Terre des Femmes

Terre des Femmes

Terre des Femmes e.V. ist ein 1981 in Hamburg gegründeter gemeinnütziger Verein, der sich für ein selbstbestimmtes und freies Leben von Frauen und Mädchen weltweit einsetzt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Informationen

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes arbeitet gegen Misshandlung und Diskriminierung von Frauen und Mädchen. Durch öffentlichkeitswirksame Aktionen, Publikationen, Veranstaltungen, Jahreskampagnen und Lobbyarbeit werden Öffentlichkeit und Politik für geschlechtsbedingte Gewalt und Diskriminierung sensibilisiert. Terre des Femmes erstrebt zudem eine internationale Vernetzung mit anderen Frauenrechtsorganisationen und unterstützt einzelne Frauen (Einzelfallhilfe) und fördert einzelne Projekte.

Die Arbeit des Vereins finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Im Herbst 2004 wurde eine Förderstiftung für den Verein gegründet, um eine langfristige Finanzierung zu gewährleisten und sich von schwankenden Spendenphasen unabhängig zu machen.

Die Bundesgeschäftsstelle des Vereins befindet sich seit Juni 2011 in Berlin; in Tübingen befindet sich eine Zweitstelle. Seit November 2003 existiert Terre des Femmes auch in der Schweiz mit Sitz in Bern.

Referate wurden für die Themenkomplexe Kampf gegen die Weibliche Genitalverstümmelung, Gewalt im Namen der Ehre (Zwangsheirat, Ehrenmord), Frauenhandel und Zwangsprostitution, Häusliche Gewalt und die Sicherung sozialer Rechte für Textilarbeiterinnen eingerichtet. Diese Tätigkeitsschwerpunkte finden in verschiedenen Aktivitäten Niederschlag. So beteiligt sich der Verein seit November 2004 an einer EU-weiten Kampagne gegen Verbrechen an Frauen im Namen der Ehre. Von 2006 bis 2008 wurde eine weitere Kampagne gegen Häusliche Gewalt gestartet und die so genannte Workplace Policy in Deutschland eingeführt. Im Jahr 2010 wurde die Kampagne gegen die weibliche Genitalverstümmelung, "Kein Schnitt ins Leben", ins Leben gerufen.

Entstehungsgeschichte

Ein Artikel in der Zeitschrift Brigitte über Schicksale von Frauen im Nahen Osten veranlasste einige Frauen in Hamburg, aktiv zu werden. Der Brigitte-Artikel basierte auf einer Dokumentation mit dem Titel Princesses mortes, die von der Schweizer Menschenrechtsorganisation Sentinelles herausgegeben wurde. Bei einem Besuch der in Lausanne ansässigen Organisation wurde die Idee geboren, einen eigenen Verein zu gründen. Unter dem Namen Terre des Femmes (Erde der Frauen) mit dem Untertitel Menschenrechte für die Frau erfolgte im Juli 1981 der Eintrag in das Vereinsregister der Stadt Hamburg. Im gleichen Jahr wurde in Österreich Amnesty for Women gegründet.

Terre des Femmes wurde die Gemeinnützigkeit zugesprochen. Die Dokumentation Princesses mortes wurde später von Terre des Femmes übersetzt und erschien 1987 als erste Publikation mit dem Titel Tod als Ehrensache. Sie ist heute noch erhältlich.

Organisatorisch bestand die Vereinigung bis 1990 aus einem Vorstand und aktiven Städtegruppen, die ehrenamtlich arbeiteten. 1990 gelang es, in Tübingen eine vom Arbeitsamt finanzierte Stelle einzurichten. Hiermit wurde der Grundstein für den Aufbau einer Bundesgeschäftsstelle mit weiteren hauptamtlichen Kräften gelegt.

Arbeitsweise

Basis des Engagements

Gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 haben Frauen und Mädchen das Recht, selbstbestimmt, frei und in Würde zu leben. Terre des Femmes tritt für die Durchsetzung dieser Menschenrechte ein.

