Theater Gera (Großes Haus)

Theater Gera (Großes Haus)
Theater Gera, Großes Haus, 2007

Das Theater Gera ist als Großes Haus eines von drei Theaterhäusern in Gera, Bestandteil der Bühnen der Stadt Gera und der Theater & Philharmonie Thüringen. Es verfügt über einen Theatersaal mit 550 Plätzen und einen Konzertsaal mit 812 Plätzen. Generalintendant und Geschäftsführer ist Prof. Matthias Oldag.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung und Anfangsjahre

Das Fürstliche Hoftheater, ca. 1908 (kolorierte Ansichtskarte)
1977: Feierliche Einweihung der neuen Konzertorgel
1999: Das Theater vor der Gesamtsanierung in der Farbgebung ab 1976
Genius („Göttin der Wahrheit“) des Bildhauers Achim Meißner

Ein erstes Theatergebäude gab es mit dem Komödienhaus, gelegen am heutigen Johannisplatz, bereits von 1616 bis 1741. Im Jahre 1787 folgte ein hölzerner Neubau und 1822 das erste wirklich massive Theatergebäude, welches nach Umbau und Erweiterung bis 1902 genutzt wurde.

Das Theater bot zwar ein großzügiges Bühnenhaus, jedoch keinen geeigneten Konzertsaal für die Reußische Hofkapelle - ein Umstand der dazu führte, dass man schließlich einen Theaterneubau anstrebte. Die für den Bau benötigten finanziellen Mittel wurden größtenteils durch Spenden Geraer Bürger aufgebracht, die schließlich noch fehlende Summe sowie das Baugrundstück im Küchengarten steuerte Fürst Heinrich XIV. bei. Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf 1.103.760 Mark [1], dies würde heute einem Betrag von über 10 Millionen Euro entsprechen.

Mit dem Bau wurde 1899 der Architekt Heinrich Seeling beauftragt, als Bauherr fungierte Erbprinz Heinrich XXVII. Die Einweihung als Fürstliches Hoftheater fand am 18. Oktober 1902 statt. Das im Jugendstil erbaute Theater zählte bei Eröffnung 1902 zu den fortschrittlichsten seiner Zeit, da es Theater und Konzertsaal in einem Gebäude vereinte. Es wies eine zeitgemäße Mischkonstruktion aus Stahlbeton, Stahlfachwerk sowie Holzbalkenkonstruktion auf und verfügte über moderne Beleuchtung, technische Ausstattung und Brandschutzvorkehrungen.

Betrachtet man die äußere Gestaltung des Gebäudes, so sticht vor allem die markante Eingangsseite mit ihren symbolhaften Darstellungen hervor. Neben den Büsten Friedrich Schillers und Johann Wolfgang von Goethes, sowie dem lateinischen Schriftzug Musis Sacrum (dt. den heiligen Musen), sind dies vor allem Darstellungen aus der griechischen Mythologie: Genius auf Sphinx, Haupt der Medusa, die Muse Melpomene sowie eine Bacchantin.

In den Jahren 1914 bis 1921 erfolgte eine weitere künstlerische Ausgestaltung von Konzertsaalfoyer und Spiegelfoyer sowie der Ausbau des Theatercafés.

Das Fürstlich Reussische Theater war ein Unikum unter den Theatern der 1920er Jahre: es war in republikanischer Zeit eine Bühne unter fürstlicher Protektion des von Ernst Barlach so genannten "Theaterprinzen" Heinrich XLV. vom Fürstenhaus Reuß und bekam weder Unterstützung von der Stadt noch vom Staat. Das Theater war aber keine "privatartige Schloßbühne" [2], sondern Landestheater, Oper, Schauspiel, Operette und bot 1100 Besuchern Platz.

Walter Bruno Iltz

Von 1924 bis 1927 war Walter Bruno Iltz Generalintendant des Fürstlich Reussischen Theaters. Iltz wurde als moderner junger Regisseur bekannt, aufgeschlossen und enthusiastisch, er spielte zahlreiche neue Autoren wie Ernst Barlach (Die Sündflut, 1925, in eigener Inszenierung, sowie Die gute Zeit, 1925 und Der arme Vetter, 1927), Bertolt Brecht (Mann ist Mann), Arnolt Bronnen, Walter Hasenclever (Ein besserer Herr), Georg Kaiser (3 Stücke), Carl Zuckmayer und Fritz von Unruh, aber auch die Deutsche Erstaufführung von Tschechows «Platonow» (in der Inszenierung von Heinz Hilpert). Anläßlich der Aufführung von Arnolt Bronnens Kriegsdrama «Katalaunische Schlacht» wurden Iltz und seine Frau Helena Forti 1925 mit dem Erschießen bedroht. Unter Iltzs Direktion fanden auch zahlreiche Uraufführungen statt, darunter von Alexander Lernet-Holenia (Saul), André Gide (Die Rückkehr des verlorenen Sohnes), Karl Röttger (Die Heimkehr, 1926), Denis Diderot (Ist er gut? Ist er böse?), Rosso di San Secondo (Die Treppe, 1927), Bert Schiff und Kiesau, Opern von Johann Staden, Händel (Otto und Theophano), Manuel de Falla (Ein kurzes Leben, 1926), Vittorio Gnecchi (Rosiera, 1927) und Roderich Mojsisovics von Mojsvár (Der Zauberer, 1926), und im Ballett Darius Milhaud, Felix Petyrek, Adrien Raynal und das Persische Ballett von Egon Wellesz (1925) in der Choreographie Yvonne Georgi. [2] Im klassischen Repertoire standen Stücke von Schiller (Die Jungfrau von Orléans), Shakespeare (Der Kaufmann von Venedig), Kleist, Lessing (Nathan der Weise) und Goethes Clavigo sowie Calderon, Tschechow und Büchner im Mittelpunkt.

