Tang Wei

Tang Wei
Tang Wei im Jahr 2008

Tang Wei (chinesisch 湯唯 / 汤唯 Tāng Wéi, * 7. Oktober 1979 in Hangzhou, Zhejiang) ist eine chinesische Schauspielerin. Einem breiten Publikum wurde sie durch die Hauptrolle in Ang Lees preisgekrönten Spielfilm Gefahr und Begierde (2007) bekannt, der ihr einen inoffiziellen Medienboykott in ihrem Heimatland einbrachte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tang wurde 1979 in Hangzhou, in der Nähe von Shanghai geboren.[1] Die Tochter einer Schauspielerin und eines Malers[2] besuchte die Pekinger Central Academy of Drama, wo so bekannte Mimen wie Gong Li oder Zhang Ziyi studiert hatten. Tang schloss ihre Ausbildung jedoch im Fachbereich Filmregie ab und gewann bereits 2001, während ihres Studiums, die Aufmerksamkeit des taiwanischen Drehbuchautoren und Gastdozenten Stan Lai, der sie mit seiner ehemaligen Schauspielschülerin Jacqueline Ng (Eat Drink Man Woman) verglich.[3][2] Als Schauspielerin erschien Tang in ihrer Heimat in Theaterstücken, Fernsehserien und Fernsehspielen.[4] Für ihre Leistung in dem Fernsehfilm Polizistin Yanzi wurde sie mit dem Preis des größten chinesischen Fernsehsenders, CCTV, als beste Darstellerin bedacht.[3]

Einem weltweiten Publikum wurde der Name der 1,72 m großen Schauspielerin im Sommer 2006 bekannt, als Ang Lee sie ihrer Vielseitigkeit wegen[5] für die weibliche Hauptrolle in seinem Thriller Gefahr und Begierde (Lust, Caution) verpflichtete, der zur Zeit der japanischen Besatzung Chinas im Jahr 1942 in Shanghai spielt. Tang setzte sich dabei gegen über 10.000 asiatische Aktricen, darunter ihre Landsfrau Zhou Xun und die Taiwanerin Shu Qi, durch.[6][2] In der Verfilmung einer Kurzgeschichte von Eileen Chang schlüpft sie für ihr Kinodebüt in die Rolle der jungen und idealistischen Studentin Wang Chia-Chih, die Zugang zu einer Zelle radikaler, gegen die japanische Besatzung kämpfender Kommilitonen findet und ihre weiblichen Reize einsetzen soll, um den mächtigen Polizeichef und Kollaborateur Yee (gespielt von Tony Leung Chiu Wai) zu töten.

Gefahr und Begierde feierte seine Premiere auf den 64. Filmfestspielen von Venedig, wo Kritiker vor allem die Leistungen der beiden Hauptdarsteller, die elegante und kühle Inszenierung Lees und die pornografisch anmutenden Liebesszenen heraushoben.[7][8][9] Tang wurde gemeinsam mit der australischen Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett (I’m Not There), der Britin Kierston Wareing (It's a Free World...) und der Französin Hafsia Herzi (Couscous mit Fisch) als Mitfavoritin auf die Coppa Volpi, den Preis für die beste Schauspielerin des Filmfestivals, gehandelt.[10][11] Zwar verlor sie den Darstellerpreis an Blanchett, doch Lees Film wurde mit dem Goldenen Löwen, dem Hauptpreis des Festivals, prämiert.[12] Wenige Monate später wurde sie unter anderem als Beste Hauptdarstellerin für die US-amerikanischen Independent Spirit Awards 2008 nominiert und gewann den nationalen Filmpreis Taiwans als beste Nachwuchsdarstellerin, den Golden Horse Award.

Obwohl Ang Lee den Film vor dem Kinostart in China um sieben Minuten kürzte, wurde Anfang März 2008 durch Medienberichte bekannt, dass die Karriere der Schauspielerin in China der staatlichen Zensur zum Opfer fällt. So sendete die staatliche chinesische Verwaltungsabteilung für Fernseh, Film und Radio (SARFT) ein Memo an Fernsehstationen und Printmedien, die anwies, nicht mehr über die Schauspielerin zu berichten und die Veröffentlichung einer über halbe Million Euro teuren Werbekampagne Tangs mit der Kosmetikfirma Pond einzustellen. Ferner wurde Tang von allen Preisverleihungen in China ausgeschlossen, Berichte über den Film und sie wurden in Online-Foren entfernt und ihr Name war über eine heimische Internet-Recherche via Google nicht mehr abrufbar. Der inoffizielle Medienboykott Tangs soll die Folge der freizügigen Aktszenen in Gefahr und Begierde gewesen sein, der Hauptgrund aber wird in ihrer Rolle in Lees unpatriotischem Film gesehen.[13][14][15]

