Stuckateur

Stuckateur

Stuckateur, Stukkateur (offizielle Bezeichnung in Österreich, veraltet in Deutschland; italienisch-französisch) auch Gipser (alte Berufsbezeichnung in Süddeutschland, gängige Bezeichnung in der Schweiz), ist die Berufsbezeichnung für einen im Innenausbau und an Fassaden tätigen Bauhandwerker und den dazugehörigen Ausbildungsberuf.

Inhaltsverzeichnis

Berufsbild

Stuckateure verputzen Wände im Innen- und Außenbereich, stellen Leichtbauwände und Abgehängte Decken aus Gipskartonplatten (Trockenbau) und Rabitz her. Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld ist die Wärmedämmung von Gebäuden, zum Beispiel mit Wärmedämmverbundsystemen.

Namensgebend für den Beruf ist die Arbeit mit Stuck (plastische Ausformung von Mörteln oder Gips auf verputzten Flächen). Dieser Tätigkeitsbereich ist noch heute gefragt. Stuckateure renovieren, erzeugen und verarbeiten Stuck. Diese Arbeit erfordert eine gute Ausbildung, viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Stuckteile können sowohl in der Werkstatt vorgefertigt, als auch vor Ort auf der Baustelle erstellt werden. Je nach Einbauort am Gebäude wird zwischen Innen- und Außenstuck unterschieden. Die Verbindung klassischer Stucktechniken mit modernen Beschichtungstechniken und modernem Design bietet heute für jede Baumaßnahme geeignete Ausführungsmöglichkeiten.

Arbeitsmittel

Zu den Hauptarbeitsmitteln des Stuckateurs zählen: Glättkelle, Kelle, Stuckateureisen, Trapezlatte, Vorziehlatte, Blechschere, Wasserwaage, Senklot, Richtlatte und gegebenenfalls die Putzmaschine

Als Arbeitsstoffe zählen: Gips-, Kalk-, Kalk-Zement-, Zement- und Lehmputze. Unter anderem werden auch Gipskartonplatten, Estriche und Dämmungen verwendet.

Ausbildung

Deutschland

Die Ausbildung zum Stuckateur dauert drei Jahre im dualen Ausbildungssystem und endet mit der Gesellenprüfung. Der Praxisteil der Lehre erfolgt im Betrieb bzw. in überbetrieblichen Lehrgängen und der theoretische Teil an der Berufsschule. Die seit 1999 gültige Ausbildungsverordnung ermöglicht eine Ausbildung mit Anrechnungsmöglichkeit. So erlangt man den Berufsabschluss als Ausbaufacharbeiter nach zwei Jahren und mit einem darauf aufbauenden weiteren Ausbildungsjahr als Stuckateur.[1] Nach der Weiterbildung zum Meister können Stuckateure und Stuckateurinnen einen eigenen Betrieb des Stuckateurhandwerks oder des verwandten Maler- und Lackiererhandwerks gründen.

Österreich

In Österreich lautet die offizielle Bezeichnung nach dem Berufsausbildungsgesetz (BAG) Stukkateur und Trockenausbauer.[2] Österreichische Lehrlinge werden ebenfalls dreieinhalb Jahre dual ausgebildet und legen am Ende die Lehrabschlussprüfung ab. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich am Berufsbild unter Rücksichtnahme auf aktuelle Entwicklungen.

Nach dem Lehrabschluss kann die Ausbildung zum Meister oder Werkmeister absolviert werden. Die selbstständige Berufsausübung ist für Stukkateure im reglementierten Handwerk der Stukkateure und Trockenausbauer sowie im Handwerk der Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer möglich.[3][4]

Stuckateure als Künstler

Stuck der Wessobrunner Schule in der Kreuzherrenkirche zu Memmingen

In Renaissance, Barock und Klassizismus treten Stuckateure als wichtige Gestalter von vorwiegend kirchlichen, aber auch repräsentativen weltlichen Innenräumen auf. Sie gelten ebenso als Künstler wie die Maler und Bildhauer, mit denen sie zusammenarbeiten. Besonders im Rokoko gelingt eine einmalige Verschmelzung von Wand- und Deckenfresken mit Stuck und Architektur. Gleichsam Markenzeichen der Epoche ist ein stuckiertes Ornament: die Rocaille. Häufig sind die Stuckateure selbst zugleich Architekten, Maler oder (Stuck-)Bildhauer.