Vernetzung

Terre des Femmes ist mit anderen Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene vernetzt. Mitgliedschaften wurden in zahlreichen Organisationen begründet, darunter im Forum Menschenrechte, einem Netzwerk von mehr als 40 Nichtregierungsorganisationen in Deutschland, und in der Kampagne für Saubere Kleidung. In zahlreichen Städten Deutschlands bildeten sich Städtegruppen. Die Mitglieder arbeiten auf ehrenamtlicher Basis. In Zusammenarbeit mit der Bundesgeschäftsstelle informieren die Gruppen die Öffentlichkeit über Ausbeutung, Misshandlung und Verfolgung von Frauen. Terre des Femmes gibt viermal jährlich die Zeitschrift Menschenrechte für die Frau heraus, die über aktuelle Menschenrechtsverletzungen an Frauen weltweit berichtet.

Seit November 2004 ist der Verein in die EU-weite Kampagne gegen Verbrechen an Frauen im Namen der Ehre integriert.

Regelmäßige Aktivitäten

Jährlich am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, findet eine Fahnenaktion mit dem Motto „Nein zu Gewalt an Frauen“ statt und bildet gleichzeitig den Auftakt zu einer neuen Schwerpunktkampagne. Im November 2004 wurde der Themenkreis: "Nein zu Verbrechen im Rahmen der Ehre" angestoßen. Ebenfalls zum 25. November startet in Tübingen jährlich das einwöchige Filmfest FrauenWelten. In Leipzig, Bielefeld, Stuttgart, Konstanz und Wien werden im Januar und zum 8. März ebenfalls Filmtage FrauenWelten ausgerichtet.

Aufklärungsarbeit

Terre des Femmes erarbeitet Präventionsmaterial für Schulen und Jugendhäuser. Unter anderem hat die Organisation im Rahmen der Kampagne „Stoppt Zwangsheirat“ ein Plakat mit dem Titel Wer entscheidet wen du heiratest? verteilt. Eine dazugehörige Unterrichtsmappe bietet Lehrern und Mitarbeitern in Jugendhäusern Hintergrundinformationen zu diesem Thema.

Einzelfallhilfe

Um das Leben einzelner Frauen zu retten oder zu verbessern, werden u.a. Protestbriefe an Regierungen, Behörden und verantwortliche Personen verschickt.

Internationale Frauenhilfsprojekte

Terre des Femmes unterstützt fünf Selbsthilfeprojekte von Frauen im Ausland: In Sierra Leone und Burkina Faso unterstützt Terre des Femmes die Arbeit von lokalen Initiativen gegen die weibliche Genitalverstümmelung. In Weißrussland bemüht man sich um den Erhalt einer Beratungsstelle gegen Frauenhandel. Außerdem unterstützt Terre des Femmes die Laqija Womens Association, die sich für die Rechte und die Selbstbestimmung beduinischer Frauen in der Negev-Wüste in Israel einsetzt, und ein Gewalt-Präventionsprojekt in Indien.

Ziele

Schwerpunktthema weibliche Genitalverstümmelung

Im Jahr 2005 organisierte Terre des Femmes in Zusammenarbeit mit UNICEF und dem Berufsverband der Frauenärzte (BVF) eine Umfrage zur Situation beschnittener Mädchen und Frauen in Deutschland. Hierzu wurde der Verbandszeitschrift „Frauenarzt“ in der Ausgabe vom Januar 2005 ein Fragebogen beigelegt und zur Beteiligung aufgerufen. Bis zum 18. März 2005 gingen in der Geschäftsstelle des BVF insgesamt 493 Antworten (dies entspricht einer Rücklaufquote von 3,73 Prozent) ein. Geklärt werden sollte, inwieweit GynäkologInnen zum Thema informiert sind und damit bereits in ihrer Berufspraxis konfrontiert worden sind. Als Schlussfolgerung aus dem Ergebnis der Umfrage wurden drei Maßnahmen empfohlen: die Erarbeitung offizieller Richtlinien für die Behandlung und Beratung von beschnittenen Frauen und Mädchen, die Aufnahme des Themas „weibliche Genitalbeschneidung“ als festen Bestandteil in die medizinischen Ausbildung in Deutschland sowie die Bereitstellung mehrsprachigen Informationsmaterials für Praxen von Frauen- und KinderärztInnen. Die Auswertung dieser Umfrage wurde in der Publikation Schnitte in Körper und Seele veröffentlicht und um Reportagen und Berichte - auch von betroffenen Frauen- sowie Stellungnahmen von Fachleuten ergänzt[1].