Neben ihrer Karriere als Schauspielerin arbeitete Tang in der Vergangenheit als Model und gelangte 2004 bis ins Finale der chinesischen Vorausscheidung für den Miss-Universe-Wettbewerb in Peking. Auch verfasste sie Kurzgeschichten, Theaterstücke und betätigte sich als Theaterregisseurin.[2] Nach dem inoffiziellen chinesischen Medienboykott zog Tang nach Hongkong, wo sie 2008 ins Quality Migrant Admission Scheme aufgenommen wurde, ein Programm, das unter anderem so bekannte Künstler wie Zhang Ziyi, Lang Lang und Yundi Li gefördert hatte.[16] Erst 2009 bekleidete Tang wieder eine Filmrolle in der chinesischsprachigen Liebeskomödie Yut mun Hinneisi (2010) von Ho Ivy. In der Hongkonger Produktion schlüpfte sie gemeinsam mit dem Sänger Jacky Cheung in die Rollen von zwei Ladenbesitzern, die sich bei einem Blind Date kennenlernen. „Meine Figur ist voller komischer Persönlichkeit und ich möchte dem Publikum ein neues Gefühl von mir überbringen“, so Tang im Frühjahr 2009 kurz vor Beginn der Dreharbeiten.[16] 2010 war sie in Tae-Yong Kims in Seattle gedrehten Melodram Late Autumn als Gefängnisinsassin zu sehen, die nach dem Tod der Mutter kurzzeitig Hafturlaub erhält und sich in einen koreanischen Callboy (gespielt von Hyun Bin) verliebt.

Filmografie (Auswahl)

  • 2006: Silent Tears (女人不哭, Nüren bu ku, Fernsehserie)
  • 2007: Gefahr und Begierde (色,戒; Sè, Jiè)
  • 2010: Yut mun Hinneisi
  • 2010: Late Autumn

Auszeichnungen

Weblinks

 Commons: Tang Wei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. vgl. Kurzporträt bei worldfilm.about.com (englisch)
  2. a b c d vgl. Ong Sor Fern: New China Dolls. In: The Straits Times (Singapore), 16. September 2007
  3. a b vgl. Xinhua-Pressemeldung Ann Lee casts Tang Wei for „Lust, Caution“, 12. Juli 2006
  4. Wei, Tan Dawn: Caution: Lee Ang at work. In: The Straits Times (Singapore), 7. Februar 2007, LIFE!, LIFE MOVIES
  5. vgl. Goldstein, Gregg: Leung, Tang heeding Lee's 'Lust, Caution' bei hollywoodreporter.com
  6. vgl. Video-Interview mit Ang Lee bei movieweb.com (englisch)
  7. vgl. Höbel, Wolfgang: Grober Sex und geschliffene Dialoge bei Spiegel Online, 30. August 2007
  8. vgl. Vahabzadeh, Susan: Es geht zur Sache bei sueddeutsche.de, 1. September 2007
  9. vgl. Westphal, Anke: Männer im Krieg, Berliner Zeitung, 1. September 2007
  10. vgl. Koppold, Rupert: Gruppenbild mit Mörder. In: Stuttgarter Zeitung, 8. September 2007, Kultur, S. 33
  11. vgl. Suspense avant la remise du 64e Lion d'or à Venise, Kechiche grand favori (PAPIER GENERAL), Agence France-Presse, 8. September 2007
  12. Tseng, Douglas: Shorter version of Lust to be shown here. In: The Straits Times (Singapore), 26. September 2007, LIFE! – LIFE BUZZ
  13. vgl. Wei’s Chinese Media Ban bei contactmusic.com, 10. März 2008 (aufgerufen am 22. Juni 2008)
  14. Macartney, Jane: Tang Wei blacklisted for 'glorifying traitors' bei timesonline.co.uk, 11. März 2008 (aufgerufen am 22. Juni 2008)
  15. vgl. Nivelle, Pascale: Tang Wei, l'héroïne du thriller érotique "Lust, Caution", victime des censeurs chinois. In: Libération, 12. März 2008, S. 10
  16. a b vgl. Mak, Clara: Tang returns ... cautiously. In: South China Morning Post, 7. Februar 2009, S. 6

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