Theophanu, von Christus gekrönt und gesegnet; Relieftafel aus Elfenbein, etwa 982/983, Mailand (?), Museum Cluny, Paris
Heiratsurkunde von Theophanu und Otto

Theophanu (lat. Form, griechisch Theophano Θεοφανώ oder Theophania Θεοφάνια, * ca. 960, nach manchen Angaben 955,[1] im oströmischen Reich; † 15. Juni 991 in Nimwegen), Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes, wurde die Frau Kaiser Ottos II. und Mitkaiserin des römisch-deutschen Reiches für elf Jahre und Kaiserin für sieben Jahre. Sie war eine der einflussreichsten Herrscherinnen des Mittelalters und steht in der Herrscherfolge des Kaiserreichs zwischen Otto II. und Otto III.

Der Name stammt aus dem byzantinischen Griechisch: „Theophaneia“ (mittelgriechisch Θεοφάνεια) bezeichnet „Gotteserscheinung“ (Theophanie).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Weder Geburtsort und -tag noch die Eltern der Theophanu sind schriftlich überliefert; insbesondere enthält die Hochzeitsurkunde entgegen den Gepflogenheiten der Zeit keine Angaben zu den Eltern der Braut, die lediglich als Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes bezeichnet wird. Sie war die Tochter des patrikios Konstantin Skleros (geb. um 920; † nach 989), der ein Schwager des Kaisers Johannes Tzimiskes (969-976) war, da seine Schwester Maria dessen erste Gattin war. Theophanus Mutter, die Prinzessin Sophia Phokaina, war die Tochter des Generals und kuropalates Leo Phokas, Bruders des Kaisers Nikephoros II.. Kaiser Johannes Tzimiskes (geb. 925, gest. 976) stammte aus dem armenischen Fürstenhaus der Kurkuas (armenisch Gurgen).[2]

Otto der Große hatte zwei Gesandtschaften vergeblich mit dem Ziel nach Konstantinopel entsandt, eine byzantinische Prinzessin als Gemahlin für seinen Sohn zu gewinnen; erst die dritte Gesandtschaft unter Führung des Kölner Erzbischofs Gero hatte Erfolg, brachte aber statt der von den Ottonen gewünschten Anna (* 963, Tochter des verstorbenen Kaisers Romanos II.) Theophanu nach Italien, die Nichte des amtierenden Kaisers Tzimiskes. Es gab Stimmen, die wegen der nicht ganz ebenbürtigen Abstammung der Braut deren Heimsendung empfahlen – ein Rat, dem Otto der Große mit Rücksicht auf die Beziehungen zu Byzanz wohl kaum folgen konnte.[3]

So wurde Theophanu am 14. April 972 in Rom mit Otto II. vermählt. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor:

Der Hochzeitsurkunde der Theophanu ist zu entnehmen, dass sie bei ihrer Heirat in Rom von Papst Johannes XIII. zur Kaiserin gekrönt wurde. In den Urkunden Ottos II. wird Theophanu oft erwähnt (etwa in einem Viertel aller Urkunden), was ihr bevorzugtes und einflussreiches Interesse an den Angelegenheiten des Reiches bezeugt. Sie war zu ihrer Zeit sicherlich die reichste Frau des Kaiserreichs.

Regentschaft der Kaiserinnen (985–994)

Nachdem Otto II. am 7. Dezember 983 überraschend an einer wohl falsch behandelten Malaria-Erkrankung gestorben war, rief Willigis, der Erzbischof von Mainz, Theophanu und Adelheid, die Mutter Ottos II., aus Italien nach Deutschland. Auf dem Reichstag in Rara (Rohr bei Meiningen) übergab 984 Heinrich von Bayern, als nächster männlicher Verwandter der herrschenden Dynastie, der deshalb wohl Ansprüche auf die Vormundschaft und Regentschaft erhob, den schon zum König gekrönten, aber unmündigen dreijährigen Otto III. an Theophanu.

Im Mai 985 wurde Theophanu in Frankfurt am Main endgültig die Herrschaft zugesprochen, es bahnte sich die Erblichkeit der Krone im Reich an. Mit den zur gleichen Zeit in Konstantinopel regierenden Kaisern Basileios II. und Konstantinos VIII. war Theophanu nicht blutsverwandt (entsprechende Behauptungen in der älteren Literatur entbehren jeder sachlichen Grundlage). Theophanu war bis zu ihrem Tod 991, auf dem Höhepunkt ihrer Macht, Regentin des ostfränkisch-deutschen Reiches.

