The Pretty Things

The Pretty Things

The Pretty Things ist eine der ältesten noch aktiven englischen Rockbands. In den 1960er Jahren galt sie als eine der wildesten Bands. Rockgeschichte schrieben The Pretty Things 1968 als Urheber der vermutlich ersten Rockoper S. F. Sorrow.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Phil May und Skip Alan von den Pretty Things bei einem Auftritt 1999

Die Band The Pretty Things wurde 1963 von dem Gitarristen Dick Taylor, einem ehemaligen Mitglied der Rolling Stones, und dem Sänger Phil May in London gegründet. Ihren Bandnamen entlehnten die Musiker dem Song Pretty Thing von Bo Diddley.

Exzessive Bühnenshows, wilder roher Rhythm and Blues und ein finsteres Image machten die Band schnell bekannt. Dabei bediente sich die Combo, wie die meisten britischen R'n'B-Bands zu jener Zeit, an dem großen amerikanischen Songbuch einflussreicher Blues-Interpreten wie Howlin' Wolf und Chuck Berry, doch schon bald schrieben die Pretty Things auch eigene Stücke. Das Bürgerschreck-Image sorgte anfangs auch für Hitparadenplätze. Die erste LP und das anzügliche Don't Bring Me Down kamen unter die Top Ten in Großbritannien. In den USA wurde der Song verboten. Es hieß, die Rolling Stones würden im Vergleich zu den Pretty Things wie eine „Teegesellschaft im Pfarrhaus“ wirken. Sänger Phil May galt als der Mann mit den längsten Haaren Europas.

Als 1967 der Psychedelic Rock Mode wurde, setzte ein unübersichtliches Kommen und Gehen der Bandmitglieder ein. Die Fans waren wegen der dritten LP Emotions verwirrt und wandten sich ab. Die Plattenfirma Fontana hatte gegen den Willen der Band die Musik mit Effekten und Arrangements angereichert, so dass die Pretty Things kaum wiederzuerkennen waren.

Nach dem Wechsel zur Firma Columbia Records arbeitete die Band mit dem Produzenten Norman Smith zusammen, der damals auch Pink Floyd im Studio betreute. Unter anderem veröffentlîchten die Pretty Things 1967 die Single Defecting Grey, welche heute als prägnantes Beispiel des Psychedelic Rock gilt. Das Lied ist eine Art Minioper, in der mehrere völlig unterschiedliche Melodien ineinander übergehen. Eine Sitar, rückwärts laufende Bänder und andere Effekte verfremdeten das Werk zusätzlich.

1968 schufen die Pretty Things vermutlich als erste Rockband eine Rockoper mit dem Titel S. F. Sorrow. Heute ein Kultklassiker der Flower-Power-Ära, wurde die Platte ein kommerzieller Misserfolg. The Who orientierten sich deutlich an S. F. Sorrow bei ihrem kurz darauf produzierten Werk Tommy.

Um finanziell über die Runden zu kommen, nahm die Band in dieser Zeit unter dem Namen Electric Banana mehrere Alben mit Filmsoundtracks auf. Zudem waren sie 1969 in dem Film What’s Good For The Goose von Menahem Golan als sie selbst zu sehen.

Dick Taylor verließ nach dem Misserfolg vorübergehend die Band und war kurzzeitig Produzent und Mitglied der Spacerocker Hawkwind. Das einzig verbliebene Gründungsmitglied Phil May schuf mit teilweise neuen Musikern erneut ein von der Kritik gelobtes Album: Parachute. Obwohl vom Rolling Stone zur LP des Jahres 1970 gewählt, blieb auch diese Platte von den Käufern weitgehend unbeachtet. Parachute offenbarte die verschiedenen Fähigkeiten des Multiinstrumentalisten Wally Waller, der einen beträchtlichen Teil des Materials komponierte und auch mehrfach als Leadsänger in Erscheinung trat. Waller produzierte zu dieser Zeit auch die ersten Alben von Barclay James Harvest.

Trotz des erneuten kommerziellen Misserfolges gaben die Pretty Things nicht auf. Ein neues Album wurde in Angriff genommen, welches aber nie erschien. Einzelne Songs davon wurden auf Singles veröffentlicht und sind auch auf dem Sampler The Pretty Things – Singles As & Bs zu hören.

Auch das nächste veröffentlichte Album Freeway Madness von 1972 fand nur wenige Käufer, so dass die Pretty Things sich auflösten. 1974 boten die befreundeten Musiker von Led Zeppelin einen Vertrag auf ihrem Swan Song-Label an. Es folgten die aufwendig produzierten Alben Silk Torpedo und Savage Eye, welche Chartnotierungen in den USA erreichten und der Band erstmals dort eine Tournee ermöglichte. Musikalische Differenzen und Drogenprobleme verhinderten auch diesmal eine konstante Karriere, und die Pretty Things brachen erneut auseinander. 1980, dieses Mal mit dem zurückgekehrten Gitarristen Dick Taylor beinahe in der Urbesetzung, wurde Cross Talk veröffentlicht. Auch diesmal hatten wohlwollende Rezensionen keine nennenswerte Verkäufe zur Folge.

