Balkaren

Balkaren
Siedlungsgebiet der Balkaren

Die Balkaren (balkarisch Mалкъарла Malqarlar) sind eine turksprachige Ethnie des Kaukasus. Sie stehen unter starkem tscherkessischen Kultureinfluss[1] und sind eng mit den benachbarten Karatschaiern verwandt. Die Balkaren gehören zu den Turkvölkern. Ihre Sprache Balkarisch ist ein Dialekt des Karatschai-Balkarischen.

Inhaltsverzeichnis

Alternative Bezeichnungen

Die Volksgruppe der Balkaren bezeichnete sich selbst lange Zeit als Tavhlu, als „Bergbewohner“.[2] Bei den Russen und den Westeuropäern waren sie jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert als die „fünf Stämme der Berg-Tataren“ bekannt. Auch wurden die Balkaren fälschlicherweise nur mit den Namen „Tataren“ und „Muslime“ bezeichnet.

Namensherkunft

Die erste Erwähnung der Balkaren stammt von Ibn A. Kotiny aus dem vierten Jahrhundert sowie im lateinischen Werk "Anonymer Chronograph".[3] Die Bezeichnung für die Balkaren in der Form болхары (bolchary) ist in russischen Dokumenten seit dem 17. Jahrhundert bekannt.[4] Diese Bezeichnung könnte vom ur-bulgarischen Wort für gemischt abgeleitet sein oder von den antiken Baktrer, die die Region um Balch im heutigen Afghanistan besiedelten.

Artikel: Protobulgaren

Siedlungsgebiet

Die rund 78.300 Balkaren (1999) siedeln heute überwiegend in der zu Russland gehörenden autonomen Republik Kabardino-Balkarien und in den angrenzenden Gebieten.

Religion

Die Balkaren waren bis zum 18. Jahrhundert orthodoxe Christen. Ab dem 18. Jahrhundert traten sie zum sunnitischen Islam über.

Geschichte

Die Kaukasusregion wurde im 6. Jahrhundert durch Teile der Urbulgaren unterworfen und gehörte später zum Großbulgarischen Reich. Im 9. Jahrhundert siedelten Teile der Magyaren in dieser Region. Im 10. und 11. Jahrhundert gehörten weite Teile des Kaukasus zum Großseldschukischen Reich.

Zwischen den Jahren 1219 und 1223 wurde die Region mehrmals von den Mongolen überfallen. Die kaukasischen Bergstämme kämpften damals auf Seiten des georgischen Königs. Nach der mongolischen Eroberung gehörte der größte Teil des Kaukasus zum Reich der Goldenen Horde. Aber 1260 spaltete sich ein Teil der Tataren von der Goldenen Horde ab und bildete nun die Nogaier-Horde, die als autonom galt. Zahlreiche Kaukasier nahmen später die tatarische Sprache an und assimilierten ihrerseits die in der Region lebenden Mongolen.

In der Zeit zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert wurden die Balkaren durch die benachbarten Tscherkessen in das Gebirge abgedrängt. Die Balkaren gehörten zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert mehreren Herrschaftsgebieten an. So gehörten sie abwechselnd zum Osmanischen, Persischen und Russischen Reich.

Im 18. Jahrhundert wurden die Balkaren von den Tscherkessen unterworfen und wurden unter dem Einfluss der Nogaier und Krimtataren zum Islam bekehrt. 1827 wurden sie vom Russischen Reich unterworfen und lebten dort lange Zeit noch autonom.

Seit 1922 bildeten die Balkaren zusammen mit den Kabardinern ein gemeinsames autonomes Gebiet, dass 1936 zur ASSR aufgewertet wurde. Doch während des zweiten Weltkrieges warf man den Balkaren wie allen muslimischen Bevölkerungsgruppen des Kaukasus eine Kollaboration mit der Wehrmacht vor und so wurden die Balkaren 1943 auf Befehl Josef Stalins innerhalb weniger Stunden nach Zentralasien zwangsumgesiedelt.

Die Balkaren wurden zwar 1957 offiziell durch Chruschtschow rehabilitiert, durften aber erst 1967 in die alten Siedlungsgebiete zurückkehren.

Einzelnachweise

  1. Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung, S. 57
  2. Heinz-Gerhard Zimpel: ebenda
  3. Artikel in der Газета Республика Татарстан
  4. История карачаевцев и балкарцев; abgerufen am 18. November 2009.

Literatur

  • Heinz-Gerhard Zimpel: Lexikon der Weltbevölkerung. Geografie - Kultur - Gesellschaft, Nikol Verlagesgesellschaft mbH & Co. KG Hamburg 2000, ISBN 3-933203-84-8

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