In der Saison 1925/26 war die avantgardistische Solotänzerin Yvonne Georgi als jüngste Ballettmeisterin Deutschlands in Gera engagiert. Sie eröffnete ihre Arbeit mit einem Tanzabend, bestehend aus Arabische Suite von Felix Petyrek (mit Georgi als Solistin), Saudades do Brazil von Darius Milhaud und Persisches Ballett von Egon Wellesz. [2] Als Silvesterpremiere kam Vittorio Rietis kurz zuvor von Serge Diaghilevs Ballets Russes uraufgeführte Tanzkomödie Barabau heraus. Die Aufführung lockte sogar die Berliner Kritiker nach Gera und gastierte am Leipziger Schauspielhaus und an der Berliner Volksbühne. 1926 choreografierte Georgi noch Igor Strawinskys Pulcinella. Dennoch erhielt die Tanztruppe „wegen mangelnden Interesses des Publikums“ die Kündigung, und Yvonne Georgi wechselte nach Hannover. [3]

Am Theater in Gera war der Schauspieler Bernhard Minetti, Hans Otto, Paul Hoffmann, der Regisseur Oscar Fritz Schuh engagiert sowie die Schauspielerin Dorothea Neff, die Iltz später ans Deutsche Volkstheater in Wien engagierte.

In der Spielzeit 1925/1926 erreichte das Theater in Gera mit 240.832 Zuschauern seine höchste Besucherzahl.

Krieg und Nachkrieg

Am 6. August 1944 wurde das Theater kriegsbedingt geschlossen und am 6. April 1945 beim schwersten alliierten Bombenangriff des Krieges auf Gera u.a. auch das Kulissenhaus des Theaters zerstört. Doch bereits am 15. September 1945 wurde, auf Beschluss des sowjetischen Stadtkommandanten, der Theaterbetrieb mit Mozarts Hochzeit des Figaro wiederaufgenommen. Im November 1945 erfolgte die Umbenennung des Reußischen Theaters in Bühnen der Stadt Gera.

Im Juli 1951 begann der Wiederaufbau des beim Bombenangriff zerstörten Kulissenhauses. Nachdem am 16. April 1963 bei einem Brand das Bühnenhaus beschädigt wurde, entschloss man sich zur Renovierung des Theaters. Am 10. September 1963 erfolgte, nach Renovierung und Neugestaltung von Kassenhalle, Foyer, Theatersaal und technischen Anlagen, die Wiedereröffnung.

Im Juni 1976 erhält das Theater einen neuen Anstrich in den Farben Grün, Weiß und Dunkelrot. Am 21. Dezember 1977 wird die neue, vom VEB Orgelbau Sauer gefertigte Orgel, im Konzertsaal eingeweiht. Sie ersetzt die 1911 gebaute Orgel.

1995 wurde der Konzertsaal saniert und im September 1999 die Bestuhlung im Theatersaal erneuert. Die Anzahl der Sitzplätze verringerte sich von 670 auf 550.

In den Jahren 2005 bis 2007 erfolgte eine umfassende Gesamtsanierung, Restaurierung, Rekonstruktion und Modernisierung. Das Theater erhielt dabei den an der ursprünglichen Farbgebung angelehnten, sandockerfarbenen Anstrich. Ebenso wurden alle für die Öffentlichkeit zugänglichen Räumlichkeiten einer Neugestaltung unterzogen, eine neue Drehbühne, ein neues Tonstudio sowie eine neue elektro- und raumakustische Anlage installiert.

Schauspieler

Viele bekannte Schauspieler hatten am Geraer Theater ihre Wirkungsstätte oder gaben hier ihr Theaterdebüt, unter anderem:

Uraufführungen

Folgende Uraufführungen fanden am Theater statt: [4]

Plakat zur Uraufführung von Raskolnikow am 9. April 1913

Einzelnachweise

  1. Klaus Brodale, Heidrun Friedeman: Das war das 20. Jahrhundert in Gera, Wartberg Verlag 2002, S. 6, ISBN 3-8313-1273-7
  2. a b c Ulrich Bubrowski (Hrg), Ernst Barlachs Drama Der Arme Vetter. Aufnahme, Kritik. Wirkung. Piper, München 1988
  3. Horst Koegler, Yvonne Georgi. Reihe Theater Heute, Friedrich Verlag Hannover 1963
  4. Archiv von Theater&Philharmonie Thüringen

Literatur

  • Theater Altenburg-Gera, Dagmar Kunze (Hrsg.): Musis Sacrum: 100 Jahre Theaterhaus Gera 1902 - 2002, Gera 2002
  • Stadt Gera, Untere Denkmalschutzbehörde (Hrsg.): Theater in Gera, Gera 2007

Weblinks

 Commons: Theater Gera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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