Strafgefangene

Strafgefangene

Strafgefangene sind Personen, die eine Haft- bzw. Freiheitsstrafe wegen einer entsprechend im Gesetz geahndeten Straftat in einer Justizvollzugsanstalt verbüßen.

Inhaltsverzeichnis

Verschiedene Arten der Haft

Die Strafhaft (oft auch „Freiheitsstrafe“ genannt) ist eine Maßnahme der Rechtspflege und wird mit dem Strafrecht, Strafverfahrens- bzw. Strafvollzugsrecht geregelt. Sie ist von anderen Arten des Freiheitsentzugs zu unterscheiden, zu denen Ordnungshaft (ab einem Tag), Zwangs- und Untersuchungshaft („U-Haft“) gehören, ferner die Auslieferungshaft und die Abschiebungshaft. Sie haben im Allgemeinen einen zeitlich begrenzten Rahmen.

Manchmal mündet eine Verurteilung zu einer Geldstrafe ebenfalls zu einer Freiheitsstrafe, wenn der Verurteilte nicht zahlungsfähig ist. Sie wird auch „Ersatzfreiheitsstrafe“ genannt.

In demokratisch regierten Ländern unterliegen die Haftanstalten einer staatlich geregelten Aufsicht; Jugendliche oder geistig abnorme Rechtsbrecher werden in jeweils speziellen Anstalten verwahrt, vielfach auch weibliche Häftlinge.

Rechte und Pflichten

Strafgefangene unterliegen einer Einschränkung ihrer Grundrechte, wie z. B. Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG (Einschränkung der Pressefreiheit).

Des Weiteren haben sie während des Vollzugs gewisse Rechte und Pflichten, letztere bestehen u. a. in einem der Hausordnung entsprechenden Verhalten und im Verrichten der zugewiesenen Arbeit.

Zu ihren Rechten zählen in freiheitlich verfassten Ländern unter anderem die Möglichkeit für Briefe und zeitweilig Besuch, das Recht auf Erfüllung der körperlichen Grundbedürfnisse, auf tägliche Bewegung im Freien usw., und meist auch ein Appellationsrecht. Für Minimalregelungen siehe auch die Menschenrechte.

Gegen Ende der Haft besteht meist die Möglichkeit des tageweisen oder längeren Urlaubs aus der Haft, um sich eine Wohnung oder eine Arbeitsstelle zu suchen. In dieser Zeit – und nach der Haftentlassung – steht ihnen meist ein Bewährungshelfer zur Seite.

Arbeit und Angebote in Haftanstalten

Strafgefangene sind zur Arbeit verpflichtet, § 41 StVollzG.

Für die Arbeit im Gefängnis oder in externen Arbeitsstätten gebührt den Strafgefangenen seit etwa 150 Jahren eine geringe Entschädigung, in der Schweiz Pekulium genannt. Sie beträgt in den deutschsprachigen Ländern derzeit zwischen 1,20 € (Vergütungsstufe 1) und 2,10 € (Vergütungsstufe 7) Euro pro Stunde. Ende 1920 wurde sie beispielsweise in Deutschland deutlich erhöht: Zuchthaus-Gefangene bekamen nun 1 Mark statt vorher 20 Pfennig, andere Gefangene 1,50 Mark statt 30 Pfennig.

Was in deutschen Justizvollzugsanstalten mit den Bezügen des Gefangenen geschieht, ist im Strafvollzugsgesetz festgelegt: Vier Siebtel werden als Überbrückungsgeld für ihn bis zur Entlassung verwahrt, der Rest als Hausgeld ausbezahlt. Zusätzlich erhält der Gefangene seit 2001 noch eine nicht-monetäre Anerkennung seiner Arbeitsleistung; arbeitet er zwei Monate lang am Stück, so wird ihm ein sogenannter „Freistellungstag“ gut geschrieben. Diesen kann er entweder als Zellenurlaub verbringen oder Urlaub aus der Haft beantragen. Bei Nichtinanspruchnahme der Freistellungstage werden sie ihm bei der Entlassung angerechnet – er kommt also früher frei.

Die Gefangenen haben Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung und im Regelfall auf etwas Freizeitgestaltung, wie z. B. Sport. In den meisten Anstalten sind auch Besuche eines speziell ausgebildeten Gefangenen-Seelsorgers vorgesehen.

