Theodor de Bry

Theodor de Bry
Theodor de Bry

Theodor de Bry auch Dietrich de Bry, Johann Theodor de Bry[1] , Theodoor de Bry und Dirk de Bry (* 1528 in Lüttich; † 27. März 1598 in Frankfurt am Main) war ein Goldschmied, Kupferstecher und Verleger aus Wallonien (damals Spanische Niederlande) und gehörte zu den Stammvätern der calvinistischen Künstlerfamilie de Bry.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend in Lüttich und die Zeit in Straßburg

Theodor wurde 1528 als Sohn der wohlhabendenden protestantischen flämischen Familie de Bry in Lüttich geboren. Er lernte sehr wahrscheinlich bei seinem Vater Thiry de Bry „dem Jüngeren“ die Goldschmiedekunst und das Gravieren in Kupferplatten (Kupferstechen).

1560 finden wir Theodor de Bry in Straßburg, wo er eine Catherine Esslinger heiratete und seinen Hausstand gründete. Die Angaben für die Gründe des Wechsels von Lüttich nach Straßburg widersprechen sich. Ältere Quellen weisen darauf hin, dass um 1570 das katholische Spanien, das die südlichen Niederlande besetzt hielt, damit begann, flämische Protestanten zu verfolgen. Theodor de Bry wurde angeblich der Häresie beschuldigt, sein Besitz eingezogen und er aus seiner Heimat verbannt. Der Fakt, dass er bereits 10 Jahre zuvor in Straßburg ansässig war, macht eine Flucht vor dem Lütticher Bannspruch unrealistisch. Nach heutiger Sicht war Lüttich zu jener Zeit als Fürstbistum Lüttich ein souveräner Ständestaat neben den Herzogtümern Brabant, Luxembourg und den Spanischen/Österreichischen Niederlanden. Die offizielle Religion war allerdings römisch-katholisch und es kann durchaus sein, dass der protestantische de Bry die Zukunftsaussichten skeptisch beurteilt hat. Das selbständige Straßburg jedenfalls war damals ebenfalls wohlhabend, aber dem Protestantismus zugewandt und hatte durch die vielen aufgenommenen Glaubensflüchtlinge einen bedeutenden künstlerischen Ruf erlangt: Sie machten aus Straßburg eine blühende Stadt der Goldschmiede- und Kupferstecherkunst (Gravur). [2]

Amerikanische Ureinwohner mit Einbäumen beim Fischen in der englischen Kolonie Virginia. (Stich von Theodor de Bry 1585 nach einem Aquarell von John White)

Die Zeit in Frankfurt

1578 schließlich ging Theodor de Bry mit seiner Familie nach Frankfurt am Main, gründete ein Kupferstecher- und Verlagsunternehmen und beantragte das Bürgerrecht.

Zwischen 1586 und 1588 hielt er sich eine Zeit lang in London auf, arbeitete mit dem Geographen Richard Hakluyt zusammen und begann Berichte und Illustrationen verschiedener europäischer Forschungsexpeditionen zu sammeln. Nach seiner Rückkehr 1589 arbeitete er seine Pläne für neue Publikationen mit seinen Söhnen aus.

Von 1590 bis 1634 gab Theodor de Bry in Frankfurt zwei der bedeutendsten Reiseberichtsammlungen der Frühen Neuzeit heraus. Die West–Indischen Reisen (auch „Geschichte Amerikas“ genannt) und die Ost–Indischen Reisen. Die ganze Sammlung kam unter dem Titel „Collectiones peregrinationum in Indiam Orientalem et Indiam Occidentalem XXV partibus comprehensae; opus illustratum figuris aeneis Fratrum de Bry et Meriani“ heraus. Bei diesen sowie bei seinen anderen Arbeiten wurde de Bry von seinen beiden Söhnen Johann Theodor (1561–1623) und Johann Israel (1570–1611) unterstützt.

Der Calvinist Theodor de Bry starb am 27. März 1598 im Alter von 70 Jahren. Seine Witwe Katharina de Bry[3] und seine beiden Söhne Johann Theodor und Johann Israel führten sein Unternehmen weiter.

Werke

Darstellung des Jamestown-Massakers auf einem Holzschnitt von Matthäus Merian. De Bry 1628

Die von Theodor de Bry in Frankfurt herausgegebenen zwei Reiseberichtsammlungen zählen zu den bedeutendsten der Frühen Neuzeit und haben seinen Ruf für die Nachwelt begründet:

Er schuf 1594 die Ankunft von Kolumbus in der Neuen Welt. Die West-Indischen Reisen (hrsg. 1590–1618) berichteten von der Entdeckung und Eroberung Amerikas durch die Europäer, während die Ost-Indischen Reisen den Aufstieg Hollands zur Handelsmacht in Asien um 1600 mitverfolgten. Beide Serien erschienen deutsch und lateinisch, waren für ein europäisches Publikum bestimmt und reich mit Kupferstichen illustriert. Durch de Brys Geschichte Amerikas haben viele Europäer überhaupt erst die Kleidung und die Bräuche der amerikanischen Ureinwohner kennengelernt.

Theodor de Bry konnte nur sechs Teile seines Gesamtwerkes herausgeben. Nach seinem Tod setzten seine Söhne Johann Theodor und Johann Israel, die ebenfalls als Kupferstecher arbeiteten, und anschließend Johann Theodors Schwiegersohn Matthäus Merian das Werk bis 1634 fort. Es enthielt am Ende 25 Teile und über 1500 Kupferstiche. Die Nachfolge der Brüder als Kupferstecher und Verleger trat Sebastian Furck an.

Mit ihrem global angelegten Verlagsprojekt entfalteten die de Bry eine Bilderwelt, die von den Wundern und Schrecken der neu entdeckten Welten ebenso geprägt wurde wie von den stereotypen Vorstellungen und bildnerischen Traditionen der Europäer in Bezug auf das Andere und Fremde. So entstand ein Bildarchiv, das bis heute aktiv genutzt wird und unsere Vorstellung von der frühen Kolonialgeschichte noch immer beeinflusst.

Darüber hinaus gab Theodor de Bry zusammen mit Jean Jacques Boissard (1528–1602) 100 Gelehrtenviten mit Kupferstichporträts heraus (1597–1598). Seine Söhne setzten das unter dem Namen Bibliotheca chalcographica bekannt gewordene Werk, das am Ende 438 Gelehrtenbildnisse umfasste, zusammen mit dem Frankfurter Literaten Johann Adam Lonicerus fort.

Siehe auch

Quellen

Literatur

Weblinks

 Commons: Theodor de Bry – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Achtung: Verwechslungsgefahr mit seinem Sohn gleichen Namens
  2. siehe Weblink Biografie Théodore de Brys in der Kunstsammlung der Universität von Lüttich
  3. Katharina wird als Mitherausgeberin der Bildbände von Jean Errard genannt

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