Stromschiene

Stromschiene
seitliche Stromschiene der Amsterdamer Metro
Stromschiene der Münchner U-Bahn im Querschnitt
Stromschienen der Hamburger S-Bahn

Eine Stromschiene ist eine Zuleitung für den elektrischen Strom für elektrisch getriebene Schienenfahrzeuge und andere bewegliche Stromverbraucher, wie z. B. Krananlagen.

Stromschienen werden heute im allgemeinen aus sehr gut leitendem Aluminium mit eingewalzter verschleißfester Edelstahllauffläche oder aus dem billigeren, aber weniger gut leitendem Weicheisen hergestellt, seltener aus Stahl. Stromschienen werden seitlich in etwa (je nach Bauart) 25–40 cm Höhe über der Schienenoberkante (SOK) rechts bzw. links neben dem Gleis laufend montiert, in Sonderfällen verlaufen sie auch über dem Gleis so z.B in Werkstatthallen oder auch in Tunneln mit eingeschränktem Lichtraumprofil, wie zum Beispiel im Nord-Süd-Fernbahntunnel in Berlin, wo die 15-kV-Wechselspannung in Teilbereichen über eine Deckenstromschiene zugeführt wird.

Die Stromzuführung von der Stromschiene zum Fahrzeug erfolgt über sogenannte Schleifschuhe, die seitlich an den Drehgestellen der Fahrzeuge angebaut sind. Die Rückleitung des Stromes erfolgt bei diesem System über die Räder und Schienen wie bei anderen elektrischen Bahnen auch.

Inhaltsverzeichnis

Stromschienen bei Eisen- und Straßenbahnen

Stromzuführung über die Fahrschienen

Die nächstliegende Möglichkeit, einer Bahn extern elektrische Energie zuzuführen, ist die Benutzung der Fahrschienen, wobei jede Schiene einen Pol darstellt und die Schwellen Isolationsfunktion haben. Tatsächlich kam diese Technik in der Anfangszeit des elektrischen Straßenbahnbetriebs beispielsweise bei der elektrischen Straßenbahn Lichterfelde–Kadettenanstalt und der Ungererbahn zum Einsatz, allerdings bei (in Lichterfelde) vergleichsweise geringen Spannungen von etwa 150 Volt, die jedoch bereits zumindest an den Überwegen Probleme machten, sobald Mensch oder Tier, beide Schienen gleichzeitig betrat. Schon nach kurzer Betriebsdauer mussten die so geschalteten Fahrschienen an den Überwegen durch Trennung spannungsfrei gemacht werden, was zeigt, das hier ein Irrweg beschritten war. Zumal die Räder und Achsen der Fahrzeuge durch Isolationen entsprechend elektrisch getrennt werden, was technisch zwar machbar, aber zu aufwendig und damit teuer wäre.

Bei Modellbahnsystemen hingegen ist diese Technik der Stromzuführung weit verbreitet(2-Leiter-System).

Die seitliche Stromschiene

Der Einsatz einer dritten Schiene, die nur zur Stromzuführung, nicht aber zum Tragen des Fahrzeuggewichts dient, hat den Vorteil, dass sie besser isoliert werden kann und somit mit höheren Spannungen (bis 1500 V, gegenüber 200 V bei Stromzuführung über Fahrschienen) verwendet werden kann. Allerdings ist ein Einsatz einer tiefliegenden Stromschiene aus Sicherheitsgründen nur bei Bahnen möglich, deren Gleiskörper nicht betreten werden darf, so dass der Einsatz überwiegend bei U-Bahnen, aber auch bei manchen S- und Fernbahnen erfolgt. Mit der Stromschienen-Versorgung kann vor allem für Tunnelbahnen ein kleines und kostengünstiges Lichtraumprofil realisiert werden.

Die bei Gleichstrombahnen üblichen hohen Stromstärken (etwa 2–20 kA gegenüber 1,5 kA bei 15-kV~-Bahnen), verursachen Stromschienen aufgrund ihres größeren Querschnittes gegenüber einer Oberleitung einen geringeren Spannungsabfall.

