Theodor Spitta

Theodor Spitta

Theodor Spitta (* 5. Januar 1873 in Bremen; † 24. Januar 1969 in Bremen) war ein deutscher Politiker (DDP, BDV und FDP), Bürgermeister und Senator in Bremen.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Familie

Spitta stammte aus einer calvinistischen Familie aus Flandern, die im 16. Jahrhundert in die Pfalz floh und danach über den Raum Braunschweig/Hannover nach Bremen kam. Ein Großonkel war der Theologe und Dichter Philipp Spitta (1801–1859), ein Onkel, dessen Sohn, der gleichnamige Musikwissenschaftler Philipp Spitta (1841–1894). Die dann Bremer Kaufmannsfamilie, hat sich stets auch politisch engagiert. Sein Großvater Arnold Duckwitz war Bremer Bürgermeister, sein Vater, der schon 1881 starb, war ein vielseitiger Kaufmann und seine tiefreligiöse und prägende Mutter die Tochter von Duckwitz. Spitta war seit 1900 verheiratet und hatte neun Kinder. Seine Tochter Eva heiratete 1945 den Bildhauer Klaus Bücking.

Ausbildung und Beruf

Er wuchs also in einen großbürgerlichen Hause auf und besuchte die private Vorschule von Friedrich Grobe. Von 1883 bis 1892 absolvierte er das Alte Gymnasium. Von 1890 bis 1892 gehörte er dem Primaverein dieser Schule an. Nach dem Abitur studierte er von 1892 bis 1896 Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg im Breisgau, der Universität München, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Erlangen, wo er 1896 mit einer Arbeit über Seedarlehen zum Dr. jur. promovierte. Er unternahm von 1895 bis 1899 Reisen nach Ägypten, Palästina, England und den USA. Ab 1896 war er als Referendar tätig. 1900 ließ er sich als Rechtsanwalt in Bremen nieder. In der Zeit des Nationalsozialismus war er erneut als Rechtsanwalt tätig.

Politik

Kaiserreich

1905 wurde Spitta für die Klasse der Akademiker zum Mitglied der Bremischen Bürgerschaft gewählt. Er wurde Mitglied der juristischen und von drei weiteren Kommissionen bzw. Deputationen. Er verteidigte entschieden das Achtklassenwahlrecht in Bremen und war Gegner der aufkommenden Sozialdemokraten. 1911 wurde er als Landherr (Vorsitz im Kreistag des bremischen Landgebietes) als Senator in den Senat der Freien Hansestadt Bremen gewählt. Er war zudem auch für Fragen der Justiz und der Finanzen engagiert. Im Ersten Weltkrieg war er Vertreter einer konservativen und vaterländischen, aber auch europäischen Einstellung. Er gehörte der Lebensmittelkommission an.

Weimarer Republik

1918 war Spitta entschiedener Gegner der Bremer Räterepublik. In der Weimarer Republik war er Mitglied der Deutsche Demokratische Partei (DDP) (ab 1930 Deutsche Staatspartei). Er soll sich für eine liberale und sozial Demokratie eingesetzt haben. Vom 9. April 1919 bis zum 9. Juli 1920 gehörte er dem vorläufigen Bremer Senat an und war der Maßgebliche Verfasser der Landesverfassung von 1920, die bis 1933 galt. Vom 9. Juli 1920 bis zum 17. April 1928 war er Bürgermeister und Stellvertreter des Präsidenten des Senats Martin Donandt. Anschließend war er bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten in der Freien Hansestadt Bremen am 16. März 1933 weiterhin Senator. In seiner Senatszeit beteiligte er sich an den Reformen des Bildungswesen und war dann als Vorsitzender des Prüfungsauschusse für Finanzfragen und für das Justizwesen zuständig. Nach dem Rücktritt von Bürgermeister Karl Deichmann als Stellvertretender Präsident des Senats am 1. April 1931 wurde er sein Nachfolger als Bürgermeister und Stellvertreter.

Zeit des Nationalsozialismus

Spitta lehnte erfolglos die Machtansprüche der Nationalsozialisten ab. Nach dem von den Nazis erzwungenen Rücktritt der drei sozialdemokratischen Senatoren am 6. März 1933 mussten am 16. März 1933 auch der restliche Senat mit Donandt und Spitta an der Spitze zurücktreten. Seine Tätigkeit in der NS-Zeit beschränkte sich auf die Kirche und auf Gutachten für Bremen, letzteres als juristischer Hilfsarbeiter für den Senator für Inneres Bürgermeister Böhmcker, bei dessen Trauerfeier er 1944 teilnahm. Er verlor 1942 seine wertvolle Bibliothek, als sein Haus zerbombt wurde.

