Tamerlano

Tamerlano

Tamerlano (HWV 18) ist eine Oper in drei Akten von Georg Friedrich Händel.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Das Libretto für die Oper wurde wie die von zahlreichen anderen Opern Händels in den 1720er Jahren von Nicola Francesco Haym geschrieben. Es basiert lose auf den Legenden um den osmanischen Sultan Bayezid I., der 1402 bei einer vernichtenden Schlacht in die Gefangenschaft des mongolischen Heerführers Timur Lenk (auch Tamerlan genannt) geriet und dort wahrscheinlich Selbstmord beging. Mit Andronico dürfte ein Sohn Manuels II. gemeint sein, der 1408 bis 1423 Fürst von Thessaloniki war.

Eine unmittelbare Vorlage war das Schauspiel Tamerlan ou La Mort de Bajazet (1675) von Nicolas Pradon, von Agostino Piovene zu einem äußerst erfolgreichen Libretto verarbeitet worden war. Dieses Libretto wurde erstmals 1711 von Francesco Gasparini in Venedig zur Aufführung gebracht. Danach wurde es, ob in der Urfassung oder in Überarbeitung, meist unter dem ursprünglichen Titel Tamerlano unter anderem vertont von

  • Francesco Gasparini - (24. Jan. 1711 Venedig, S. Cassiano) - revidiert als Bajazet (1719 Reggio Emilia, Pubblico); revidiert als Bajazette (1723 Venedig, S. Samuele, Fiera dell'Ascensione) Libretto Venedig 1723 online
  • (unbekannt) - (1719 Ancona, Teatro della Fenice) Libretto online
  • Fortunato Chelleri - (1720 Treviso)
  • Leonardo Leo- als Bajazete, imperador de'Turchi (bearbeitet von B. Saddumene, Pasticcio, zusammen mit Anonymus - 30. Aug. 1722 Neapel, Real Palazzo
  • Giovanni Antonio Giai - (28. Aug. 1727 Mailand, Teatro ducale)
  • Nicola Porpora - (Karneval 1730 Turin, Teatro Regio)
  • Giovanni de Porta als Il gran Tamerlano - (1730 Florenz, Teatro della Pergola)
  • Antonio Vivaldi - (Karneval 1735 Verona, Teatro Filarmonico) (von Vivaldi arrangiertes Pasticcio mit Arien auch von Hasse, Giacomelli, Porpora und Broschi) , erneut 1739 als Bajazet
  • Andrea Bernasconi - als Bajazet (Herbst 1742 Venedig; rev. 1754 München) Libretto Italienisch und Deutsch für München 1754 online
  • Egidio Romualdo Duni - als Bajazette o Tamerlano (Herbst 1743 Florenz, Pergola)
  • Giovanni Battista Lampugnani - als Il gran Tamerlano (20. Jan. 1746 Mailand)
  • Niccolò Jommelli - als Bajazette (1753 Turin) Libretto online
  • Gioacchino Cocchi und Giovanni Battista Pescetti - (Karneval 1754 Venedig, S. Samuele), 1. Akt von Cocchi, 2. Akt von Pescetti, 3. Akt von beiden
  • Giuseppe Sarti als Il gran Tamerlano (Karneval 1764 Kopenhagen, Kongelige Teater)
  • Giuseppe Scolari - 1764
  • Giuseppe Scarlatti - als Bajazet (Karneval 1765 Verona Accademia filarmonica)
  • Ferdinando (Gasparo) Bertoni - als Il Bajazetto (bearbeitet von Jacopo Antonio Sanvitale), (1765 Parma)
  • Pietro Alessandro Guglielmi - (Himmelfahrt 1765 Venedig, Teatro S. Salvatore)

sowie nach Myslivecek von

Händels Tamerlano beruht auf der Urfassung und der Fassung von 1719 des Librettos von Piovene und wurde von Nicolo Francesco Haym überarbeitet.

Händels Fassung wurde zwischen dem 3. und 23. Juli 1724 erstentworfen und danach noch mehrfach überarbeitet. Die Uraufführung fand am 30. Oktober 1724 im King's Theatre am Londoner Haymarket statt, kurz vor den jährlichen Aufführungen des Tamerlane betitelten Theaterstücks in der Drury Lane. In der ersten Saison kam Händels Tamerlano auf 12 Vorstellungen, was für eine Barockoper ziemlich erfolgreich war. Daraufhin wurde der Tamerlano schon ein Jahr später, 1725, und 1731 in London wiederaufgenommen. Schon im September 1725 kam Tamerlano auch in einer Bearbeitung von Telemann in Hamburg auf die Bühne.

