Springreiter

Springreiter
Springreiten in der US Army 1941

Springreiten ist eine Disziplin des Pferdesports, bei dem Pferd und Reiter einen aus mehreren Hindernissen bestehenden Parcours in einer festgelegten Reihenfolge überwinden. Bei den Hindernissen kann es sich um Steilsprünge, Hochweitsprünge, Geländehindernisse (Gräben, Wassergräben, Wälle, Billiards) handeln. Hindernisse können einzeln, als Distanzen oder als offene/geschlossene Kombinationen mehrerer Einzelhindernisse auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Hindernisse

Die Abmessungen der Hindernisse betragen normalerweise bis zu 1,60 m in der Höhe und 2 m in der Tiefe. Wassergräben dürfen maximal 4,50 m weit sein. In Einzelfällen können diese Abmessungen deutlich überschritten werden (Derby, Mächtigkeitspringen). Bei Turnieren sind je nach Klasse verschiedene Mindest- und Höchstmaße zugelassen (nach LPO2004):

Animation nach Bildern von Eadweard Muybridge, die die Sprungtechnik im 19. Jahrhundert zeigt
Klasse Höhe Weite Hinderniszahl (Halle/mindestens) Hinderniszahl (im Freien/mindestens)
E 85 cm 85 cm 6 7
A* 95 cm 95 cm 6 7
A** 105 cm 105 cm 6 7
L 115 cm 115 cm 7 8
M* 125 cm 125 cm 8 9
M** 135 cm 135 cm 9 10
S* 140 cm 140 cm 9 10
S** 145 cm 145 cm 9 10
S*** 150 cm 150 cm 10 11
S**** 155 cm 155 cm 10 11

Springprüfungen

Es werden folgende Arten von Springprüfungen unterschieden:

Springprüfung nach Fehler/Zeit
Für das Abwerfen von Hindernisteilen (Reißen = 4 Strafpunkte), das Stehenbleiben (Verweigern = 4 Strafpunkte) und das Überschreiten der erlaubten Zeit (= 0,25 Strafpunkte (national) bzw. 1 Strafpunkt (international) pro angefangene Sekunde) werden Strafpunkte vergeben. Gewonnen hat der Reiter mit der geringsten Fehlerzahl, bei Gleichheit entscheidet die kürzere Zeit oder ein Stechen über einen verkürzten Stechparcours. Das Zeitspringen ist die meistgerittene Springprüfung.
Stilspringen
Beim Stilspringen wird der Reiter mit einer Wertnote von 0 bis 10 beurteilt. Für Hindernisfehler (Abwürfe) gibt es 0,5 Punkte Abzug, Verweigerungen oder sonstiger Ungehorsam führen beim ersten Mal zu 0,5 Punkten, beim zweiten Mal zu 1,0 Punkten Abzug. Eine dritte Verweigerung führt zum Ausschluss. Ein Sturz des Reiters und ein Sturz des Pferdes führt aus Gründen der Sicherheit zum sofortigen Ausschluss. Beim Stilspringen wird auf den Sitz des Reiters geachtet. Auf langen Strecken soll der Reiter im leichten Sitz und das Pferd im Innengalopp sein.
Springpferdeprüfung
Im Rahmen einer Springpferdeprüfung wird die Ausbildung und Eignung eines jungen Pferdes (bis 6 Jahre) für den späteren Einsatz in Springprüfungen beurteilt. Die Pferde bekommen Noten von 0 bis 10.
Mächtigkeitsspringen
Beim Mächtigkeitsspringen werden nur etwa 3 Hindernisse überwunden, eines davon meistens eine Mauer, deren Höhe nach jedem fehlerlosen Überwinden erhöht wird.

Als Vorübung zum Springreiten dienen unter anderem die Stangenarbeit und Sprungreihen, die oft auch im Rahmen der Grundausbildung bei Pferden benutzt werden, die nicht eigens für den Springsport bestimmt sind. Viele Trainer/Ausbilder propagieren solche regelmäßigen Übungen auch als gezielten Ausgleich bei der Gymnastizierung von spezialisierten Dressur- und auch Nichtsportpferden.

Während junge Pferde meist nach ersten Überzeugungen, das Pferd über ein Hindernis zu bekommen, noch sehr vertrauensvoll und willig über kleinere Hindernisse springen, können Pferde durch eine falsche Reittechnik sehr schnell springunfreudig gemacht werden, man sagt dann, diese Pferde seien „sauer“.

Caprilli

Geschichte der Sportart

Springreiter-Turniere, die mit den heutigen vergleichbar sind, kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Den modernen Springsitz setzte der italienische Rittmeister Federico Caprilli durch.

