Tempel des Bramante

Tempel des Bramante
Frontalansicht des Tempietto

Der Tempietto di Bramante (wörtlich ‚Tempelchen Bramantes‘) ist eine Renaissancekapelle in Rom, deren Architektur dem antiken Typ des Tholos-Tempels nachempfunden ist. Er gilt als „das Musterbeispiel der Hochrenaissance-Architektur schlechthin“[1].

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Kapelle liegt im Innenhof des Franziskaner-Klosters an der Kirche San Pietro in Montorio, diese selbst liegt im XIII. römischen Rione Trastevere, an der gleichnamigen Piazza di San Pietro in Montorio etwa 400 Meter östlich der Porta Aurelia. Seinen Namen hat er von seinem Erbauer Donato Bramante.

Baugeschichte

Nach der Legende wurde der Tempietto an der Stelle errichtet, an der das Kreuz Petri gestanden haben soll. Bramante kam 1499 aus der Lombardei nach Rom. Die genauen Daten der Errichtung des Baus sind umstritten.[2] Genannt werden zwischen 1499 und 1502,[3] das Jahr 1502 selbst[4] sowie ein Zeitraum nach 1504[5]. Die Auftraggeber waren das spanische Königspaar Ferdinand und Isabella. Entsprechend dieser Tradition wurde auch die Restaurierung des Tempietto zum Heiligen Jahr vom spanischen Staat bezahlt. Der restaurierte Bau wurde im Mai 1999 von König Juan Carlos eingeweiht.[6]

Grundstruktur

Grundriss des Tempels

Der Bau ist der erste runde Peripteraltempel der Architekturgeschichte seit der Antike. Er ist als mit einer Kuppel überwölbter Zentralbau angelegt. Entscheidend für das Verständnis dieses Bauwerks ist, dass es nicht auf die (in der römischen und christlichen Tradition stehende) Ausgestaltung des Innenraumes ankommt, sondern auf die griechische Tempeltradition des plastischen Außenbaus.[7] Bramante griff die in Rom zu dieser Zeit bewunderte Welt der griechischen Antike auf und formte das Bauwerk nach diesen Idealen. So entstand ein neuer Typus eines Memorialbauwerks.[8]

Äußeres

Detail des Frieses
Ursprünglich geplanter Grundriss der Anlage

Der Tempel ist kreisrund angelegt, drei Stufen führen auf das Podest. Dort tragen 16 Säulen nach dorischer Ordnung das entsprechend mit einem Fries aus Metopen und Triglyphen verzierte Gebälk. Darüber wurde eine Balustrade errichtet; das (nicht der antiken Architektur entsprechende) lichtgebende Obergeschoss tritt dahinter zurück. Die Außenseite des Geschosses selbst ist abwechselnd mit rechteckigen und muschelüberwölbten Nischen verziert, vier Fenster durchbrechen die Reihenfolge. Über dem Gesims schließlich erhebt sich die Kuppel, sie ist von einer barocken Laterne gekrönt.

Bramante hatte geplant, den Tempel mit einem Außenhof zu umgeben; dort sollte durch einen Ring von freitragenden Säulen in einen rechteckigen Hof mit tiefen Nischen und vier Zugängen die Gliederung des Tempeläußeren fortgeführt werden.[9] Der Entwurf wurde jedoch nie ausgeführt, so dass der Tempel heute ein wenig „fremd und beengt“[10] im Innenhof des Klosters steht.

Inneres

Im runden, fast durchgehend weiß ausgestalteten Inneren wechseln sich über den Fenstern angebrachte Rundnischen, in die Figuren eingestellt sind, mit Pilastern ab. Oberhalb des Gesimses durchbrechen vier Fenster den Kuppeltambour. Die Pilaster zwischen den Nischen übernehmen die Grundstruktur der Pilaster des Erdgeschosses. Die Kuppel selbst ist hellblau ausgemalt und führt die Architektur der unteren Geschosse bis zur Kuppelspitze fort. Das Innere enthält noch einen Altar mit einer Figur des Hl. Petrus, der Fußboden ist mit Marmorintarsien in Anlehnung an Kosmatenarbeiten geschmückt.