Die erste moderne Wiederaufführung des Tamerlan in einer Bearbeitung durch A. Rudolf and H. Roth fand in Karlsruhe am 7. September 1924 statt. Seit den 1960ern wird Tamerlano immer wieder, seit den 1980ern regelmäßig an Opernhäusern in aller Welt sowie natürlich auch auf den Händelfestivals in Karlsruhe, Halle und Göttingen gespielt. Die grandiose Vorführung im historischen Goethe-Theater in Bad Lauchstädt im Rahmen der Halleschen Händelfestspiele 2001 wurde durch den MDR für das Fernsehen mitgeschnitten und ist auch auf DVD erhältlich. Die Besetzung dieser Einspielung:

  • Tamerlano: Monica Bacelli
  • Bajazet: Thomas Randle
  • Asteria: Elisabeth Norberg-Schulz
  • Andronicus: Graham Pushee
  • Irene: Anna Bonitatibus
  • Leone: Antonio Abete
  • Orchester: The English Concert
  • Musikalische Leitung: Trevor Pinnock
  • Inszenierung: Jonathan Miller
  • Kostüme: Judy Levin

Personen

Die Besetzung wurde bei der Uraufführung von folgenden Sängern gesungen:

  • Tamerlano, Kaiser der Tartaren: Andrea Pacini (Altkastrat)
  • Bajazet, Sultan der Türken und Gefangener Tamerlans: Francesco Borosini (Tenor)
  • Asteria, Bajazets Tochter: Francesca Cuzzoni (Sopran)
  • Andronico, griechischer Fürst und Verbündeter Tamerlans: Senesino (Altkastrat)
  • Irene, Prinzessin von Trapezunt und Verlobte Tamerlans: Anna Dotti (Alt)
  • Leone, Vertrauter Andronicos und Tamerlans: Giuseppe Maria Boschi (Bass)

Handlung

Die Handlung findet in Prusa in Bithynien statt, der ersten Stadt, die Tamerlan nach der Niederlage der Türken eroberte.

Erster Akt

Hof in Tamerlans Palast, wo Bayazet gefangengehalten wird. Auf Tamerlans Befehl wird Bajazet von Andronico aus seinem Gefängnis gelassen, damit er frei im Palast umhergehen kann. Er bittet Andronico um sein Schwert. Als Andronico ihm das verwehrt, entreißt er einer Wache den Dolch und versucht sich damit das Leben zu nehmen, wird aber von Andronico zurückgehalten, der ihn an Asteria erinnert. Bajazet schreckt zurück: er ginge stark und froh in den Tod, wenn er nicht an seine Tochter denken müsste („Forte e lieto a morte andrei“).

Tamerlan gibt Andronico seinen Thron zurück und will ihn nach Byzanz zurückschicken, doch Andronico möchte noch an seinem Hof verweilen. Tamerlan teilt ihm mit, dass er ein Auge auf Asteria geworfen habe und seine Verlobte Irene Andronico überlassen will. Er verlangt, dass Andronico ihm im Gegenzug bei Asterias Vater um dessen Einwilligung werbe. Wenn sein Feind seinen Zorn zähme und seinen Gram lindere, wolle er ihm Frieden geben („Vo' dar pace a un alma altiera“).

Andronico ist verzweifelt: er selbst hat sich in Asteria verliebt und soll nun in Tamerlans Namen um sie werben! Er hofft, dass Asteria ihm verzeiht, wenn er seine Vasallenpflicht erfüllt („Bella Asteria, il tuo cor mi difenda“). Tamerlan kommt zu Asteria und legt ihr seine Pläne dar. Sie bleibt allein zurück und ist enttäuscht über die Treulosigkeit Andronicos („Se non mi vuol amar“).

Andronico trägt Bajazet Tamerlans Bitte um die Hand Asterias vor. Bajazet ist empört und fragt Asteria um ihre Meinung, sie schweigt aber. Als Andronico ihr Zögern bemerkt, muss er zugeben, dass er ihre Zustimmung zur Heirat gefürchtet habe. Bajazet schickt ihn mit seiner negativen Antwort zu Tamerlan zurück. Er fürchte den Tod nicht („Ciel e terra armi di sdegno“).

Andronico wundert sich über Asterias Schweigen. Ist sie ihm gegenüber verbittert, oder will sie sich dem Vater widersetzen? Sie verlangt lediglich von ihm, den Befehl ihres Vaters auszuführen und von ihr nichts zu erwarten. Wenn sie ihren Liebsten schon nicht bekommen kann, will sie wenigstens ihren Feind hassen können („Deh, lasciatemi il nemico“).

Vorhalle in Tamerlans Palast. Andronico nimmt Irene in Empfang und offenbart ihr Tamerlans neue Pläne. Sie ist erbost, woraufhin Andronico ihr vorschlägt, sich gegenüber Tamerlan als Botin Irenes auszugeben und ihn so zu bitten und ihm zu drohen. Irene willigt ein und nimmt sich vor, Tamerlan umzustimmen („Dal crudel che m'ha tradita“). Andronico bleibt allein zurück. Er beklagt sein Schicksal und schwört, dass er seiner Liebsten doch nie treulos werden kann („Benche me sprezzi“).

Zweiter Akt

Galerie, die zu Tamerlans Gemach führt. Tamerlan teilt Andronico mit, dass dessen Vermittlung offenbar erfolgreich war, denn Asteria habe in eine Heirat mit ihm eingewilligt. Andronico ist erstaunt. Tamerlan ist glücklich über seine eigene Liebe und die vermeintliche Liebe zwischen Andronico und Irene („Bella gara che faronno“).

