Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel

Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel

Die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel (STH Basel) in Riehen bei Basel ist eine evangelikal geprägte Hochschule mit Promotionsmöglichkeit, die Studierenden unterschiedlicher christlicher Denominationen offen steht. Die STH Basel versteht sich als Alternative zu den theologischen Fakultäten der staatlichen Universitäten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1970 wurde die STH Basel unter dem Namen Freie Evangelisch-Theologische Akademie (FETA) von Samuel Külling (†2003) gegründet und erhielt die staatliche Genehmigung zur Errichtung einer Hochschule zur Ausbildung evangelischer Pfarrer.[1]

Die Gründung der damaligen FETA erfolgte im Umfeld eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs,[2] der in (West-)Deutschland Mitte der 1960er Jahre Kontur angenommen hatte. Zu ihm gehörten auch Organisationen wie die Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« und die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen Deutschlands,[2] in denen auch FETA-Gründungsmitglied Georg Huntemann aktiv war.[3] Auch die Gründung der FTH Gießen (früher FTA) kann diesem Aufbruch zugerechnet werden.[2]

Anlass der Aufbruchsbewegung waren die stark rationalen, entmythologisierenden Bibelauslegungen um den Theologen Rudolf Bultmann in den 1950er Jahren, die auch den Weg auf etliche Kirchenkanzeln fanden sowie eine zunehmende Politisierung in der evangelischen Kirche der alten Bundesrepublik, gegen die sich eine Gegenbewegung aus konservativen Kirchenkreisen formierte.[4] Diese suchte den Weg zurück zu einer Kirche mit möglichst wortwörtlicher Auslegung der Bibel und konservativen Hierarchien.

Im Jahr 1977 wurden Studien an der STH Basel vom schweizerischen Konkordat der Landeskirchen als gleichwertig mit denen an staatlichen Fakultäten anerkannt.[1] Diese Anerkennung besteht heute nicht mehr. 1987 wurde für Doktoratsstudien das Freie Seminar der Theologie in Genf eröffnet.[1] Die Umbenennung der FETA in Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel erfolgte schließlich 1994.[1] Im Jahr 1998 erteilte ihr das schweizerische Bundesamt für Bildung und Wissenschaft (BBW) und die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) die Einstufung als „universitäre Institution" im Zusammenhang mit der Lissabon-Konvention,[1] die Umstellung des Studienangebotes gemäß den Bologna-Richtlinien erfolgte ab dem Studienjahr 2007/2008.[5]

Bibelverständnis

Die FETA verstand sich von Beginn an als Alternative zum herkömmlichen Theologiestudium an staatlichen Hochschulen, das der vormalige FETA-Student und heutige FTH-Gießen-Dozent[6] Thomas Schirrmacher 1983 aus der Sicht eines sich als bibeltreu verstehenden Christen so beschrieb:

„Theologiestudium ist kein Zuckerschlecken... Manch einer sollte es lieber lassen, anstatt umzukommen. Wer es dennoch wagt, braucht die klare Unterstützung einer Beterschar und einer bibelgläubigen Gemeinde, einen erfahrenen Seelsorger und die Bereitschaft, doppelt zu studieren: einmal an der Universität das falsche und dann, leider oft im Selbststudium, die biblischen Grundlagen.“[7]

Das Bibelbekenntnis der FETA hatte folgenden Wortlaut:

„Die Bibel Alten und Neuen Testaments ist in allen ihren Aussagen vom Heiligen Geist inspirierte göttliche Offenbarung und daher die einzige maßgebliche Quelle von Wahrheit und Glauben und die uneingeschränkte Autorität in jeder Hinsicht, namentlich für Lehre und Leben. Sie ist das auf allen Gebieten völlig zuverlässige, sachlich richtige, wahre, widerspruchsfreie Wort Gottes. Ihre Voraussagen (Prophezeiungen) sind echt und haben sich erfüllt oder werden sich noch erfüllen.“[8]

Obwohl innerhalb der evangelikalen Bekenntnisbewegungen keine Einigkeit darüber zu erzielen war, was denn nun als das authentisch angenommene Wort Gottes zu verstehen ist, war FETA-Gründungsmitglied[9] Georg Huntemann ein hartnäckiger Verfechter einer einzigen wortwörtlichen und als wahr anzuerkennenden Bibelauslegung.[10] Huntemann verschob das Problem mangelnder Einigkeit in als grundlegend empfundenen Glaubensfragen wie der Frauenordination dahingehend, dass man in der Bekenntnisbewegung in der Besinnung auf die „Unfehlbarkeit der Bibel nicht radikal genug gewesen“ sei.[11]

Heute formuliert die Hochschule in ihrem Internetauftritt zu ihrem „Bekenntnis zur Heiligen Schrift“, dass die Mitglieder der Organe und des Lehrkörpers „auf Sachkritik an der Bibel“ verzichten und offenen Fragen „mit Respekt und Zurückhaltung“ begegneten. Sie versuchten „das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Bibel zu fördern und die gegen sie vorgebrachten Argumente zu entkräften“. Nach ihrem Leitbild versucht die STH „in kritischer Auseinandersetzung mit den Prämissen historisch-kritischer Methodik [...] eine im Vergleich zu den staatlichen Fakultäten im deutschsprachigen Bereich alternative Form von Theologie zu entwickeln“.