Sie festigte zusammen mit ihrer Schwiegermutter Adelheid die Reichsherrschaft insbesondere in Lothringen und Italien, aber auch an der slawischen Ostgrenze (986 erschienen nach mehreren Feldzügen der Kaiserin die Slawenfürsten Böhmens und Polens in Frieden zum Hoftag zu Quedlinburg). Durch ihre kluge Machtpolitik gelang es ihr, ihrem Sohn Otto III. den Kaiserthron zu sichern.

Theophanu ließ offizielle Dokumente in Ausübung ihrer Regierungsgewalt ausstellen und durchbrach damit die politischen Wirkungsmöglichkeiten der Kaiserinnen des Heiligen Römischen Reiches des 10. und 11. Jahrhunderts. In der Ravennater Urkunde vom 1. April 990 signierte sie in byzantinischer Tradition als Kaiser (nicht als Kaiserin, siehe: Kaiserin Eirene und Kaiserin Theodora, die beide an Stelle ihrer Söhne regierten), eindrucksvoll als „Theophanius gratia divina imperator augustus“ (deutsch: „Theophanius, durch göttliche Gnade erhabener Kaiser“). Die Jahre in der Urkunde wurden nach ihr gezählt, wie bei einem männlichen Kaiser. Das Startdatum war dabei 972.

Kaiserin Theophanu starb nach kurzer Krankheit am 15. Juni 991 in Nimwegen und wurde auf ihrem Witwensitz in Köln in der Abteikirche St. Pantaleon bestattet. Nach dem Tode Theophanus konnte ihre Schwiegermutter, Kaiserin Adelheid, ohne Schwierigkeiten die Regentschaft für den Enkel Otto III. bis Ende 994 weiterführen.

Kunsthistorischer Einfluss

Gerade in der Zeit um 1000 orientierte sich die Kunst im Reich an byzantinischen Vorbildern der Buchmalerei und Goldschmiedekunst; Theophanu brachte aus Konstantinopel ein Gefolge an Künstlern, Architekten und Kunsthandwerkern mit, durch die sich u. a. der Einfluss der byzantinischen Künste im Reich verbreitete. Weiterhin lässt sich die Verbreitung des Nikolausbrauchtums auf Theophanu zurückführen.

Grabstätte St. Pantaleon in Köln

Sarkophag von Kaiserin Theophanu

Theophanu wurde auf eigenen Wunsch im Westwerk von St. Pantaleon in Köln beigesetzt (einer ihrer Lieblingsheiligen war der heilige Pantaleon). Ihre letzte Ruhestätte fand sie (nach mehreren Umbettungen) in dem von Sepp Hürten neu gestalteten Sarkophag aus weißem Naxos-Marmor, in den am 28. Dezember 1962 ein Bleibehälter mit den wenigen sterblichen Überresten der Kaiserin eingebettet wurde.

An der Stirnseite des Sarkophages ist, in Anlehnung an das oben abgebildete Elfenbeinrelief aus dem 10. Jahrhundert, ein das Herrscherpaar krönender und segnender Christus zu sehen. Außerdem die Hagia Sophia (Konstantinopel) sowie Sankt Pantaleon (Köln), als Symbol der geeinten Kirche zu Ottos II. und Theophanus Zeiten und dem heutigen Wunsch nach Einigkeit. Der Sarkophag wird von folgender Schrift umgeben: „Domina Theophanu, Imperatrix, uxor et mater Imperatoris, quae basilicam sancti Pantaleonis summo honore coluit et rebus propriis munificenter cumulavit, hic sepulcrum sibi constitui iussit“ (deutsch: „Kaiserin Theophanu, Gattin eines Kaisers und Mutter eines Kaisers, die dieser Kirche des hl. Pantaleon besondere Gunst erwies und sie aus ihrem Besitz großzügig beschenkte, ließ sich an dieser Stelle bestatten“).

Seit 1989 findet jährlich am 15. Juni, dem Todestag Theophanus, am Sarkophag der Kaiserin eine Eucharistiefeier für die Einheit der Christen in Ost und West statt, deren kirchliche Einheit 1054 auseinanderbrach. Erst 1965 wurden die gegenseitigen Exkommunikationen durch Papst Paul VI. (Rom) und den Patriarchen Athenagoras (Konstantinopel) aufgehoben.