Kurzschließer (rechts) und Stromprüfkasten (links) im Berliner Kleinprofil-U-Bahn-Netz

Bodennahe Stromschienen haben gegenüber Oberleitungen die folgenden Vorteile:

  • Die Instandhaltung ist wesentlich leichter und preiswerter möglich, da keine hohen Leitern und Turmwagen benötigt werden. Die Arbeitssicherheit der Monteure ist wesentlich höher.(keine Absturzgefahr)
  • Der Aufbau ist preiswerter, da keine teuren Teile (u.a. Maste mit ihren Fundamenten) vorhanden sind.
  • Sie benötigt keine aufwendigen mechanischen Abspannungen, wie der Draht einer Oberleitung.
  • Eine Stromschiene verträgt wesentlich mehr Stromabnehmerdurchgänge, bevor eine intolerable – zum Austausch zwingende – Querschnittsverkleinerung durch Abnutzung auftritt.
  • Sie ist robuster gegenüber Stromabnehmerentgleisungen, die bei einer Oberleitung regelmäßig zu schweren Beschädigungen führt, bei der Stromschiene i.d.R. nur zu einer Beschädigung der Kunststoffabdeckung.
  • Die bodennahe Stromschiene kann in vielen Fällen (z.B.in Ballungsräumen) in Anlage und Betrieb wesentlich billiger sein, als eine Oberleitung.

Bodennahe Stromschienen haben gegenüber Oberleitungen die folgenden Nachteile:

  • Sicherheitsprobleme wegen der Gefahr der fahrlässigen Unterschreitung des Sicherheitsabstandes
  • Aufwändige Konstruktion (und Verkabelung) in Bereichen mit vielen Weichen
  • Fahrzeuge benötigen Stromabnehmer auf beiden Seiten
  • Beschränkung der Übertragungsspannung auf 1500 V, da starke Verschmutzung auftritt, welche die Isolation stört
  • Aufgrund der „harten“ Schleifschuhlaufbahn einer starren Stromschiene, ist die Geschwindigkeit auf etwa 120 km/h beschränkt. Hochgeschwindigkeitsverkehr oberhalb etwa 150 km/h ist kaum möglich.
  • Probleme mit Schneeverwehungen und beim Schneeräumen mit Schneeschleudern

In der Regel sind an einem Fahrzeug zwei bzw. an einer Triebzuggarnitur vier Schleifschuhe angebaut. Mit dieser mehrfachen Ausstattung mit Schleifern werden Lücken im Stromschienenverlauf, beispielsweise in Weichenbereichen, überbrückt. Dies stellt die Stromversorgung auch dann sicher, wenn ein Schleifschuh bei Hindernisberührung an seiner vorgesehenen Sollbruchstelle abfällt.

Stromschienen können von oben (z. B. Kleinprofil-U-Bahn Berlin, Metró Budapest und im Südosten von England einschließlich dem Netz von London Underground), von unten (z. B. Großprofil-U-Bahn Berlin, U-Bahnen Hamburg, Nürnberg, München, Wien und S-Bahn Berlin) oder von der Seite (S-Bahn Hamburg) bestrichen werden. Zumindest in Deutschland sind Stromschienen mit einer isolierenden Schutzabdeckung versehen.

Machen Arbeiten im Gleisbereich eine sichere Abschaltung der Stromschiene notwendig, werden Kurzschließer und Stromprüfkästen eingesetzt (auf der Abbildung bei einer nach oben offenen Stromschiene).

Unter den Fahrschienen versenkt liegende Stromschienen

Prinzipskizze einer Doppelschiene mit Stromversorgung in einem darunter liegenden Stromschienenkanal für die Stadtbahn in Budapest, verwendet ab 1887 im Versuchsbetrieb und von 1889 bis etwa zur Mitte der 1920er Jahre in der Innenstadt von Budapest