Zu den bedeutendsten Stuckateuren der Kunstgeschichte zählen die Brüder Asam, die Gebrüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann, Joseph Schmuzer und die Künstlerfamilien Carlone und Feuchtmayer.

Stuckateure des 17. und 18. Jahrhunderts, deren Stil durch ihre Ausbildung oder Tätigkeit am bayrischen Benediktinerkloster Wessobrunn beeinflusst wurde, werden unter den (erst 1888 geprägten) Begriff Wessobrunner Schule zusammengefasst.

Stuckateure waren auch die ersten, die zur Erstellung plastischer Bühnenbilder herangezogen wurden. Durch Spezialisierungen vor allem im Bereich Materialkunde entwickelte sich daraus später ein eigenständiger Beruf, der Theaterplastiker.

Liste von Stuckateuren

in chronologischer Reihenfolge der Geburtsdaten

Jahrgänge 1500 bis 1599

  • Perino del Vaga (Pietro Buonaccorsi, 1501–1547), italienischer Maler und Stuckateur der Renaissance
  • Fedele Casella (nachweisbar 1522–1547), italienischer Bildhauer und Stuckateur der Renaissance
  • Scipione Casella (nachweisbar 1543–1553), italienischer Bildhauer, Stuckateur und Silberschmied der Renaissance

Jahrgänge 1600 bis 1699

  • Johann Schmuzer (1642–1701), deutscher Stuckateur (Wessobrunner Schule)
  • Johann Jakob Herkomer (1648–1652), deutscher Baumeister, Bildhauer, Maler und Stuckateur des Barock
  • Giovanni Simonetti (1652–1716), Schweizer Stuckateur des Früh- und Hochbarocks
  • Franz Joseph Feuchtmayer (1660–1718), deutscher Stuckateur
  • Karl Engel (Carlo Angelini, * vor 1664; † nach 1702), Schweizer Architekt und Stuckateur des Barock
  • Giovanni Giuliani (1664–1744), italienisch-österreichischer Bildhauer und Stuckateur des Barock
  • Santino Bussi (1664/66–1736/37), italienischer Hofstuckateur in Österreich
  • Pietro Francesco Appiani (1670–1724, italienischer Stuckateur
  • Giuseppe Volpini (1670–1729), italienischer Bildhauer und Stuckateur des Barock
  • Diego Carlone (1674–1750), italienischer Stuckateur
  • Alberto Camesina (1675–1756), Schweizer Stuckateur des Barocks
  • Johann Baptist Zimmermann (1680–1758), deutscher Maler und Stuckateur des Barock und Rokoko
  • Andrea Gallasini (1680–1766), Schweizer Stuckateur des Barock
  • Joseph Schmuzer (1683–1752), deutscher Baumeister und Stuckateur des Barock und des Rokokos (Wessobrunner Schule)
  • Dominikus Zimmermann (1685–1766), deutscher Baumeister und Stuckateur des Rokoko (Wessobrunner Schule)
  • Charles Dubut (1687–1742), französischer Bildhauer, Stuckateur und Bronzegießer des Hochbarocks
  • Riccardo Retti (1687–1741), italienischer Stuckateur
  • Jacopo Appiani (1687–1742), italienischer Stuckateur des Rokoko
  • Paul Egell (1691–1752), deutscher Bildhauer und Stuckateur des frühen Rokoko
  • Egid Quirin Asam (1692–1750), deutscher Maler, Bildhauer und Stuckateur des Rokoko
  • François de Cuvilliés der Ältere (1695–1768), belgisch-deutscher Baumeister, Bildhauer und Stuckateur des Rokoko
  • Joseph Anton Feuchtmayer (1696–1770), deutscher Bildhauer und Stuckateur des Rokoko (Wessobrunner Schule)
  • Johann Baptist Modler (1697–1774), deutscher Bildhauer und Stuckateur des Rokoko

