Teamchef (Trainer)

Teamchef (Trainer)

Als Teamchef bezeichnet man im Sportbereich eine bestimmte Gruppe von Trainern.

Der Begriff wird als Anglizismus wahrgenommen, setzt sich jedoch aus dem englischen Team, für Mannschaft, und dem französischen Wort Chef zusammen. Der Ausdruck Teamchef ist praktisch nur in Deutschland und Österreich gebräuchlich und wird insbesondere in anglophonen und frankophonen Kulturen nicht verstanden.

Teamchef ist eine österreichische Wortschöpfung.

Inhaltsverzeichnis

Österreich

Hauptartikel: ÖFB-Teamchef

Vorgeschichte

Seit seiner Gründung im Jahre 1904 bis zum Anschluss Österreichs übten englische und schottische Berater einen ausdrücklich erwünschten Einfluß auf den Österreichischen Fußball-Bund aus. Dies führte neben der Übernahme von Organisationsstrukturen und sportlichen Konzepten auch zur Einführung von englischen Fachbegriffen mit leichten Eindeutschungen: z.B. linker und rechter Back für Verteidiger, linker, rechter und Centre Half für Mittelfeldspieler, Team für Mannschaft, Club für (Sport-) Verein, Manager für (Sport-) Funktionär oder Trainer für (Sport-) Ausbilder. Anders als es in verkürzenden Berichten oft dargestellt wird, wurde die nahezu allmächtige Stellung von Hugo Meisl und dessen zeitweiligem Vertreter Heinrich Retschury zwischen 1913 und 1938 nicht als Teamchef sondern als Verbandskapitän bezeichnet. Ansonsten waren Anglizismen aber ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Fußballjargons.

Während und nach dem Krieg verschwanden einige Anglizismen, wie Half und Back, andere, wie Manager oder Trainer, erhielten eine andere Bedeutung.

ÖFB-Teamchef

Noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Neugründung des ÖFBs vorbereitet. Das starke Amt des Verbandskapitäns sollte jedoch geteilt werden und so benötigte man auch eine neue Amtsbezeichnung für den verantwortlichen Leiter der Nationalmannschaft. Da Team bereits ein geläufiger Begriff war, lag Teamchef nahe um anzuzeigen, daß sich die Zuständigkeit nur auf die Mannschaft und nicht auf den ganzen ÖFB bezieht. Erster Teamchef war Karl Zankl.

Wenn die Umstände nicht ausdrücklich eine andere Bedeutung nahelegen, bezeichnet (der/unser) Teamchef im österreichischen Deutsch immer den Cheftrainer der ÖFB-Auswahlmannschaft der Herren. In anderen Zusammenhängen bedarf der Ausdruck fast immer eines erklärenden Zusatzes, zumal die Inhaber ähnlicher Ämter in der Regel offiziell andere Titel tragen.

Mangels Notwendigkeit mußte die Frage nach einer weiblichen Wortform noch nicht beantwortet werden.

Deutschland

Als nach dem schwachen Auftritt und dem folgerichtigen Ausscheiden der DFB-Auswahl als Titelverteidiger nach der Vorrunde der Fußball-Europameisterschaft 1984 der Bundertrainer Jupp Derwall seinen Rücktritt erklärte, konnte die vakante Stelle zunächst nicht besetzt werden. Schließlich fand sich mit Franz Beckenbauer jemand, der jedoch ohne gültige Trainer-A-Lizenz und ohne abgeschlossenes sportpädagogisches Hochschulstudium nicht über die satzungsgemäßen Einstellungsvoraussetzungen verfügte. Um dieses formale Problem zu umgehen besetzte man das Amt des Bundestrainers mit dem satzungsgemäß qualifizierten Horst Köppel und schuf das dem Bundestrainer vorgesetzte Amt des Teamchefs, das mit Beckenbauer besetzt wurde.

Nach dem Rücktritt des vergleichsweise erfolglosen Bundestrainers Erich Ribbeck wurde 2000 ähnlich verfahren: Rudi Völler wurde Teamchef und Michael Skibbe sein untergebener Bundestrainer.

Im deutschen Fußball wird das Amt des Teamchef installiert, wenn der tatsächlich Verantwortliche für die DFB-Auswahl aus formalen Gründen nicht das Amt des Bundestrainers bekleiden kann. Ausschlaggebend ist zumeist die fehlende Trainerlizenz. Nach diesem Vorbild werden auch anderweitig Stellen als Teamchef eingerichtet. So wurde der in der Trainerausbildung stehende Markus Babbel 2008 Teamchef des VfB Stuttgart. Aus anderen Gründen werden manchmal die Bundestrainer Uwe Krupp (Einhockey) und Heiner Brand (Handball) als Teamchef bezeichnet. Hier möchte man durch Betonung von Team eine größere Volksnähe suggerieren, als dies mit dem als autoritär anmutenden Bundestrainer geglaubt wird.

Die Bundestrainer nach Franz Beckenbauer, denen kein Teamchef vorgesetzt war, werden manchmal als Bundestrainer und Teamchef bezeichnet. Da die Bezeichnung Teamchef jedoch einen formalen Mangel impliziert wird der Begriff oft als abwertend empfunden, insbesondere wenn kein Mangel vorliegt. Ein besonderer Eklat war ein ausgerechnet vom DFB herausgegebenes Buch „100 Jahre DFB“ [1] , in dem der unbeliebte, aktuelle Bundestrainer Erich Ribbeck als Teamchef geführt wird.

Tatsächlich wird der Begriff Teamchef im Deutschen mittlerweile jedoch unscharf und inflationär verwendet. Insbesondere Journalisten benutzen Teamchef als Synonym für Cheftrainer, Trainer, Mannschaftsleiter, Delegationsleiter und gelegentlich sogar für einen Mannschaftskapitän. Ebenso trifft man den Begriff als scheinanglizistisches Synonym für Vorarbeiter, Gruppenleiter, Abteilungsleiter oder Wachführer oder für den Sprecher einer informellen Gruppe.

Einzelnachweise

  1. DFB: 100 Jahre DFB. Die Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes, Sportverlag (1999), ISBN 3-328-00850-0

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