Terzaghi

Terzaghi
Karl von Terzaghi im Alter von 43 Jahren

Karl von Terzaghi (Karl Anton Terzaghi Edler von Pontenuovo)[1] (* 2. Oktober 1883 in Prag; † 25. Oktober 1963 in Winchester (Massachusetts)) gilt als der Begründer der modernen, wissenschaftlichen Bodenmechanik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Terzaghi gehörte einer alten österreichischen Familie mit langer militärischer Tradition an. Sein Vater war Oberstleutnant in der k.u.k-Armee und Terzaghi wuchs nach dessen Pensionierung in Graz auf, besuchte aber ab dem Alter von 10 Jahren verschiedene militärisch ausgerichtete Gymnasien in Ungarn, Mähren, Wien und Graz. Er studierte in Graz Maschinenbau, gefolgt von Bauingenieurwesen und Geologie (u.a. beim Wasserbau-Spezialisten Forchheimer), unterbrochen durch den einjährigen Wehrdienst 1905. Nach dem Abschluss als Diplom-Ingenieur 1904 arbeitete er 1906 als Ingenieur zunächst bei der Wiener Baufirma von Adolph Freiherr von Pittel, die sich gerade auf dem damals neuen Feld der Wasserkraftwerke spezialierte. Ihm oblag sowohl der Entwurf von Stahlbetonkonstruktionen, als auch die Bearbeitung von Gründungsproblemen und die Bauleitung. Unter anderem arbeitete er in Kroatien (Dammprojekt für Wasserkraftwerk) und St. Petersburg, woraus 1911 seine Dissertation über die Berechnung kreisförmiger Tankböden erwuchs. 1912 besuchte er zahlreiche Dammbauprojekte in den USA. Im Ersten Weltkrieg führte er als Oberleutnant ein Pionierkorps auf dem serbischen Kriegsschauplatz und arbeitete später mit von Mises und von Karman an der Erweiterung des Militärflugplatzes in Aspern. Noch während des Krieges wurde er auf Empfehlung von Forchheimer 1916 Professor an der Königlichen Ottomanischen Universität (heute Istanbul Technical University, ITU) in Istanbul, wo er in einem selbst errichteten Labor seine Forschungen zur Bodenmechanik begann (eine Arbeit über den Erddruck auf Stützwände wurde schon 1919 ins Englische übersetzt). 1919 setzte er seine Arbeit am Robert College (heute Bogazici University) in Istanbul fort, wo er mit teilweise neu erfundenen Messapparaten u.a. die Konsolidierung von bindigen Böden erforschte und seine Theorie der effektiven Bodenspannung erforschte, die tatsächlich (wie der Titel seines berühmten Buches von 1924 ausdrückte) die Bodenmechanik auf eine physikalische Grundlage stellte. Das Buch trug ihm 1925 eine Professur am MIT in den USA ein, wo er ebenfalls aus dem Nichts ein neues Labor erschuf, in einer Reihe von Artikeln in den Engineering News Records seine neuen, anfangs noch umstrittenen Theorien bekannt machte und seine Karriere als beratender Bodenmechaniker startete.

Von 1929 bis 1938 lehrte er an der Technischen Hochschule in Wien, die in dieser Zeit zu einem internationalen Zentrum der Bodenmechanik wurde. Ab 1933 war er in einen öffentlich ausgetragenen, wissenschaftlichen Streit mit seinem Wiener Professorenkollegen Paul Fillunger verwickelt. Fillunger hatte eine eigene Theorie effektiver Spannungen in porösen Medien entwickelt und kritisierte Terzaghis Konsolidierungstheorie in sehr polemischer Weise. Die Meinungsverschiedenheiten eskalierten so stark, dass auf Bitte von Terzaghi an der TH Wien ein Disziplinarverfahren gegen Fillunger eingeleitet wurde. Als die Gefahr der Entlassung drohte, nahm sich Paul Fillunger zusammen mit seiner Frau am 6. März 1937 das Leben.[1]

1935 kam es bei der beratenden Tätigkeit für die Organisation Todt zum Streit über Gründungsprobleme für die Großbauvorhaben der NSDAP in Nürnberg, die auch zu Diskussionen mit dem an seinen Bauvorhaben stets sehr interessierten Adolf Hitler selbst führten. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich im März 1938 emigrierte er nach mehreren Gastvorlesungsaufenthalten endgültig in die USA und setzte seine Tätigkeit an der Harvard University in Boston fort. 1943 wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. In den 1940er Jahren war er u.a. beratend am Bau der Chicagoer U-Bahn und den Hafenanlagen von Newport News in Virginia beteiligt. 1953 wurde er emeritiert, hielt aber weiter Gastvorlesungen und setzte seine umfangreiche Tätigkeit als beratender Ingenieur insbesondere bei Dammprojekten fort. 1954 bis 1959 war er der führende Berater für den Bau des Assuan-Staudamms, was wegen Meinungsverschiedenheiten mit den russischen Ingenieuren endete. Besonders viele Dammprojekte für Wasserkraftwerke betreute er in British-Columbia im Westen Kanadas, wo heute ein Damm im Bridge River Power Project nach ihm benannt ist.

Verheiratet war er mit der amerikanischen Geologin Ruth D. Terzaghi.

Wissenschaftliche Leistungen

Er begründete mit seinen Theorien und Experimenten zur Bodenkonsolidierung, zum Erddruck, zur Tragfähigkeit und zur Stabilität des Bodens die moderne Bodenmechanik als selbstständige Ingenieurwissenschaft, was ihm vielfach den Ehrentitel Vater der Bodenmechanik eintrug. Seine Publikationen wurden zu einschlägigen Standardwerken. Unter anderem entwickelte er eine Filterregel für die Durchsickerung von Böden und das Konzept der effektiven Spannung.

Ehrungen

Terzaghi erhielt viermal die "Norman-Medaille" der ASCE (American Society of Civil Engineers) (1930, 1943, 1946 und 1955). Außerdem erhielt er neun Ehrendoktortitel von Universitäten aus acht Ländern, unter anderem:

Der seit 1960 vergebene Terzaghi Preis der ASCE gilt als die höchste Auszeichnung der Bodenmechanik (die zugehörigen „Terzaghi Lectures“ der Preisträger werden regelmäßig in der Zeitschrift Geotechnique veröffentlicht).

Werke

  • Erdbaumechanik auf bodenphysikalischer Grundlage, Wien 1925
  • Large Retaining Wall Tests, Engineering News Record, 1934
  • mit Jelinek Theoretische Bodenmechanik, Springer 1954, (englisch Theoretical Soil Mechanics, New York, Wiley 1943)
  • mit Ralph Peck Bodenmechanik in der Baupraxis, Springer 1951 (zuerst englisch 1948, 3.Auflage mit Mesri Soil mechanics in engineering praxis, Wiley 1996)
  • Skempton, Casagrande, Bjerrum (Hrsg) From theory to praxis in soil mechanics- selections, 1960 (mit Biographie von Casagrande und Reprints von Terzaghi wie Experiences as a consultant)

Literatur

  • R.Goodman: Karl Terzaghi- the engineer as artist, ASCE Press 1999
  • 100 Jahre Terzaghi, Geotechnik 1983, Heft 4, S.157
  • R. de Boer: Theorie poröser Medien, Historische Entwicklung und gegenwärtiger Stand, Forschungsberichte aus dem Fachbereich Bauwesen der Universität - Gesamthochschule Essen, Heft 53, 1991

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Reint de Boer:Von Leonardos Weinstock zu Hightechanwendung. In:Essener Unikate 23/2004

Weblinks


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