Olympische Geschichte

Olympisch ist Springreiten (Einzel) seit Paris 1900, für Mannschaften seit Antwerpen 1920. In Paris gab es einmalig Hoch- und Weitsprünge zu Pferde, in Antwerpen 1920 Kunstreiten.

Bis zu den Spielen in Mexiko-Stadt 1968 bestand eine Mannschaft aus nur drei Reitern, die alle gewertet wurden. Schied einer aus, war die Mannschaft aus dem Rennen. Deshalb gab es in Los Angeles 1932 keine Mannschaftsmedaillen, da kein komplettes Team durchkam. Seit München 1972 besteht die Mannschaft aus vier Reitern.

Olympiasieger

Siehe auch: Liste der Olympiasieger im Reitsport

Olympiasieger
Jahr Land Athlet Pferd Sportart
1900 Belgien Aimé Haegemann Benton II Jagdspringen
1900 Frankreich Dominique Gardères Canéla Hochspringen
1900 Italien Giangiorgio Trissino Oreste Hochspringen
1900 Belgien Constant van Langhendonck Extra Dry Weitspringen
1912 Frankreich Jean Cariou Mignon Jagdspringen
1920 Italien Tommaso Lequio di Assaba Trebecco Jagdspringen
1924 Schweiz Alphonse Gemuseus Lucette Jagdspringen
1928 Tschechoslowakei František Ventura Eliot Jagdspringen
1932 Japan Takeichi Nishi Uranus Jagdspringen
1936 Deutschland Kurt Hasse Tora Jagdspringen
1948 Mexiko Humberto Mariles Cortes Arete Jagdspringen
1952 Frankreich Pierre Jonquères d'Oriola Ali Baba Jagdspringen
1956 BR Deutschland Hans Günter Winkler Halla Jagdspringen
1960 Italien Raimondo d'Inzeo Posillipo Jagdspringen
1964 Frankreich Pierre Jonquères d'Oriola Lutteur B Jagdspringen
1968 USA William Steinkraus Snowbound Jagdspringen
1972 Italien Graziano Mancinelli Ambassador Jagdspringen
1976 BR Deutschland Alwin Schockemöhle Warwick Rex Jagdspringen
1980 Polen Jan Kowalczyk Artemor Jagdspringen
1984 USA Joe Fargis Touch of Class Jagdspringen
1988 Frankreich Pierre Durand Jappeloup de Luze Jagdspringen
1992 Deutschland Ludger Beerbaum Classic Touch Jagdspringen
1996 Deutschland Ulrich Kirchhoff Jus de Pomme Jagdspringen
2000 Niederlande Jeroen Dubbeldam De Sjiem Jagdspringen
2004 Brasilien Rodrigo Pessoa Baloubet du Rouet Jagdspringen
2008 Kanada Eric Lamaze Hickstead Jagdspringen

Kritik

Tierschützer weisen regelmäßig auf Auswüchse beim Springreiten hin, vor allem auf das Barren. Barren ist im Sport verboten, es wird aber dennoch praktiziert, da dadurch die Pferde die Vorderbeine höher heben und entsprechend höhere Hindernisse überwinden können. Einer der frühesten und schärfsten Kritiker an dieser Praxis der Springreiter war in den 1970er Jahren der Journalist Horst Stern in seiner Fernseh-Sendung Bemerkungen über Pferde. Der Wildbiologe Antal Festetics, merkt an: „Das Pferd ist völlig ungeeignet zum Springen. Anders als etwa der Löwe hat es von Haus aus eine steife Wirbelsäule, und damit muss es bei einem Springturnier völlig artwidrig sein Eigengewicht und noch den Reiter über die Hürde bringen.“ Diese Aussage ist umstritten, da Pferde durchaus eine bewegliche Wirbelsäule haben und die frei schwingende Wirbelsäule ein Ausbildungsziel der Dressurreiterei ist. Auch kommen jüngere Untersuchungen einer Arbeitsgruppe von Holger Preuschoft, emeritierter Professor für Anatomie von der Ruhr-Universität Bochum, zu einer anderen Schlussfolgerung: „Es erweist sich, dass der Durchmesser der Wirbelsäule … an jeder Stelle genau den höchsten Kräften proportional ist, die wir für springende Pferde errechnet haben. (…) Aus diesem Befund kann man übrigens die Folgerung ableiten, dass Pferde durchaus für das Springen geschaffen sind.“

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Horst Stern: Bemerkungen über Pferde. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe des Kindler-Verlags, München 1971. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1994, ISBN 3-440-06890-0

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