Ebenfalls im Jahr 2005 gab der Terre des Femmes im Auftrag der EU-Parlamentarierin Feleknas Uca eine Veröffentlichung mit dem Titel „Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM = Female Genital Mutilation)“[2] heraus. Die Auftragsstudie besteht aus vier Teilen. Der erste Teil behandelt u.a. die physischen und psychischen Folgen des Eingriffs für Betroffene. Ein Abschnitt zu medizinischen Hilfsmöglichkeiten für Betroffene sowie Bereitstellung von Hintergrundwissen und Empfehlungen für medizinisches Fachpersonal im Umgang mit Betroffenen schließt sich an. Der zweite Teil geht auf soziologische, kulturelle und ökonomische Aspekte der FGM ein. Der dritte und vierte Teil befassen sich mit verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und erörtern Lösungsansätze, wie FGM verhindert werden kann.[3]

Im Jahr 2008 organisierte der Verein eine Ausstellung unter dem Titel „Sie versprachen mir ein herrliches Fest...“, die die Konzeption der „Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung“ von 2005 aufgriff und um Portraits und Zitate von Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten und Betroffenen erweiterte. Die Ausstellung sollte unter anderem einen Beitrag dazu leisten, Betroffene nicht ausschließlich als Opfer, sondern vielmehr als [4]Überlebende wahrzunehmen.[5] Gefördert wurde die Ausstellung von der InWEnt gGmbH aus Mitteln des BMZ sowie vom Katholischen Fonds.[5]

2006 initiierte Terre des Femmes eine weltweite Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung, für die Informationsmaterial in vielen Sprachen zur Verfügung gestellt wurde.

Schwerpunktthema Verbrechen an Frauen im Namen der Ehre

Seit November 2004 ist der Verein in die EU-weite Kampagne gegen Verbrechen an Frauen im Namen der Ehre integriert.

Schwerpunktthema Zwangsprostitution und Frauenhandel

Zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 führte die Organisation eine Kampagne gegen Zwangsprostitution durch.

Sonstige Stellungnahmen

Am 30. Mai 2011 kommentierte Terres des Femmes den Freispruch im Strafverfahren gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann wegen des Verdachts der besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Terre des Femmes vertrat den Standpunkt, dass der Medienrummel um diesen Prozess, die lautstarken Vorverurteilungen auch einiger Frauen und die gut bezahlte Verteidigung des Prominenten auf jeden Fall dafür gesorgt hätten, dass Frauen, die vergewaltigt wurden, sich in Zukunft noch stärker überlegen würden, ob sie sich einem Strafverfahren aussetzen sollten.[6]

Ehrungen

  • Im Februar 2004 wurde Terre des Femmes vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ im Zusammenhang mit dem bundesweiten Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ mit einem Preis ausgezeichnet. Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium des Innern, Ute Vogt, übernahm die Laudatio. Der Preis wurde für die Kampagne: „Stoppt Zwangsheirat“ vergeben, insbesondere auch für die Entwicklung ausführlichen Unterrichtmaterials zur Thematik[7].
  • Am 20. Februar 2009 erhielt Terre des Femmes für die bundesweite Kampagne "Gewalt gegen Frauen ist Alltag" den M Berlin Marketing Award 2009 in Gold[8].