Von Siemens & Halske wurde ab 1887 in Budapest und darüber hinaus auch in Wien und in Berlin ein System eingesetzt, bei dem die beiden Schienen des Straßenbahn-Gleises jeweils aus zwei Hälften mit einem nach oben offenen Schlitz bestanden. Unterhalb der Schiene auf einer Seite verlief ein Kanal, in dem sich zwei Leiter aus dicken Winkeleisen befanden. Diese beiden Stromschienen waren in Abständen von mehreren Metern an isolierenden Halterungen in Form von Hufeisen befestigt. Ein Pol befand sich auf der linken, der andere auf der rechten Seite. Die Kanäle waren eingemauert. Mit der freien Luft standen sie nur durch den Schlitz zwischen den Schienen in Verbindung. An den Fahrzeugen befand sich eine Platte, die am unteren Ende zwei drehbare Metallzungen trug. Die Platte lief senkrecht in dem Schlitz der Schiene mit den zwei Leitern und berührte mit jeweils einer der beiden Metallzungen eine der beiden Leitungen. Eine der beiden Leitungen war der Hin- und die andere der Rückleiter. Die Spannungsdifferenz betrug zwischen 300 und 600 Volt.[1][2] Das System wurde in Budapest ab 1887 im Versuchsbetrieb auf der Versuchsstrecke Westbahnhof-Ringstraße-Király Straße mit einer Spurweite von 1000 mm und von 1889 bis etwa zur Mitte der 1920er Jahre in der Innenstadt von Budapest auf einer Strecke mit einer Spurweite von 1435 mm verwendet.

Die versenkte Mittelstromschiene

Wo aus Gründen des Ortsbildschutzes die Montage einer Oberleitung unerwünscht war, z. B. auf der Wiener Ringstraße, oder aber der Querung der Straße „Unter den Linden“ in Berlin, wurden schon im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Straßenbahnen mit Stromschienen ausgestattet, die zwischen den Fahrschienen im Straßenpflaster versenkt angeordnet waren. Ein unter dem Fahrzeugboden angebrachter ausklappbarer Schleifkontakt griff in den schmalen Spalt im Straßenpflaster ein und stellte die elektrische Verbindung zum Fahrzeug her. Der hohe Wartungsaufwand, die großen Probleme bei Schnee und Eis und die notwendigen komplizierten Weichenkonstruktionen ließen die Straßenbahnbetriebe von dieser Technik wieder abkommen.

Eine offenliegende Mittelschiene verwendeten die London Post Office Railway von 1927 bis 2003 und die zweite technische Generation der Post-U-Bahn München zwischen 1966 und 1988. Beide dienten ausschließlich dem Transport von Briefpost und fuhren automatisiert in eigenen Tunnels.

APS – Alimentation par le Sol

Mittelstromschiene bei der Straßenbahn Bordeaux, links unten ein isolierter Abschnitt

Diese Technik, die die Mittelstromschiene für Straßenbahnen wieder belebte, stammt aus Frankreich und wurde von der heute zum Alstom-Konzern gehörenden Firma Innorail entwickelt. Sie wurde zuerst bei der Straßenbahn Bordeaux angewendet. APS steht für Alimentation par le Sol (etwa: Stromversorgung aus dem Boden).

Bei diesem System befindet sich zwischen den beiden Schienen eine Stromschiene, die 750 Volt Gleichspannung führen kann. Die Stromschiene ist in einzelne Sektionen unterteilt. Jede Sektion besteht aus einer 8 Meter langen spannungsführenden Schiene und einem 3 Meter langen isolierten Abschnitt. Wird die Stromschiene von einer Straßenbahn überfahren, sendet diese per Funk ein codiertes Signal aus, das jenen Abschnitt der Stromschiene aktiviert, das sich zur Gänze unter dem Fahrzeug befindet. Es können maximal zwei der 11 Meter langen Segmente gleichzeitig aktiviert werden. Bevor die Straßenbahn ein Segment verlässt, wird es abgeschaltet und aus Sicherheitsgründen geerdet. Bislang wird diese Technik nur von Alstom angeboten.

Details siehe Hauptartikel Straßenbahn Bordeaux.

Deckenstromschienen

Deckenstromschiene mit Stromabnehmer im Berliner Hauptbahnhof

Gelegentlich können Stromschienen auch ein Teilstück einer Oberleitung darstellen; für Straßenbahnen mit Dachstromabnehmer wird in Tunnelstrecken in jüngerer Zeit oftmals kein Fahrdraht, sondern eine Deckenstromschiene vorgesehen. Konstruktiv wird meist ein normaler Kerbfahrdraht in ein Aluminium-Trägerprofil eingeklemmt. Eine solche Stromschienenkonstruktion benutzt auch die Schwebebahn in Wuppertal.