In den folgenden Jahren gab es immer wieder Tourneen und Aufnahmen von May und Taylor mit wechselnden Mitspielern als Pretty Things, unter anderem Blues-Sessions mit Chicagomusikern und dem ehemaligen Yardbirds-Drummer Jim McCarty unter dem Namen Pretty Things-Yardbird Blues Band (produziert von George Paulus für sein St. George Label) sowie Neueinspielungen ihrer alten Erfolge mit deutschen Musikern.

1998 machten die Pretty Things wieder in größerem Maß durch die erstmalige vollständige Live-Aufführung ihres Meisterwerks S. F. Sorrow unter dem Titel Ressurection in den legendären Abbey Road Studios von sich reden. Das Spektakel wurde im Internet übertragen und bekannte Stars wie Arthur Brown und der Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour wirkten mit.

Obwohl das Foto schon 1968 aufgenommen worden war, sorgte 1999 das Cover der Maxi-CD All Light Up für Aufregung, weil es den Keyboarder Jon Povey zeigte, wie er sich damals einen Joint angezündet hatte. Das Titelstück war sowohl klanglich wie auch textlich eine Hommage an die 1960er Jahre. 1999 erschien mit Rage Before Beauty ein weiteres Album der Pretty Things, das nichts vom alten Feuer eingebüßt hatte. 2007 veröffentlichte die Band die CD Balboa Island.

Obwohl die Pretty Things in kommerzieller Hinsicht nie wieder an ihre Anfangserfolge in den 1960er Jahren anknüpfen konnten, übten sie beträchtlichen Einfluss auf andere Musiker aus. Robert Plant, der spätere Led Zeppelin-Sänger, studierte als noch unbekannter Besucher bei Pretty Things-Auftritten Phil Mays Bühnenshow genau. David Bowie, ein erklärter Fan der Band, coverte für sein Album Pinups (1973) gleich zwei Pretty Things-Hits, Rosalyn und Don't Bring Me Down. Der Stil und das Gebaren des ersten Pretty Things-Drummers Vivian Prince, der sich nach seinem Ausscheiden aus der Band und einigen erfolglosen Versuchen als Solist zwischenzeitlich den Hells Angels anschloss, übten einen unübersehbaren Einfluss auf den exzentrischen Keith Moon von The Who aus. Das skandalöse Auftreten der Band in der Anfangszeit diente in den späten 1970er Jahren auch vielen Punkbands als Vorbild.

Skip Alan, Frank Holland und Phil May von den Pretty Things bei einem Auftritt 1999

Diskografie (Auswahl)

  • The Pretty Things - 1965
  • Get The Picture? - 1965
  • Emotions - 1967
  • S. F. Sorrow - 1968
  • Parachute - 1970
  • Freeway Madness - 1972
  • Silk Torpedo - 1974
  • Savage Eye - 1975
  • Live - 1978
  • Cross Talk - 1980
  • The Monster Club - 1981 (Soundtrack)
  • Live At The Heartbreak Hotel - 1984
  • Out Of The Island - 1987
  • On Air - 1992
  • Knights Of The Blues Table - 1997
  • Resurrection (S.F. Sorrow) - 1998
  • ...Rage Before Beauty - 1999
  • All Light Up (EP) - 2000
  • Balboa Island Aug 2007

Als Electric Banana

  • Electric Banana - 1967
  • More Electric Banana - 1968
  • Even More Electric Banana - 1969
  • Hot Licks - 1970
  • The Return Of The Electric Banana - 1973


Als Phil May And The Fallen Angels

  • same - 1978

Daneben existiert eine sehr unübersichtliche Anzahl von Samplern mit unterschiedlichsten Zusammenstellungen sowie zahlreiche Nebenprojekte der einzeln Bandmitglieder.

Mitglieder

Gründungsformation (1963): Phil May (Gesang), Dick Taylor (Lead-Gitarre), Vivian Prince (Schlagzeug), Brian Pendelton (Gitarre), John Stax (Bass)

Spätere Mitglieder (ab 1966): Wally Waller, Skip Alan, John Povey, Twink, Gordon Edwards, Peter Tolson, Stuart Brooks, Victor Unitt, Jack Green, Joe Shaw und viele andere.

Aktuelle Besetzung (2005): Phil May (Gesang), Dick Taylor (Lead- und Rhythmusgitarre), Wally Waller (Bass, Gitarre, Gesang), John Povey (Keyboards, Gesang), Skip Alan (Schlagzeug, Gesang), Frank Holland (Lead- und Rhythmusgitarre, Gesang)

Literatur

Weblinks


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