Stanegate

Stanegate
Verlauf der Stanegatestraße
Der Stanegate bei Vindolanda
Der Stanegate bei Corbridge
Meilenstein am Stanegate bei Codley Gate (Henshaw/Northumberland)
Areal des Kleinkastells Haltwhistle Burn
Die Überreste des Signalturmes bei Pike Hill

Die Stanegate war eine wichtige Limesstraße und Grenzzone im heutigen England. Ihr Name bedeutet "steinerne Straße" und ist seit dem Mittelalter bekannt. Sie verlief in west-östlicher Richtung, ungefähr von Carlisle bis Corbridge und hielt sich dabei immer in der Nähe des Hadrianswalls. Die Straße durchquerte auch die Flusstäler des Tyne, Irthing und Eden, das Kerngebiet der mit Rom verbündeten Briganten. Sie markierte am Übergang vom 1. ins 2. Jahrhundert n. Chr. die nördliche Grenze in Britannien. Die bekannteste römische Ausgrabungsstätte dieser Region ist Kastell Vindolanda.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die Straße wurde im Zuge der Feldzüge des Gnaeus Iulius Agricola angelegt und durch Holz-Erde-Kastelle gesichert. Sie diente als Ausgangsbasis und Versorgungsroute für seine weiteren Eroberungen in Caledonia. Die ersten von Agricola gegründeten Kastelle am Stanegate standen noch einen Tagesmarsch voneinander entfernt. Dies war in der Frühzeit der Okkupation des britannischen Nordens noch durchaus ausreichend. Die Kastelle von Vindolanda (Chesterholm) und Nether Denton dürften zur selben Zeit wie Corstopidum/Coria (Corbridge) und Luguvalium (Carlisle), zwischen den 70er und 80er Jahren des 1. Jahrhunderts errichtet worden sein. In Tacitus’ Bericht über die Taten seines Schwiegervaters Agricola in Britannien heißt es dazu:

Den vierten Sommer verwendete er [Agricola] darauf, zu halten, was er durcheilt hatte, und hätten die Tapferkeit der Armeen und der Ruhm des römischen Namens es gestattet, so hätte in Britannien selbst eine Grenze für unsere Eroberungen gefunden werden können. Den Clota (Firth of Clyde) und Bodotria (Firth of Forth), Meeresarme, die durch die Gezeiten gegenüberliegender Meere eine ungeheure Strecke [ins Landesinnere] führen, sind nur durch einen schmalen Landstreifen getrennt. Da dieser dann mit Kastellen befestigt und dazu alles näher an den Buchten gelegene [Land] besetzt wurde, wurden die Feinde gleichsam auf eine andere Insel verdrängt. “

Tacitus: Agricola 23

Als Domitian 87 n. Chr. die Legio II Augusta und die meisten Auxiliareinheiten für seinen Dakerkrieg aus den schottischen Lowlands abzog, wurde die Nordgrenze an der Linie Tyne-Solway Firth festgelegt, entlang der sich auch die Stanegatestraße hinzog. Alle Kastelle der Lowlands, wie z.B. das Legionslager Inchtuthil, wurden nach und nach wieder aufgegeben und dabei offenbar von ihren eigenen Besatzungen planmäßig zerstört. Die nachgewiesenen Brandschichten in diesen Befestigungen stammen alle aus dieser Zeitperiode. Nur die großen Kastelle von Newstead und Ardoch sollten später in der Zeit des Antoninus Pius wieder besetzt werden.

Der Rückzug war im Jahre 105 n.Chr. abgeschlossen. Im selben Jahr verlegte Kaiser Trajan zusätzliche Hilfstruppenkontingente an die Stanegatestraße. Zwischen Chesterholm, Carlisle und Corbridge wurden neue Kastelle in Brampton, Old Church, Nether Denton, Carvoran (?), Castlesteads (?) und Newbrough angelegt. Man verkürzte damit die Distanz zwischen den einzelnen Lagern auf etwa einen halben Tagesmarsch. Ebenfalls neu gegründete Kleinkastelle, wie die von High Crosby, Castle Hill, Boothby, Throp und Haltwhistle Burn sowie vorgeschobene Wachtürme bei Pike Hill und Walltown Crags (ersterer wurde später als WT 45a in den Hadrianswall eingegliedert), an beiden Ufern des Irthing, verdichteten die Festungslinie noch weiter. Im ihrem westlichen Abschnitt wurde die Stanegate durch die Militärlager bei Burgh und Kirkbride geschützt. Ihnen gegenüber lag das Siedlungsgebiet der Rom feindlich gesinnten Selgovii. Um deren ständigen Überfälle auf die Provinz zu unterbinden, wurde möglicherweise schon zu trajanischer Zeit ein Erdwall angelegt, der später durch den Hadrianswall ersetzt wurde.