Deckenstromschienen werden, wegen der kleinen benötigten Einbauhöhe, auch bei Umbauten in älteren Tunneln (z. B. Gemmenicher Tunnel) mit geringerem Lichtraumprofil eingesetzt. Ein anderes Anwendungsgebiet ist der Einsatz in Betriebswerken und auf Verladegleisen. Für diesen Einsatzzweck kann die Stromschiene geschwenkt oder gehoben werden, was die Anwendung von Hebebock- und Krananlagen ermöglicht bzw. vereinfacht.

Die Anwendung der Deckenstromschiene ist auch aufgrund der hohen Verfügbarkeit und der daraus resultierenden Betriebssicherheit sinnvoll. Des Weiteren können in langen Tunneln parallel zur Oberleitung verlegte Kabel entfallen oder minimiert werden, da die Stromschiene normalerweise über einen Querschnitt von 1300 mm2 Kupferäquivalent verfügt, der somit rund sechsmal größer ist als bei einer Kettenoberleitung.

Die Deckenstromschiene wurde in den 1980er Jahren bei der S-Bahn Zürich erprobt. 1984 entstand im Bahnhof Zürich-Opfikon eine Versuchsanlage. Positive Ergebnisse führten 1986 zur Entscheidung, den neuen Bahnhof Museumsstrasse auszurüsten.[3]

In den späten 1980er Jahren ist auf einer Länge von einem Kilometer im Simplontunnel eine Deckenstromschiene für eine Fahrgeschwindigkeit von 160 km/h getestet worden. Damit sollte eine aufwändige Tieferlegung der Gleisanlage vermieden werden, um das für die Rollende Landstraße notwendige, besonders große Lichtraumprofil herzustellen. Vor diesem Versuch war mit Deckenstromschienen in der Schweiz bereits bis 110 km/h, international bis 80 km/h schnell gefahren worden.[4]

1996 ließ das deutsche Eisenbahn-Bundesamt eine Bauart der Deckenstromschiene für 140 km/h zu, die später im Hauptbahnhof Berlin eingesetzt werden sollte. In der Schweiz ließ das Bundesamt für Verkehr die Anwendung der Deckenstromschiene für 160 km/h zu; sie wird seither im vier Kilometer langen Kerenzerbergtunnel angewendet.[3]

Ein drei Kilometer langer Testabschnitt im niederösterreichischen Sittenbergtunnel wurde 2004 zunächst für 200 km/h zugelassen.[5] Mitte August 2004 wurde dieser Abschnitt mit dem ICE S mit 260 km/h befahren. Die Behörden Österreichs und der Schweiz haben daraufhin die Zulassung des verwendeten Systems für 250 km/h in Aussicht gestellt.[6] Im Herbst 2010 folgte der Nachweis von 230 km/h im selben Tunnel. Das Bewilligungsverfahren läuft (Stand: Mitte 2011). Für den Koralmtunnel wurde eine Betriebsgeschwindigkeit von 250 km/h bei einem Tunnelquerschnitt von 40,3 m² mit Nutzung der Deckenstromschiene zur Zulassung beantragt.[3]

Das Unternehmen Furrer + Frey errichtete bis 2011 mehr als 1000 km Deckenstromschienen in 15 Ländern.[3]

Nennspannungen bei Bahnen mit Stromschiene

Je nach Alter der Systemfestlegung wurde das jeweils wirtschaftlich und technisch sinnvolle Spannungsniveau verschieden hoch angesetzt. Während in der Frühzeit der elektrischen Zugförderung 600 V als ausreichend angesehen wurden, war man mit Zunahme der abzugebenden Leistungen in den Netzen gezwungen, die Nennspannung heraufzusetzen, um die zu übertragenden Ströme nicht zu hoch werden zu lassen (Übertragungsverluste).