Eine neuere Entwicklung für die Besserung von Gewalttätern ist eine Art Mediation mit den Opfern, wenn sie zustimmen und das Gericht dies für sinnvoll ansieht. Sie besteht in einer (fachkundig begleiteten) Kontaktaufnahme der Beteiligten, die insbesondere bei Jugendlichen vorwiegend positiv verlaufen. Den Opfern ermöglicht sie eine gezieltere Verarbeitung des Erlebten, andererseits den Tätern eine klarere Einsicht in ihre Tat und die Folgen. Auch Versuche zur Einbindung in die Gesprächstherapie und die Seelsorge finden statt (siehe z. B. Clemens Kleine in der JVA Berlin).

Prinzipiell verläuft ein Gefängnisaufenthalt und die Zeit nachher positiver, wenn Täter zu motivieren sind, an der eigenen „Besserung“ aktiv mitzuarbeiten und möglichst auch Verantwortung für die weitere Prävention zu übernehmen. Bisher erlebten das die Betroffenen vorwiegend als Abwertung bzw. als Druck. Einige Ausbildungszweige in der Sozialpädagogik bzw. Bewährungshilfe beginnen dagegenzusteuern, indem das häufige Missverständnis zwischen Sozialarbeiter(in) und Täter(in) nicht als (vorwiegend negative) Bewertung erlebt wird. Psychologisch gesehen, sind in diesem Spannungsfeld der Sozialarbeit im Gefängnis auch die guten Seiten des Strafgefangenen und ihre sog. Ressourcen einzubeziehen.

Für Freizeitaktivitäten besteht die Möglichkeit zu Ad-hoc-Gruppenbildungen – etwa im sportlichen oder im kulturellen Bereich. So gibt es z. B. verschiedenorts Theaterprojekte mit jugendlichen Strafgefangenen, die teilweise von renommierten Künstlern geleitet werden. Zu erwähnen ist hier etwa Dortmund, wo sich die freie Schriftstellerinund Regisseurin Ursula Krechel (* 1947 Trier, heute Frankfurt) stark eingebracht hat.

Die (Erlebens)welt der Strafgefangenen

Wenn die (Erlebens)welt – und damit auch der Alltag – von Strafgefangenen in 3 Phasen aufgeteilt wird, so ergibt sich:

a) in der EINLIEFERUNGSPHASE: … durch den Zugang;

  • Die Anonymität des „Durchlaufs“
  • Die „Entpersönlichung“
  • Der Statusverlust
  • Der Rollenverlust
  • Der Entzug der Heterosexualität
  • Die Anpassungsschwierigkeiten an (Anstalts-) Normen („Knastsprache-“ und Amtssprache)
  • Die Verunsicherung
  • Die Suizidgefahr
  • Die Institutionalisierung, gekennzeichnet durch den geregelten Tagesablauf
  • Der Verlust der (Arbeits-)Qualität

b) während des „LAUFENDEN STRAFVOLLZUGS“

  • Die Verarmung (auch der Familie)
  • Die Unselbstständigkeit
  • Das Tagträumen
  • Die Monotonie des Alltags
  • Die Beziehungsängste
  • Die Auseinandersetzung mit der Subkultur
  • Die Entfremdung zur Außenwelt
  • Die Veränderung des Weltbildes
  • Ein (besonderer) Umgang mit der „Schuld
  • Die ausstehende „Wiedergutmachung“

c) während der „ENTLASSUNGSPHASE“:

  • Viele übersteigerte Vorsätze
  • Eine gestörte Selbsteinschätzung
  • Viele Ängste in Bezug auf die Zukunft

(Quelle: erarbeitet in einem Ausbildungsseminar für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer im Sommer 1996)

Straflager

Australien und Sibirien

Am meisten Gefangene zählten die britischen Strafkolonien in Australien, wohin in kaum 100 Jahren (bis 1868) insgesamt 160.000 Gefangene verbannt wurden. Zeitweilig waren es mehr Strafgefangene als Siedler (siehe Geschichte Australiens). Auch manche Computerspiele enthalten ähnliche Szenarien, etwa bei Khorinis.

Meist denkt man beim Stichwort „Lager“ an die Zwangsarbeiter oder die vielen Arbeitslager bei den Bergwerken Sibiriens – die z. B. an der Kolyma und im Tscherskigebirge erst um 1990 aufgelöst wurden. Es waren jedoch oft weniger Straftäter als vielmehr politische und Kriegsgefangene, die dorthin verbracht wurden.

Blick von Robben Island auf Kapstadt

Gefängnisinseln

Seit sich die die europäische Seefahrt von den Küsten der Kontinente löste, wurden auf vielen Inseln sog. Strafkolonien gegründet. Bekannte Beispiele solcher Gefängnisinseln sind – von Ost nach West:

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