Bundesrepublik

Spitta war 1945 Mitbegründer der Bremer Demokratischen Volkspartei (BDV), die später zum Landesverband der FDP wurde. Am 5. Juni 1945 wurde er von der amerikanischen Militärregierung zum Senator für Justiz und zum Bürgermeister als Vertreter des Regierenden Bürgermeister Erich Vagts berufen. Nach der Ablösung von Vagts wählte der Senat ihn am 1. August 1945 auf Vorschlag von Wilhelm Kaisen zum Bürgermeister als Stellvertreter des Präsidenten des Senats im Senat Kaisen I. Nach den Bürgerschaftswahlen vom 28. November 1946 wurde er wieder in den Senat gewählt. Er übernahm weiterhin das Ressort Justiz, Verfassung und kirchliche Angelegenheiten und er blieb Bürgermeister. Die Ämter hatte er bis zum 28. Dezember 1955. Für Bremen nahm er am Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee für das Grundgesetz teil.

Spitta hat (wie schon 1920) 1947 die bremischen Landesverfassungen entworfen, die 1947 in Kraft trat. In den Jahren von 1945 bis 1947 arbeitete er eng mit seinem juristischen Berater Karl Carstens zusammen.

Nach seinem Abschied ab 1955 hat er sich aus der aktiven Politik zurückgezogen. Er war aber noch in der FDP im begrenzten Umfang aktiv und hat an der Kommentierung der Verfassung im Rathaus ehrenamtlich gearbeitet.

Im Januar 1969 stürzte der 96-Jährige beim Betreten des Rathauses - von von einer schweren, zuschlagenden Tür gestoßen. Am 24. Januar 1969 starb Theodor Spitta an den Folgen dieses Sturzes.

Ehrungen

  • 1956 wurde Spitta die Bremische Ehrenmedaille in Gold für seine Verdienste um die Bremer Landesverfassungen der Jahre 1919 und 1947 verliehen.
  • Nach ihm ist der Bürgermeister-Spitta-Preis der Liberalen Gesellschaft in Bremen benannt.
  • Die Theodor-Spitta-Gesellschaft von 1984 e.V., deren Zweck die Förderung der Bremer Staats- und Universitätsbibliothek ist, wurde nach ihm benannt.
  • Die Bürgermeister-Spitta-Allee in Schwachhausen trägt seinen Namen.

Schriften

  • „Keine andere Rücksicht als die auf das gemeine Beste“. Briefe und Reden. Mit einem Beitrag von Karl Carstens. Im Auftrag der Theodor-Spitta-Gesellschaft herausgegeben von Hans-Albrecht Koch und Anna-Katharina Wöbse, Bouvier, Bonn 1997, ISBN 3-416-02719-1
  • Ende des Bürgertums. Tagebuchbetrachtungen 1942. Veröffentlicht von der Landeszentrale für politische Bildung der Freien Hansestadt Bremen, Edition Temmen, Bremen 1994, ISBN 3-86108-241-1
  • Neuanfang auf Trümmern. Die Tagebücher des Bremer Bürgermeisters Theodor Spitta 1945-1947. Herausgegeben von Ursula Büttner und Angelika Voss-Louis, mit einer Einleitung von Werner Jochmann, Verlag Oldenbourg, München 1992, ISBN 3-486-55938-9
  • Aus meinem Leben. Bürger und Bürgermeister in Bremen. List, München 1969
  • Kommentar zur Bremischen Verfassung von 1947. Schünemann, Bremen 1960
  • Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen. Ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Storm, Bremen 1948 (in einzelnen Passagen gekürzte und veränderte Ausgabe des Buchs von 1938)
  • Bremens deutsche Sendung. Herausgegeben im Auftrage des Regierenden Bürgermeisters der Freien Hansestadt Bremen SA.-Gruppenführer Böhmcker aus Anlaß des Besuchs des Führers am 1. Juli 1939. Bremen 1939 (Schrift ohne Angabe des Urhebers, wird Theodor Spitta zugeordnet[1])
  • Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdruck, Stuttgart 1938
  • Als Herausgeber: Hermann Apelt: Reden und Schriften. Hauschild, Bremen 1962

Siehe auch

Literatur

  • Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt, Bürgermeister in Bremen. Ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Als Handschrift gedruckt, Belserdruck Stuttgart, 1938.
  • Theodor Spitta: Aus meinem Leben. München 1969
  • Theodor Spitta: Neuanfang auf Trümmern, 1945–1947. In: Biografische Quellen zur deutschen Geschicht. Band 13, Oldenbourg Verlag, München 1992
  • Herbert Schwarzwälder: Theodor Spitta. In: Berühmte Bremer, S. 295–332, München 1972.
  • Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon, S. 826 f. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Laut Vermerk im alphabetischen Katalog des Staatsarchivs Bremen handelt es sich bei dem Verfasser um Theodor Spitta.  Dieter Pfliegensdörfer: Vom Handelszentrum zur Rüstungsschmiede. Wirtschaft, Staat und Arbeiterklasse in Bremen von 1929 bis 1945. Universität Bremen Forschungsschwerpunkt Arbeit und Bildung, Bremen 1986, S. 457; vgl. auch DNB-Katalog.

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