Das nördlich der Grenze liegende Land galt zwar als weitgehend unbesiedelt; dennoch war eine massive militärische Schutztruppe hier unverzichtbar. Gleichzeitig damit setzte sich die römische Armee endgültig in dieser Region fest. Laut der von 1973 bis 1993 von Robin Birley in Vindolanda aufgefundenen Holztäfelchen (“Vindolanda Tablets”), die einen kleinen Einblick in das tägliche Lagerleben am Stanegate ermöglichten, fällt auf, dass zu dieser Zeit zwei Drittel der Soldaten (und fünf von sechs Zenturionen) meist gar nicht im Kastell anwesend waren (Tab. Vind.154). Offenbar war die militärische Bedrohung der nördlichen Grenze zu dieser Zeit nicht besonders hoch. Nach Errichtung des Hadrianswalles in der Mitte des 2. Jahrhunderts verlor die Stanegatelinie ihre Funktion als Grenzsicherungszone.

Straßenstruktur

Der Stanegate unterschied sich von anderen Römerstraßen dahingehend, dass letztere relativ geradlinig angelegt wurden, dies war beim Stanegate nicht möglich, da er auch teilweise durch schwieriges und hügeliges Gelände führt. Ihr Verlauf nahm zunächst auf die Topographie des Landes kaum Rücksicht, erst spätere Änderungen passten sie dem Gelände etwas besser an. Der untersuchte Abschnitt bei Corbridge ist 6,7 m breit. An beiden Seite befanden sich mit Steinplatten abgedeckte Abflußkanäle. Der Unterbau bestand hier aus einer 150 mm dicken Schicht aus größeren Steinen, der eigentliche Straßenbelag aus einer 250 mm starken Kiesschicht.

Verlauf

Die Stanegate beginnt östlich von Corstopidum/Coria und kreuzt sich hier mit der Dere Street der antiken Hauptverbindungsstraße nach Schottland. Möglicherweise führte der Stanegate von Corstopidum noch weiter östlich nach Newcastle, bislang konnten dafür aber noch keine archäologischen Beweise beigebracht werden. Westlich davon überquert sie den Cor Burn, folgt dann dem Nordufer des Tyne, bis sie die heutige Ortschaft Wall, Grafschaft Northumberland, erreicht. Über den nördlichen Tyne existierte vermutlich eine Brücke, über der man zum Kleinkastell Newbrough gelangte, dem ersten römischen Militärstützpunkt nach Corstopidum.

Ab Newbrough wendet sich die Stanegate nach Westen, folgt parallel dem südlichen Abschnitt des Tyne und trifft auf das Kastell Vindolanda, das sie durchquert. Danach kreuzt sie eine moderne Militärstraße und passiert an seiner Südseite das Kleinkastell von Haltwhistle Burn. Dann setzt sich die Trasse wieder vom Tyne ab und führt am Kastell Magnis vorbei, nun ca. 20 Meilen von Corstopidum entfernt. An diesen Punkt wird die Straße vom Maiden Way, der vom Süden (Whitley Castle) heranführt, überdeckt.

Ab Magnis führt die Straße - immer entlang des Irthing - weiter nach Südosten, erreicht das Kleinkastell von Throp und danach das Kastell Nether Denton, 24 ½ Meilen von Corstopidum entfernt. Ab Nether Denton folgt die Straße weiter dem Flussufer, passiert das Kleinkastell Castle Hill, Boothby und erreicht eine Meile später das Kastell Brampton, Old Church, das ca. 30 ½ Meilen von Corstopidum entfernt liegt.

Bei Brampton überquert die Straße den Irthing und setzt sich weiter bis Irthington und High Crosby fort. An einem nicht genau bekannten Punkt quert sie den Eden und erreicht schließlich ihre Endstation, das Kastell von Luguvalium, 38 Meilen von Corstopidum entfernt. Es wird vermutet, dass die Straße noch etwas weiter nach Westen lief, bis in das 4 ½ Meilen entfernte Kirkbride an der Küste des Solway Firth, wo sich wahrscheinlich ebenfalls ein römisches Militärlager befand.

Kastelle

Folgende Kastelle sind am Stanegate bekannt:

Lateinischer Name Nächstgelegener Ort
Pons Aelii Newcastle ?
Corstopidum/Coria Corbridge
Newbrough (KK)
Vindolanda Chesterholm
Haltwhistle Burn (KK)
Magnis Carvoran
Throp (KK)
Nether Denton
Castle Hill, Boothby (KK)
Brampton, Old Church
Luguvalium Carlisle
Kirkbride ?

* KK = Kleinkastell

Literatur

  • Margot Klee: Grenzen des Imperiums, Leben am römischen Limes. K. Theiss Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-2015-8, S. 9-11.
  • Kai Brodersen: Das römische Britannien. Spuren seiner Geschichte. Primus Verlag, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-080-8, S. 159-161 (Quellensammlung).
  • Raymond Selkirk: The Trail of the Legions. Anglia Publishing, 1995, ISBN 1-897874-08-1, S. 107-120.
  • David J. Breeze, Brian Dobson: Hadrian’s Wall. Allen Lane, 1976, ISBN 0-14-027182-1, S. 16-24.
  • Frank Graham: The Roman Wall: Comprehensive History and Guide. Frank Graham, Newcastle upon Tyne 1979, ISBN 0-85983-140-X, S. 185–193.

Weblinks

 Commons: Stanegate – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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