Theodor Vahlen

Theodor Vahlen
Theodor Vahlen

Karl Theodor Vahlen (* 30. Juni 1869 in Wien; † 16. November 1945 in Prag) war ein deutscher Mathematiker und Vertreter der antisemitischen „Deutschen Mathematik“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Theodor war Sohn des Altphilologen Johannes Vahlen, studierte 1890 in Berlin, promovierte dort 1893 über „Beiträge zu einer additiven Zahlentheorie“ und wurde 1911 mit Zwischenstation in Königsberg Ordinarius für Mathematik in Greifswald, wo er bereits seit 1904 lehrte. Ursprünglich beschäftigte er sich mit formalistischen Gebieten der Mathematik wie der Zahlentheorie und den Grundlagen der Geometrie. Mit seiner Berufung 1911 wandte er sich – nicht zuletzt aus weltanschaulichen Gründen – der angewandten Mathematik zu, dort insbesondere elementaren Konstruktions- und Approximationsmethoden.

Während des Ersten Weltkriegs fungierte er als Batteriechef und Abteilungskommandeur, zuletzt als Major der Reserve im 6. Königlich Sächsischen Feldartillerie-Regiments Nr. 68

1923 trat Vahlen in die Großdeutsche Volkspartei ein, eine österreichische Entsprechung zur NSDAP. 1924 wurde er NSFP-Reichstagsabgeordneter und erster NSDAP-Gauleiter in Pommern, wo er die nationalsozialistische Tageszeitung Der Norddeutsche Beobachter[1] herausgab und die Partei zu beachtlichen Wahlerfolgen führte. 1927 wurde die Herausgabe jedoch unter dem Druck Hitlers eingestellt und Vahlen als Gauleiter entlassen, da er der Gruppe um die Brüder Gregor und Otto Strasser angehörte, einer nach dem Hitlerputsch 1923 gegründeten NS-Gruppe mit sozialistischen Tendenzen, die sich von Hitler distanzierte und nach dessen Freilassung systematisch aus der Partei verdrängt wurde. Im selben Jahr wurde Vahlen nach einem langen Prozess in Greifswald ohne Anspruch auf Ruhegeld entlassen, weil er am Verfassungstag 1924 die Reichsfahne und die Fahne Preußens am Universitätsgebäude einholen ließ.

Nach einem Zwischenstopp 1930 an der TH Wien und seiner Rehabilitierung in der NSDAP konnte er 1933 wieder an der Greifswalder Universität lehren und leitete 1934–1937 das Amt für Wissenschaften im Reichskulturministerium. In dieser Position konnte er die antisemitischen Bemühungen des Mathematikers Ludwig Bieberbach um eine „Deutsche Mathematik“ fördern, mit dem er 1936 eine gleichnamige Zeitschrift „Deutsche Mathematik“ herausbrachte. 1937 musste er das Amt wegen seiner Verwicklungen in die Machtkämpfe verlassen, die zum Sturz von Johannes Stark als Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft führten. Dieser war einer der Hauptvertreter der antisemitischen „Deutschen Physik“, eines der „Deutschen Mathematik“ entsprechenden Phänomens.

1939 wurde Vahlen Präsident der Preußischen Akademie der Wissenschaften.[1]

Vahlen, der auch Mitglied der SS war, nahm 1943 den Rang eines SS-Brigadeführers ein.[1]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 637.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Theodor Vahlen — Karl Theodor Vahlen (1869 in Vienna, Austria ndash; 1945 in Prague) was an Austrian German mathematician who was an ardent supporter of the National Socialist German Workers Party.EducationVahlen studied in Berlin from 1889 and received his… …   Wikipedia

  • Vahlen — war der Name folgender Personen: Franz Vahlen (1833–1898), deutscher Verleger Johannes Vahlen (1830–1911), deutscher klassischer Philologe Theodor Vahlen (1869–1945), deutscher Mathematiker und SS Brigadeführer Diese Seite ist eine …   Deutsch Wikipedia

  • Theodor Niemeyer — (* 5. Februar 1857 in Bad Boll; † 23. Oktober 1939 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Völkerrechtler und Hochschullehrer. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften (Auswahl) 2.1 …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Vahlen — als Achtzigjähriger. Foto von Rudolf Dührkoop (1910) Johannes Vahlen (* 27. September 1830 in Bonn; † 30. November 1911 in Berlin) war ein deutscher Klassischer Philologe. Nach dem Studium der Klassischen Philologie in Bonn, der Promot …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Vahlen — (September 27, 1830 November 30, 1911) was a German classical philologist who was a native of Bonn. He was the father of mathematician Theodor Vahlen (1869 1945).In 1852 he graduated at the University of Bonn, where he studied classical philology …   Wikipedia

  • Friedrich David Theodor Müller — David Müller (mit vollem Namen Friedrich David Theodor Müller; * 28. Juli 1828 in Königslutter am Elm; † 20. Juli 1877 in Karlsruhe) war ein deutscher Historiker. Zwischen 1847 und 1850 studierte David Müller Theologie an der Friedrich Schiller… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Mathematik — Die Deutsche Mathematik war der Versuch des Mathematikers Ludwig Bieberbach im Dritten Reich, die formalistische Mathematik wieder auf „intuitionistische“, also weitgehend als anschaulich begriffene Grundlagen zu stellen. Die moderne Mathematik… …   Deutsch Wikipedia

  • GeWG — Die Gesellschaft für europäische Wirtschaftsplanung und Großraumwirtschaft e.V. (GeWG) war eine Einrichtung, die im September 1939 von dem Leiter der Abteilung Außenhandel im Außenpolitischen Amt der NSDAP, Werner Daitz, in Dresden gegründet… …   Deutsch Wikipedia

  • DVFB — Die Nationalsozialistische Freiheitspartei (NSFP, auch NF) war eine kurzlebige deutsche Partei in der Weimarer Republik. Die Partei wurde im Anschluss an die Niederschlagung des Hitlerputsches von 1923 als Listenverbindung aus Deutschvölkischer… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsch-Völkische Freiheitsbewegung — Die Nationalsozialistische Freiheitspartei (NSFP, auch NF) war eine kurzlebige deutsche Partei in der Weimarer Republik. Die Partei wurde im Anschluss an die Niederschlagung des Hitlerputsches von 1923 als Listenverbindung aus Deutschvölkischer… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”