Andronico trifft auf Asteria. Er ist verwundert über ihren Entschluss zur Heirat und kündigt an, ihr zu widersprechen und sich als Tamerlans Feind zu erklären. Sie wird zu Tamerlan gerufen und sagt zu Andronico, dass sein Klagen nichts mehr nütze („Non è più tempo“). Andronico bleibt verzweifelt zurück und beklagt, dass er keinen Frieden mit seiner Geliebten finden könne, weil das Schicksal gegen ihn sei („Cerco in vano di placare“).

Der Vorhang zum Gemach öffnet sich. Dort sitzt Asteria an der Seite Tamerlans. Irene tritt ein und gibt sich als Botin aus. Sie wirft Tamerlan seine Untreue vor. Er rechtfertigt sich damit, dass der Thron, den sie als Ersatz bekomme, nicht weniger wert sei. Tamerlan geht ab, und Asteria erklärt Irene rätselhaft, dass sie weder den Thron noch die Heirat mit Tamerlan anstrebe. Irene misstraut ihr, aber gleichzeitig schöpft sie Hoffnung („Par che mi nasce in seno“).

Bajazet erfährt von Andronico, dass Asteria in Tamerlans Gemach eingetreten sei. Er drängt Andronico, ihr gemeinsam nachzufolgen, um ihre Thronbesteigung zu verhindern. Er wolle mit seinem Leben bezahlen, um sie zur Umkehr zu bringen („A suoi piedi padre esangue“). Andronico sinnt über Asterias Falschheit und Tücke nach („Più d'una tigre altero“).

Thronsaal. Asteria soll an Tamerlans Seite den Thron besteigen. Ihr geheimnisvolles Verhalten klärt sich nun auf, denn sie hat vor, Tamerlan zu töten. Sie wird durch den erzürnt eintretenden Bajazet unterbrochen, der seiner Tochter Vorwürfe macht. Gerührt steigt Asteria wieder vom Thron herab und erklärt ihren gescheiterten Mordplan. Tamerlan schwört Rache, während Asteria und Bajazet freudig in den Tod gehen wollen („Ecco il cor“). Nacheinander gehen Bajazet („No, il tuo sdegno mi placò“), Andronico („No, che del tuo gran cor“) und Irene („No, che sei tanto costante“) ab. Asteria beschwört ihre eigene Treue gegenüber Vater und Liebhaber, ist sich aber ungewiss über das, was noch kommen wird („Cor di padre e cor d'amante“).

Dritter Akt

Hof im Serail, wo Bajazet und Asteria bewacht werden. Bajazet gibt Asteria Gift, damit sie es „tapfer gebrauche“. Wenn das Geschäft der Rache getan sei, wolle er ihr in die Unterwelt nachkommen („Su la sponda del pigro Lete“).

Tamerlan trägt Andronico erneut auf, Asteria auf den Thron zu bitten. Andronico offenbart sich nun als ungeeignet, da er selbst Asteria liebe. Asteria kommt hinzu und bestätigt ihre Liebe zu Andronico. Tamerlan sagt, dass Bajazet enthauptet und Asteria mit dem niedrigsten Sklaven vermählt werden solle. Bajazet kommt hinzu. Tamerlan beschließt nun, dass Bajazet und Asteria an seiner Tafel dienen sollen. Andronico ist erzürnt angesichts der Demütigung („A dispetto d'un volto ingrato“). Asteria und Andronico erklären sich angesichts des bevorstehenden Todes die Liebe („Vivo in te“).

Tamerlan fordert Asteria auf, ihm einen Becher zu reichen. Asteria schüttet das Gift hinein, wird dabei aber von Irene beobachtet, die sich daraufhin als Irene zu erkennen gibt und Tamerlan warnt. Asteria versucht selbst, das Gift zu trinken, wird aber von Andronico daran gehindert. Tamerlan will sie noch härter bestrafen. Bajazet droht ihm, dass sein Geist aus dem Totenreich zurückkehren werde, um gegen ihn zu kämpfen („Empio, per farti guerra“).

Bajazet geht ab und kehrt kurz darauf heiter und versöhnt zurück. Mit seinem Gift hat er selbst den Tod gewählt. In seinem Todeskampf ruft er die Furien an, ihn zu rächen („Oh sempre avversi Dei“). Asteria will ihrem Vater in den Tod folgen und verflucht den Tyrannen Tamerlan („Padre amato, in me riposa“).

Als auch Andronico erklärt, sich töten zu wollen, zeigt sich Tamerlan durch Bajazets Tod versöhnt. Asteria soll verziehen werden, und er will Irene heiraten. Mit Andronico besingt er die Rückkehr des Friedens und das Verschwinden des Hasses („Coronata di gigli e di rose“). Mit einem Schlusschor („D'atra notte già mirasi a scorno“) endet die Oper.

Literatur

Weblinks


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