Theodor Kipp

Theodor Kipp

Theodor Kipp (* 7. März 1862 in Erlangen; † 24. Juli 1931 in Bonn) war ein deutscher Jurist.

Kipp studierte in Erlangen und promovierte dort auch zum Dr. jur. Er lehrte an der Berliner Universität und war dort 1914/15 Rektor. 1929–1931 war Kipp Vorsitzender der Juristischen Gesellschaft zu Berlin.[1] Im Jahre 1932 folgte er einem Ruf an die Universität Bonn und wurde außerordentlicher Professor für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung und Internationales Privatrecht. Seinen Lehrstuhl in Berlin übernahm James Goldschmidt.

Inhaltsverzeichnis

Doppelwirkung im Recht

Als Verdienst Kipps gilt die Entdeckung der Doppelwirkung im Recht, wonach ein schon nichtiges Rechtsgeschäft nochmals wegen z. B. arglistiger Täuschung angefochten werden kann. Diese auch als Kipp’sche Lehre von der Doppelnichtigkeit bezeichnete Konstruktion hat den Vorteil, dass der Anfechtende sich durch die Anfechtung in eine rechtlich für ihn vorteilhaftere Situation bringen kann. So kann er einen Darlehensvertrag, der wegen Wuchers nichtig ist, nochmals wegen arglistiger Täuschung anfechten, um einen Schadensersatzanspruch gegen den Täuschenden zu erhalten.

Die Möglichkeit, bereits nichtige Rechtsgeschäfte nochmals anzufechten, war nach dem Inkrafttreten des Bürgerliches Gesetzbuches im Jahre 1900 nicht unumstritten. Seine Zeitgenossen sahen durch die Kodifizierung des BGB die Möglichkeit versperrt, nichtige Verträge nochmals aufzuheben, da der Gesetzgeber mit Nichtigkeit und Anfechtung zwei verschiedene Sachen regeln wollte. Die damaligen Gelehrten versuchten die abstrakten rechtlichen Konstrukte mit Bildern greifbarer zu machen. Viele konnten es sich schlechthin nicht vorstellen, dass etwas Nichtiges angefochten werden kann. Spricht man in Bildern, so kann man an einen bereits gefällten Baum denken, den man nun nochmals fällen soll. Oder ein brennendes Haus, das angezündet werden soll. Solche bildlichen Überlegungen schließen ein Nebeneinander von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit logischerweise aus. Was nicht mehr ist, kann auch nicht mehr beseitigt werden.

Die Möglichkeit, nichtige Rechtsgeschäfte nochmals zu vernichten, ist eigentlich nur ein Ausfluss aus der Kernthese Kipps: Zwei prinzipiell gleich wirkende juristische Tatsachen vertragen sich in ihrer Wirksamkeit miteinander. Somit kann ein Rechtsgeschäft auch aus verschiedenen Anfechtungsgründen angefochten werden.

Die Lehre hat jedoch auch Grenzen. Fraglich ist z. B., ob ein Vereinsmitglied, das seinen Austritt erklärt hat, noch vom Verein ausgeschlossen werden kann. Kipp selbst schränkt seine Lehre hier ein, da der Verein nach dem Austritt keine Verfügungsbefugnis mehr über das Mitglied hat und somit eine Doppelwirkung ausscheidet.

Literatur

  • Hahn, Erik: Das Verbraucherwiderrufsrecht und die Kippsche Doppelwirkung im Recht, Neue Justiz (NJ) 2010, S. 281-284.
  • Kipp, Theodor: Über Doppelwirkungen im Recht, in: Festschrift für v. Martitz 1911.
  • Kersting, Wilhelm-Christian: Probleme der sog. Doppelwirkungen im Recht, Dissertation 1964.
  • Schmelz, Christoph: Die Lehre von den Doppelwirkungen im Recht, in: JA 2006, 21 f.

Einzelnachweise

  1. http://www.juristische-gesellschaft.de/praesi.html

Weblinks

 Wikisource: Theodor Kipp – Quellen und Volltexte

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