In ihrem aktuellen Leitbild „versteht sie gemäß den neueren hermeneutischen Einsichten die Forderung nach verschiedenen Interpretationszugängen zur Schrift als im Ansatz richtig und verpflichtet sich zu Transparenz und kritischer Reflexion ihrer methodischen Ansätze und Grundüberzeugungen“, da „keine Methode oder theologische Richtung das Geheimnis der Gottesoffenbarung völlig auszuloten vermag“.[12]

Anerkennung

Im Zuge der Bologna-Reform befindet sich die STH Basel im Akkreditierungsprozess für den Bachelor und Masterabschluss in Theologie, ist bislang aber nicht staatlich anerkannt.[13] . Das bisherige Lizenziatsprogramm in Theologie läuft gemäß der Studienreform aus. Gegenwärtig berechtigen die Hochschulabschlüsse der STH Basel ohne einen zweiten kirchlich anerkannten Abschluss nicht zum Eintritt in das Vikariat, das aufs Pfarramt vorbereitet.[14] Ebenso ist zur Promotion an einer staatlichen Schweizer Theologischen Fakultät der weitere Abschluss nötig. Studienleistungen können allerdings in gewissem Umfang durch die Theologischen Fakultäten anerkannt werden. So hat es die Ausbildungskommission der Konkordatskonferenz im September 2010 beschlossen. Studierende der STH müssen demnach bisher zusätzlich an einer staatlichen Theologischen Fakultät studieren und dort den Masterabschluss erwerben, um ins Vikariat aufgenommen zu werden. Dazu sind für STH-Absolventen weitere Studienleistungen von bis zu 3 bis 4 Semestern erforderlich. Doppelt immatrikulierte Studierende können diese Zeit verkürzen, indem Sie gleichzeitig an der STH und an der Universität studieren.

Die Zulassung zum Studium an der STH Basel erfordert neben Matura bzw. Abitur auch ein Glaubensbekenntnis. Die Absolventen des Theologiestudiums erwerben die akademischen Grade Bachelor der Theologie, Master der Theologie bzw. lic. theol.. Die STH Basel bietet auch die Möglichkeit zur Promotion.

Professoren & Dozenten

Literatur

  • Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966-1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5.
  • Friedhelm Jung: Die deutsche evangelikale Bewegung. Grundlinien ihrer Geschichte und Theologie. (Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1991) 3., erweiterte Auflage, Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2001, ISBN 3-932829-21-2.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e STH Basel: Portrait - Zur Geschichte der STH Basel.
  2. a b c Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966-1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 17ff, bzw. S. 29f.
  3. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche - Zukunft der Bekenntniskirche. Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell 1997, ISBN 3-88002-080-9, Information auf dem Buchrücken.
  4. Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966-1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 8ff.
  5. STH Basel: Theologiestudium - Bachelor-Programm. Bologna-Reform.
  6. Freie Theologische Hochschule Gießen: Dozenten.
  7. Thomas Schirrmacher: Umzingelt - Fronten im Theologiestudium.  in: 'Informationsbrief der Bekenntnisbewegung. Lüdenscheid 1983,  zitiert nach: Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966-1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 34.
  8. Reinhard Scheerer: Bekennende Christen in den evangelischen Kirchen Deutschlands 1966-1991. Geschichte und Gestalt eines konservativ-evangelikalen Aufbruchs. Haag und Herchen, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-86137-560-5, S. 30.
  9. Christian Frei: Georg Huntemann, einer der markantesten und originellsten Theologen wird 80. In: STH-Postille 3, S. 3.
  10. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche - Zukunft der Bekenntniskirche.  Bad Liebenzell 1979, ISBN 3-88002-080-9, vgl. S. 77ff, insbes. S. 79.
  11. Georg Huntemann: Diese Kirche muss anders werden! Ende der Volkskirche - Zukunft der Bekenntniskirche.  Bad Liebenzell 1979, ISBN 3-88002-080-9, S. 79.
  12. Portrait - Leitbild der STH Basel. Abgerufen am 17. Juni 2011.
  13. Auf der offiziellen, von der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten geführten Liste der anerkannten Hochschulen ist sie nicht aufgeführt: Anerkannte Schweizer Hochschulen. Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, 26. Oktober 2011, abgerufen am 8. November 2011.
  14. Rechtsgrundlagen des Konkordats betreffend die gemeinsame Ausbildung der evangelisch-reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer und ihre Zulassung zum Kirchendienst, Art.17c

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