Straftilgung

Straftilgung

Straftilgung ist die Entfernung einer Eintragung über eine Verurteilung aus dem Bundeszentralregister nach Ablauf der Löschungsfrist (5 bis 20 Jahre), siehe §§ 45 ff. Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Die Straftilgung erfolgt mit dem erklärten Zweck der Resozialisierung, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Straftaten nach Ablauf bestimmter Fristen nach außen nicht mehr bekannt werden und schließlich auch aus den Unterlagen der Strafverfolgungsbehörden gelöscht werden sollen. Die Tilgung erfolgt dann nach unterschiedlichen Kriterien für das

  • Zentralregister, auf das ausschließlich Ermittlungsbehörden zum Zwecke der Durchführung von Ermittlungsverfahren Zugriff haben und das
  • Führungszeugnis, welches vom Betroffenen im Allgemeinen selbst beantragt wird und meist zur Verwendung im Rahmen einer Bewerbung o. ä. bestimmt ist.

Ausgenommen von der Tilgung sind Verurteilungen zu lebenslanger Freiheitsstrafe, die Anordnung von Sicherungsverwahrung, die Anordnung der Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus und die dauernde Entziehung der Fahrerlaubnis. Nach Straftilgung dürfen dem Verurteilten seine Vorstrafen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten werden. Er darf sich als unbestraft bezeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Fristen

Bei der Straftilgung sind zwei Fristen zu unterscheiden: die Tilgung aus dem Führungszeugnis (§ 34 BZRG) und die Tilgung aus dem Bundeszentralregister (§ 46 BZRG).

Die Fristen für die Tilgung aus dem Führungszeugnis (§ 34 BZRG) lauten:

  • drei Jahre: bei Verurteilungen zu Geldstrafe und Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, Freiheitsstrafe oder Strafarrest von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt, diese Entscheidung nicht widerrufen worden und im Register nicht außerdem Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe eingetragen ist, bei Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr;
  • zehn Jahre: bei Verurteilungen wegen bestimmter Sexualdelikte (§§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches) zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr;
  • fünf Jahre: In allen anderen Fällen.


Die Fristen für die Tilgung aus dem Bundeszentralregister (§ 46 BZRG) lauten:

  • fünf Jahre: bei Verurteilungen zu Geldstrafe von nicht mehr als neunzig Tagessätzen, wenn keine Freiheitsstrafe, kein Strafarrest und keine Jugendstrafe im Register eingetragen ist, zu Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist, zu Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr, zu Jugendstrafe von nicht mehr als zwei Jahren, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt worden ist, zu Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit gerichtlich oder im Gnadenweg erlassen worden ist, zu Jugendstrafe, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenweg als beseitigt erklärt worden ist, durch welche eine Maßnahme mit Ausnahme der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für immer und des Berufsverbots für immer, eine Nebenstrafe oder eine Nebenfolge allein oder in Verbindung miteinander oder in Verbindung mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln angeordnet worden ist;
  • zehn Jahre: bei Verurteilungen zu Geldstrafe und Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten, Freiheitsstrafe oder Strafarrest von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt worden und im Register nicht außerdem Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe eingetragen ist, Jugendstrafe von mehr als einem Jahr;
  • zwanzig Jahre: bei Verurteilungen wegen bestimmter Sexualdelikte (§§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches) zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr;
  • fünfzehn Jahre: In allen anderen Fällen.

Kritik

Nach Straftilgung stehen die entsprechenden Informationen nur beschränkt zur Verfügung. Dies kann zwar Tätern eine Reintegration in die Gesellschaft erleichtern, aber auch zur Gefährdung Dritter führen. Beispielsweise können frühere Straftaten bei einer zeitlich weit später liegenden Beantragung einer Adoption nicht berücksichtigt werden, wobei andererseits angenommen wird, dass die Gefährlichkeit eines ehemaligen Straftäters nach einer längeren Zeit ohne Auffälligkeiten im Allgemeinen abnimmt. Angesichts des 2008 bekannt gewordenen Inzestfalls Josef Fritzl erwägt die österreichische Justizministerin Maria Berger eine Verdopplung der Tilgungsfrist für Sexualvergehen von 15 auf 30 Jahre.[1] In diesem Fall hatte der Jahrzehnte zuvor wegen Vergewaltigung verurteilte Wiederholungstäter in den 90er Jahren, als seine Strafe wegen Vergewaltigung bereits aus den Akten getilgt war und daher keine Informationen mehr darüber vorlagen, drei seiner im Inzest gezeugten Kinder adoptiert, ohne dadurch Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Artikel der Basler Zeitung
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