Die Obergrenze der Spannung an Gleichstrombahnen mit seitlicher Stromschiene beträgt zur Zeit 1500V= . Die Isolationsabstände und die Abstände für eine unzulässige Näherung sind hier so gering, dass wegen dieser Eigenschaften der Bau von bodennahen Stromschienen erst möglich ist. Allerdings kann der Isolationsaufwand unter ungünstigen Umständen(starke Verschmutzung der Isolatoren, sowie starke Einwirkung von Schnee und Regen) umfangreicher ausfallen.

Die Rückleitung erfolgt parasitär über die Fahrschienen. Bekannte Ausnahme ist die Londoner U-Bahn. Wechselspannungs-Systeme sind nur für Zweischienen-Zuführung einsetzbar.

Aufgrund der wesentlich höheren Ströme bei Gleichstrombahnen (P=U*I) entsteht an den Kontaktflächen der Stromabnehmer ein in der Tendenz höherer Funkenflug und Abbrand, die jedoch durch die größere Kontaktfläche am Schleifschuh kompensiert werden.

Die üblichen Spannungswerte sind.

Neue Anlagen mit höheren Spannungen sind nicht bekannt. Nach Einführung von statischen Wechselrichtern wurden keine neuen Stromschienen-Systeme mit Gleichspannung konzipiert.

Verbreitung

Zug-Stromabnehmer der Münchner U-Bahn (erste Generation)

In Deutschland werden Stromschienen bei den mit Gleichstrom betriebenen (echten) U-Bahnen in Berlin, Hamburg, München und Nürnberg und den S-Bahnen von Berlin (750 V) und Hamburg (1200 V) verwendet. Auch die Wuppertaler Schwebebahn wird über eine Stromschiene mit Energie versorgt.

Manche U-Bahnen, wie in London und Mailand, werden mit zwei Stromschienen am Gleis betrieben, wobei eine davon zwischen den Fahrschienen montiert ist. Man vermeidet auf diese Weise jegliche Streustrom-Korrosion in unterirdischen metallischen Anlagen wie Rohrleitungen.

Im Nord-Süd-Fernbahn-Tunnel in Berlin, im Endbahnhof der Flughafen-S-Bahn Dresden und auch in mehreren unterirdischen Strecken der Schweiz finden sich anstatt der klassischen Oberleitung mit Fahrdraht Stromschienen für 15.000 Volt Wechselspannung in den Vollprofil-Tunnelstrecken. Im Arlbergtunnel in Österreich wird im Zuge einer Sanierung und Sicherheitsnachrüstung im Jahre 2010 eine Stromschienen-Oberleitung anstelle einer klassischen Oberleitung eingebaut.[7]

In Südengland wurden ab den 1930er Jahren viele Überlandstrecken mit Stromschiene (660 V Gleichspannung) elektrifiziert, da dort das Lichtraumprofil zu klein (vor allem zu niedrig) war, um ohne größere Umbauten eine Elektrifizierung mit Oberleitung zu realisieren. Auch die Eurostar-Einheiten verkehrten vor der Fertigstellung der High Speed One auf diesen Strecken. Im Nahverkehr kommen hier ausschließlich Triebzüge zum Einsatz, die teilweise auch im Fernverkehr eingesetzt werden. Zudem werden auch Lokomotiven, die für den Betrieb über Stromschienen ausgerüstet sind, im Fern- und Güterverkehr eingesetzt und durch Dieselloks ergänzt.

Anwendungshindernisse bei Fernbahnen

Blick auf den Bahnhof Birkenwerder im März 2011. Zu sehen ist die Stromschiene der Berliner S-Bahn und die Fernbahnoberleitung.

Bei Fernbahnen haben sich Stromschienen vor allem aus technischen Gründen nicht großflächig durchgesetzt. Hinderungsgründe sind vor allem:

  • Stromschienen können an einer Weiche nur an der Seite EINES Zweiggleises durchlaufen, wenn sie
  • von der Seite bestrichen werden (S-Bahn Hamburg) oder
  • ein Einlaufstück haben (S-Bahn Berlin).

In den übrigen Fällen muss eine von oben oder unten bestrichene Stromschiene stets vor der Weiche enden um dann hinter der Weiche fortgeführt zu werden, wobei die Spannungsversorgung der einzelnen Stromschienenabschnitte aufwendig durch Starkstromkabel und Trennschalter erfolgt.