Um St. Pantaleon gibt es Bestrebungen zur Heiligsprechung Theophanus.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu z. B. Gunther Wolf, Nochmals zur Frage: Wer war Theophano, In: ders., Kaiserin Theophanu. Prinzessin aus der Fremde - des Westreichs große Kaiserin, Köln 1991, S. 67, und Hans K. Schulze, Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu. Die griechische Kaiserin und das römisch-deutsche Reich 972 -991, Hannover 2007, S. 42.
  2. Vgl.Ter Sahakean, H.K.: Die armenischen Kaiser von Byzanz. Band I. Maurikios (Morik), Wardan, Leon V (Levon), Basileios I. (Wasil), Leon VI., Alexandros (Alekhsandr).; Ders.: Band II. Porphyrogennetos (Perpherouzen), Lekapenos (Lekaben), Romanos II., Tzmiskes(Cmskik), Basileios II. (Wasil), Konstantinos VIII (Kostandin). – Die armenischen Kaiserinnen. Venedig 1905 (in armen. Sprache). Rezension von A. Merk S. J., in: Byzantinische Zeitschrift, Neunzehnter Band, Leipzig Jg. 1910, S. 547-550. 25 Tinnefeld, Franz: Byzantinische auswärtige Heiratspolitik vom 9. zum 12. Jahrhundert. Kontinuität und Wandel der Prinzipien und der praktischen Ziele. In: Byzantinoslavica. Revue internationale des Etudes Byzantines. Prague 1993, S. 21-28. 26 Deeters, Walter: Zur Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu. In: Braunschweigisches Jahrbuch, Band 54, S. 9-23.
  3. Vgl. Helmut Fußbroich, Theophanu. Die Griechin auf dem deutschen Kaiserthron, Köln 1991, S. 41.

Quellen

  • Thietmar von Merseburg: Chronik, übersetzt von Werner Trillmich (Freiherr vom Stein- Gedächtnisausgabe 9) Darmstadt 1957, Nauausgabe: nach der Übersetzung von J. C. M. Laurent, J. Strebitzki und W. Wattenbach, übertragen und bearbeitet von Robert Holtzmann, Mitteldeutscher Verlag 2007.

Literatur

Wissenschaftliche Literatur

  • Adelbert Davids (Hrsg.): The Empress Theophanu. Byzantium and the West at the turn of the first millennium. Cambridge University Press, Cambridge 1995 ISBN 0-521-52467-9.
  • Ekkehard Eickhoff: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Stuttgart 1999, ISBN 3-608-91798-5.
  • Odilo Engels, Peter Schreiner (Hrsg.): Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Kongreßakten des 4. Symposions des Mediävistenverbandes in Köln 1991 aus Anlass des 1000. Todestages der Kaiserin Theophanu. Sigmaringen 1993.
  • Anton von Euw, Peter Schreiner (Hrsg.): Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends. Gedenkschrift zum 1000. Todesjahr der Kaiserin. Schnütgen-Museum, Köln 1991 (2 Bde.) ISBN 978-2-263-02698-0.
  • Anton von Euw, Peter Schreiner (Hrsg.): Kunst im Zeitalter der Kaiserin Theophanu. Locher, 1993, ISBN 978-3-9801801-4-6.
  • Gunther Wolf (Hrsg.): Kaiserin Theophanu. Prinzessin aus der Fremde, des Westreichs Große Kaiserin. Böhlau, Köln 1991 ISBN 3-412-05491-7.

Sachbücher

  • Gabriele Hoffmann: Frauen machen Weltgeschichte. Von Kaiserin Theophanu bis Rosa Luxemburg. Area, 2007 ISBN 978-3-8361-1014-3
  • Hans K. Schulze, Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu, Hannover 2007 ISBN 978-3-7752-6124-1
  • Marilyn Yalom: Birth of the Chessqueen. A History. Perennial Books, New York 2005, ISBN 0-06-009065-0.
  • Peter von Steinitz (Hrsg.): Theophanu. Regierende Kaiserin des Westreichs. Verlag Freundeskreis St. Pantalon, Köln 2000, ISBN 3-9805197-1-6
  • Helmut Fußbroich: Theophanu. Die Griechin auf dem deutschen Kaiserthron. Wienand, Köln 1991, ISBN 3-87909-259-1
  • Dieter Matthes (Hrsg.): Die Heiratsurkunde der Kaiserin Theophanu. 972, April 14. Müller & Schindler, Stuttgart 1980
    • 1. - Faksimile-Ausgabe nach dem Original im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel (6 Urk. 11)
    • 2. - Kommentar, Transkription und Übersetzung
  • Frederic Harrison: Theophano - The Crusade of the Tenth Century. T. Fisher Unwin, London 1904

Musik

Filme

  • Geschichte Mitteldeutschlands - Theophanu. MDR, 2004, ASIN B0009XD91U

Weblinks

 Commons: Theophanu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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