Mitgliedschaft

Der Verein ist Mitglied im

  • Forum Menschenrechte
  • Bundesverband Deutscher Stiftungen,
  • CCC - Kampagne für saubere Kleidung,
  • ECPAT Deutschland (Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung),
  • European Children's Network,
  • European Women's Lobby,
  • i.d.a. e.V. (Dachverband deutschsprachiger Lesben-/Frauenarchive und -bibliotheken) und
  • INTEGRA – Deutsches Netzwerk zur Überwindung weiblicher Genitalverstümmelung
  • KOK e.V. (Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt im Migrantionsprozess).

Einzelnachweise

  1. Schnitte in Körper und Seele - Eine Umfrage zur Situation beschnittener Mädchen und Frauen in Deutschland
  2. Franziska Gruber, Katrin Kulik, Ute Binder (Terre des Femmes 2005): Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung (FGM = Female Genital Mutilation), Tübingen 2005 („EU-Studie“ im Auftrag von Feleknas Uca, MdEP), Volltext
  3. Humanrights.ch: Besprechung der Studie von Terre des Femmes zu FGM (inkl. Link zur Studie)
  4. Überlebende als Begriff der Traumatherapie in der Auseinandersetzung mit der Opferrolle
  5. a b Terre des Femmes: Ausführliche Dokumentation zur Ausstellung: Sie versprachen mir ein herrliches Fest...
  6. TERRE DES FEMMES: Stellungnahme zum "Kachelmann-Prozess": Die Macht der (prominenten) Männer, 30. Mai 2011.
  7. information zur Preisverleihung im Schwäbischen Tagblatt
  8. [http://www.aviva-berlin.de/aviva/content_Public%20Affairs.php?id=1424822 Information zur Preisverleihung bei Aviva

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Terre des femmes — e.V. ist ein in Hamburg gegründeter gemeinnütziger Verein, der sich für ein selbstbestimmtes und freies Leben von Frauen und Mädchen weltweit einsetzt. Ziel ist ein partnerschaftliches und gleichberechtigtes Geschlechterverhältnis. Die… …   Deutsch Wikipedia

  • Terre des hommes (association) — Pour les articles homonymes, voir Terre des hommes (homonymie). Terre des hommes aide à l enfance …   Wikipédia en Français

  • Terre des Hommes (association) — 46°34′23″N 6°37′47″E / 46.57306, 6.62972 …   Wikipédia en Français

  • Terre des Angles — Angleterre Pour les articles homonymes, voir England. Angleterre England (en) …   Wikipédia en Français

  • Âme des femmes — Légende du Concile de Mâcon Selon une légende vivace, des évêques auraient discuté fort sérieusement de l existence de l âme des femmes lors d un concile. Pour les uns, la question aurait été évoquée lors du concile de Trente (1545), pour d… …   Wikipédia en Français

  • Catalogue Des Femmes — Ariane, une des femmes évoquées dans le Catalogue (fragment 76) Le Catalogue des femmes (en grec ancien γυναικῶν κατάλογος / gynaikỗn katálogos) est un poème épique partiellement …   Wikipédia en Français

  • Catalogue des femmes — Ariane, une des femmes évoquées dans le Catalogue (fragment 76) Le Catalogue des femmes (en grec ancien γυναικῶν κατάλογος / gynaikỗn katálogos) est un poème épique partiellement perdu de la Grèce antique. Il …   Wikipédia en Français

  • Fédération internationale Terre des Hommes — Terre des Hommes (association) Pour les articles homonymes, voir Terre des hommes (homonymie). Terre des hommes aide à l enfance …   Wikipédia en Français

  • International Federation Terre des Hommes — Terre des Hommes (association) Pour les articles homonymes, voir Terre des hommes (homonymie). Terre des hommes aide à l enfance …   Wikipédia en Français

  • Place des femmes en Grece antique — Place des femmes en Grèce antique Femme filant, détail d une œnochoé attique à fond blanc du Peintre de Brygos, vers 490 av. J. C., British Museum Dans les épopées homériques déjà, la Grèce antique s’affirme comme une société patriarcale. Au …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”