  • Ohne Unterbrechung der Stromversorgung können Weichenabschnitte nur durch Triebzüge mit entsprechend vielen Schleifern und – zumindest teilweise – durchgehender Starkstromleitung durchfahren werden.
  • Ein Zugbetrieb mit lokbespannten Wagenzügen ist technisch möglich, wäre jedoch in Weichen und besonders in den langen Weichenstraßen der Bahnhofsausfahrten mit langen Stromschienenlücken, Einschränkungen unterworfen, da hier, statt zu beschleunigen, die Leistung der Lokomotive abgeschaltet werden müsste, da sie kurzzeitig stromlos würde.
  • Für höhere Leistungen über längere Strecken ist eine höhere Spannung günstiger, da die hier fließenden Ströme kleiner sind. Dafür müssen die Abstände zwischen Schiene und Stromabnehmer größer sein. Dies wird (statt durch Isolatoren- oder Kunststoffzwischenlagen) oft günstiger mit Oberleitungen realisiert.
  • Mit größerer Entfernung zwischen den Unterwerken sowie mit steigender Leistungsaufnahme machen sich zunehmend Leitungsverluste und Spannungsabfall durch den Leitungswiderstand bemerkbar. Dieses Problem löst man am besten durch Anheben der Spannung. Bei höherer Spannung wird jedoch auch der mindestens notwendige Isolationsabstand größer. Er beträgt für 15 kV (Spannung der Bahnoberleitungen in Deutschland) bereits 1,5 Meter. Solche Abstände sind bei einer am Boden montierten Stromschiene nicht zu realisieren, weshalb die maximale Spannung, die in Stromschienen verwendet werden kann, etwa 1500 V ist.
  • Die Gefahr eines elektrischen Schlages durch unzulässige Näherung und Berühren (z. B. durch Kinder, Tiere oder auch unvorsichtige Erwachsene) ist wesentlich größer als bei Oberleitungen. Ebenerdige Kreuzungen mit Straßen, durch die Unbefugte zu den Stromschienen gelangen könnten, sind bei Neuanlagen verboten. Allerdings existieren bei den S-Bahnen in Hamburg und Berlin noch höhengleiche Kreuzungen mit Straßen und Wegen.

Prinzipiell kann eine Bahnlinie mit Oberleitung und Stromschiene versehen sein. Dies war zum Beispiel bei der S-Bahn Hamburg zwischen 1940 und 1955 der Fall. Ein heutiges Beispiel ist der Bahnhof Birkenwerder (b Berlin), auf dem beide Bahnsteiggleise, sowie drei Abstellgleise, sowohl mit Stromschiene als auch mit Oberleitung ausgestattet sind. Allerdings können Probleme mit der gegenseitigen Beeinflussung der Stromkreise auftreten, solange diese nicht – wie in Birkenwerder – galvanisch getrennt sind. So kann durch den Spannungsabfall entlang der Fahrschiene Gleichstrom vom Stromschienensystem in das Oberleitungssystem (selten umgekehrt) fließen. Ist eines dieser Systeme ein Gleich- und eines ein Wechselstromsystem, kann es zu einer unerwünschten Gleichstromvormagnetisierung der Transformatoren sowohl in den Wechselspannungs-Triebfahrzeugen, als auch in den Unterwerken des Wechselspannungssystems kommen.

Aus diesem Grund sieht man eine Doppelelektrifizierungen mit Oberleitung und Stromschiene nur dann vor, wenn dies aus Kostengründen oder betrieblichen Gründen notwendig ist. (Beispiel Birkenwerder: Notwendiges Heranführen von Vorortzügen des „Sputnik-Verkehrs“ mit 15-kV-Loks an den Bahnsteig der 0,75-kV-Gleichstrom-S-Bahn zwecks wichtigen Umsteigepunktes. Zweiter Bahnsteig zur Trennung war aus Platzgründen nicht möglich. Heute (2011) Mischbetrieb außer Betrieb, Wechselspannungsanlagen abgeschaltet.)