Jahrgänge 1700 bis 1799

Jahrgänge ab 1800

Einzelnachweise

  1. aktuelle Ausbildungverordnung Deutschland gültig seit Juni 1999
  2. Ausbildungsverordnung Stukkateure und Trockenausbauer des österreichischen Wirtschaftsministeriums, gültig seit 1994
  3. Gewerbezugang - Stukkateure und Trockenausbauer-Verordnung des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003
  4. Gewerbezugang - Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer-Verordnung des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stuckateur — (Stuckarbeiter), der Verfertiger von allerhand Stuckarbeit (s. Stuck, S. 139) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Stuckateur — Stu|cka|teur 〈 [ tø:r] m.; Gen.: (e)s, Pl.: e〉 Fachmann für Stuckaturen   Stuckateur: (Laut Buchstaben Zuordnung) Die Schreibung von abgeleiteten Wörtern richtet sich nach der Schreibung des zugrunde liegenden Substantivs. Nach dem… …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Stuckateur — Stu|cka|teur 〈[ tø:r] m. 1〉 Fachmann für Stuckaturen * * * Stu|cka|teur [… tø:ɐ̯ ], der; s, e [frz. stucateur < ital. stuccatore, zu stucco, ↑ Stuck]: Handwerker, der Stuckarbeiten ausführt. * * * Stu|cka|teur [... tø:ɐ̯] …   Universal-Lexikon

  • Stuckateur — Stu·cka·teur [ tøːɐ̯] der; s, e; jemand, der beruflich Verzierungen aus Stuck herstellt …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Stuckateur — Stu|cka|teur [ʃtukə tø:ɐ̯] der; s, e <aus gleichbed. fr. stucateur, dies aus it. stuccatore, vgl. ↑Stuckator>: a) Handwerker, der Stuckarbeiten ausführt; b) (selten) svw. ↑Stuckator …   Das große Fremdwörterbuch

  • Stuckateur — Stu|cka|teur [... tø:ɐ̯ ], der; s, e <französisch> (Stuckarbeiter, künstler) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Stuckateur — handwerklicher Ausbildungsberuf. Er wird im Verzeichnis der Gewerbe, die als Handwerk betrieben werden können, in der Anlage A der Handwerksordnung in der Gruppe der Bau und Ausbaugewerbe geführt. Zum Stuckateurhandwerk gehören die verschiedenen… …   Erläuterung wichtiger Begriffe des Bauwesens

  • Anton Gigl (Stuckateur) — Fassade des Helblinghauses in Innsbruck. Anton Gigl (* in Wessobrunn; † 1769 in Innsbruck) war ein Stuckateur der Wessobrunner Schule. Anton und sein Bruder Augustin, die aus der Wessobrunner Stuckateursfamilie Gigl stammen, ließen sich um 1720… …   Deutsch Wikipedia

  • Giovanni Battista Carlone (Stuckateur) — Stuckierung im Passauer Dom Giovanni Battista Carlone (* zwischen 1640 und 1642 in Scaria; † zwischen 1718 und 1721 in Scaria[1]) war ein italienischer Stuckateur und Bildhauer …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Singer (Stuckateur) — Hans Singer ist ab 1730 als in Schwaz (Tirol) ansässiger Stuckateur nachgewiesen. Ein Gemeinschaftsbetrieb, zusammen mit seinem Bruder, dem Baumeister Jakob Singer, war zunächst zunächst mit der Barockisierung existierender Kirchen befasst.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”