Nachwirkungen

Der Bau wurde u. a. Vorbild für das von Nicholas Hawksmoor errichtete Mausoleum der Familie Howard im Park des Castle Howard in North Yorkshire/England.[11]

Einzelnachweise

  1. Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium, S. 260.
  2. Bussagli (Hrsg.): Rom - Kunst & Architektur, S. 402.
  3. Wiesel: Rom. Ein Kunst- und Reiseführer, S. 191.
  4. Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium, S. 259.
  5. Bussagli (Hrsg.): Rom - Kunst & Architektur, S. 402.
  6. Corriere della Sera 26. Mai 1999.
  7. Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium, S. 259.
  8. Bussagli (Hrsg.): Rom - Kunst & Architektur, S. 402.
  9. Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium, S. 261.
  10. Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium, S. 261.
  11. Tomann (Red.): Die Kunst des Barock: Architektur, Skulptur, Malerei, S. 171.

Literatur

  • Marco Bussagli (Hrsg.): Rom - Kunst & Architektur. Könemann, Köln 1999, ISBN 3-8290-2258-1.
  • Rolf Tomann (Red.): Die Kunst des Barock: Architektur, Skulptur, Malerei. Könemann, Köln 1997, ISBN 3-89508-991-5.
  • J. M. Wiesel: Rom. Ein Kunst- und Reiseführer. 4. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart 1966.
  • Manfred Wundram (Hrsg.): Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium. Reclam, Stuttgart 1981, ISBN 3-15-008679-5.

Weblinks

41.8887512.4664166666677Koordinaten: 41° 53′ 19,5″ N, 12° 27′ 59,1″ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tempietto di Bramante — Frontalansicht des Tempietto Der Tempietto di Bramante (wörtlich ‚Tempelchen Bramantes‘) ist eine Renaissancekapelle in Rom, deren Architektur dem antiken Typ des Tholos Tempels nachempfunden ist. Er gilt als „das Musterbeispiel der… …   Deutsch Wikipedia

  • Cortile di Bramante — Basisdaten Patrozinium: Hl. Maria Weihetag: Kardinalpriester: Francisco Javier Errázuriz Ossa Anschrift: Vicolo della Pace 00186 Roma …   Deutsch Wikipedia

  • Stanzen des Raphael — Die Stanzen des Raffael (von ital. stanza für Zimmer) sind Gemächer im Apostolischen Palast, die von Raffael und seiner Schule ausgemalt wurden. Papst Leo X. Ursprünglich von Julius II. (1503 1513) ab 1508 für seine Gemächer im zweiten Stock des… …   Deutsch Wikipedia

  • Vermählung Mariä (Raffael) — Vermählung Mariä Raffael, 1504 Öl auf Holz, 170 cm × 117 cm Pinacoteca di Brera, Mailand Die Vermählung Mariä ist ei …   Deutsch Wikipedia

  • Rom [2] — Rom (n. Geogr.), 1) Legation R. u. Comarca im Kirchenstaat, bildet einen Theil der Campagna di Roma, grenzt an die Delegationen Civita vecchia, Viterbo, Frosinone, die Legation Velletri, ans Mittelmeer u. Neapel; hat 82,45 geogr. QM. mit 326,500… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Architektūr — Architektūr, im weitern Sinne soviel wie Baukunst, d.h. die Kunst, alle Arten von Baulichkeiten nach Zweck und Bedürfnis auszuführen, im engern Sinne die Hochbaukunst, die sich mit der Errichtung und Einrichtung von Hochbauten beschäftigt… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Il Mausoleo di Adriano — Die Engelsburg bei Nacht von der Engelsbrücke aus Die Engelsburg (italienisch Castel Sant’Angelo oder Mausoleo di Adriano) in Rom wurde ursprünglich als Mausoleum für Kaiser Hadrian (76–138) und seine Nachfolger errichtet und später von… …   Deutsch Wikipedia

  • Mausoleum Hadriani — Die Engelsburg bei Nacht von der Engelsbrücke aus Die Engelsburg (italienisch Castel Sant’Angelo oder Mausoleo di Adriano) in Rom wurde ursprünglich als Mausoleum für Kaiser Hadrian (76–138) und seine Nachfolger errichtet und später von… …   Deutsch Wikipedia

  • Monte Cassino — Basisdaten Staat Italien Kirchenprovinz Immediat Abt Pietro Vittorelli OSB …   Deutsch Wikipedia

  • Baukunst — Baukunst, I. die Kunst, allerhand Werke zur Bewohnung, zu Versammlungen, zur Aufbewahrung, zur Communication etc. auf u. auszuführen. Ihre höchste Aufgabe hat die B. A) als B. im engeren Sinne (Hoch B.); dieselbe beschäftigt sich mit Bauwerken,… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”