Bei den britischen Stromschienen-Fernbahnen wird teilweise mit einer eigenen Rückleitungsschiene gearbeitet, um die Probleme zu entschärfen. Auf diese Weise wurde auf den Strecken nördlich von London sowie auf dem Channel Tunnel Rail Link die Oberleitung eingesetzt, während der Schienenverkehr im Süden und Südwesten des Landes weiterhin mit Stromschienen betrieben wird.

Andere technische Anwendungen

Die Anwendung von Stromschienen ist nicht nur auf die Eisenbahn beschränkt. So werden auch Brückenkrane und deren Laufkatzen mit Stromschienen versorgt sowie Labor- und Werkstattsysteme mit semimobilen Stromverbrauchern für Wechselstrom oder Drehstrom.

Für die Zwecke der Fördertechnik sind Stromschienen oft mehradrig als Kastenschleifleitungen in Kunststoff-Trägersystemen mit Kupferleitern oder als parallelverlegte Mehrader-Systeme mit Einzelschienen in Kunststoff-Kupfer-Kombination ausgeführt.

Stromschienen bei Modelleisenbahnen

Die Modellbahnindustrie fertigt wegen des hohen Montageaufwandes keine vorbildgerecht funktionierenden Stromschienen. Die entsprechenden Fahrzeugmodelle werden wie die übrigen Fahrzeuge auch über die Fahrschienen mit Strom versorgt.

Eine vorbildwidrig in Gleismitte verlegte dritte Schiene zur Stromversorgung war dagegen in der Frühzeit der elektrischen Modelleisenbahn verbreitet. Das Trix-Express-System verwendete diese für Neuprodukte bis zur Einstellung des Dreileiter-Systems (1997 nach der Übernahme durch Märklin), während Märklin die frühere dritte „Schiene“ bereits 1953 durch die sogenannten Punktkontakte ersetzte: Metallstifte, die von der unsichtbar unter dem Bahnkörper verlaufenden Stromschiene durch Löcher in den Schwellen nach oben ragen und von einem zwischen den Rädern des Triebfahrzeugs aufgehängten Schleifer bestrichen werden. Dieses System wird bis heute angewendet, während Trix auf das Zweileitersystem wechselte.

Auch LEGO hatte bei den ersten mit 12 V betrieben Eisenbahnen eine Stromschiene in der Mitte zwischen den normalen Tragschienen. Über Schleifkontakte wurde so die Spannung an den Motor übertragen. Da die Tragschienen selbst nicht leitend waren, mussten zwei parallele Stromschienenstränge geführt werden, was zur Folge hatte, dass Schienenkreise keine sich selbst schließenden Wendeschleifen, die auf dasselbe Gleis zurückführten, haben durften, sondern nur Ringbetrieb in einer Richtung möglich war.

Metaphorischer Gebrauch

Im US-amerikanischen Politikbetrieb wird mit „Third Rail“ oder Stromschienenthema ein Tabuthema bzw. eine Angelegenheit bezeichnet, die ein Politiker besser nicht berühren sollte.[8]

Weblinks

 Commons: Stromschiene – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dr. Leo Graetz: Die Elektrizität und ihre Anwendungen, 18. Aufl., 1917, Stuttgart, S. 628
  2. Zeichnung in Győző Zemplén: Az elektromosság és gyakorlati alkalmazásai, 1910, Budapest. S. 472
  3. a b c d Franz Kurzweil, Beat Furrer: Deckenstromschiene für hohe Fahrgeschwindigkeiten. In: Elektrische Bahnen, Heft 8, Jahrgang 109, 2011, S. 398–403.
  4. Meldung Erfolgreiche Stromschienenversuche im Simplontunnel. In: Die Bundesbahn 3/1989, S. 268.
  5. Beat Furrer: Deckenstromschienen für Geschwindigkeiten bis 250 km/h?. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2004, ISSN 1421-2811, S. 219.
  6. Neue Erfolge für die Deckenstromschiene. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2004, ISSN 1421-2811, S. 439.
  7. Presseinformation Sicherheitsprojekt Arlbergtunnel (ÖBB) (vom 20. November 2009, abgerufen am 24. September 2010)
  8. William Safire, in „Third Rail“, New York Times Magazine, 18.Februar 2007

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