Sprechplatte

Sprechplatte

Als Sprechplatten, kurz für Sprech-Schallplatten, werden ursprünglich Schellack- oder Vinyl-Schallplatten – seltener inzwischen auch Audio-CDs – bezeichnet, die in der Hauptsache Wortbeiträge gleich welcher Art enthalten.

Sprachaufnahmen für literarische Sprechplatten

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zeitweise mehr als Worttonträger für Blinde genutzt, ist die literarische Sprechplatte ein Vorläufer des heutigen Hörbuchs. Die Erfindung der Langspielplatte bedeutete für die literarische Sprechplatte einen gewaltigen Fortschritt, da man durch sie in die Lage versetzt war auch längere literarische Texte, wie eine Schallplattenfassung von Faust I in der Inszenierung von Gustaf Gründgens, die 1954 für die herausgebende Deutsche Grammophon-Gesellschaft überraschend zum Verkaufsschlager wurde, bequem auf wenigen Plattenseiten herauszubringen. Zuvor war für die kommerziell hergestellte Sprechplatte eine Beschränkung auf Rezitationen einzelner Gedichte, Monologe oder Szenen im Wesentlichen zum Zweck der Dokumentierung herausragender Sprechstimmen des Theaters (z.B. Alexander Moissi, Joseph Kainz oder Albert Bassermann) üblich gewesen, im Gegensatz zur Blindenbücherei, für die bereits vor der Entwicklung der LP mit weniger bekannten Interpreten auch längere Texte bis zur Romanlesung auf bis zu über vierzig Schellack-Platten produziert wurden. Herausragende Interpreten der langspielenden literarischen Sprechplatte waren später Schauspieler wie Mathias Wieman, Will Quadflieg, Oskar Werner, Helmut Qualtinger oder Klaus Kinski, aber auch Schriftsteller wie Thomas Mann, Carl Zuckmayer, Erich Kästner, Eugen Roth, Siegfried Lenz oder Günter Grass erwiesen sich auf Sprechplatten als hervorragende Sprecher ihrer eigenen Werke.

Reihen literarischer Sprechplatten

Die ersten eigenständigen Reihen literarischer Sprechplatten, die sich seit den 50er Jahren etablieren konnten, waren das auf Ernst Ginsberg zurückgehende bis heute fortgesetzte „Literarische Archiv“ bei Deutsche Grammophon, die Stimmen der Dichter der Herderschen Verlagsbuchhandlung, TelefunkensWort und Stimme“ und die Marke „Lebendiges Wort“ der österreichischen Plattenfirma Preiser Records.

Erscheinende Wortproduktionen sind zu einem großen Teil Eigenproduktionen der Plattenfirmen, aber auch viele zunächst als Hörfunksendung produzierte Lesungen oder Hörspiele erfahren auf Sprechplatten eine Zweitverwertung. Seltener geben auch Buchverlage als Ergänzung ihres gedruckten Programms Sprechplatten (in erster Linie mit Autorenstimmen) heraus, zum Teil als kostenlose Werbeartikel.

Weitere Genres

Wichtige Genres neben der literarischen Sprechplatte sind dokumentarische Sprechplatten mit Sprachaufnahmen aus Politik und Zeitgeschichte, Kabarett- und Witzeplatten (hier sind vor allem Jürgen von Manger und Otto Waalkes zu nennen, die für ihre Sprechplatten wiederholt Goldene Schallplatten erhielten), aber auch Märchen- und Hörspielschallplatten für Kinder.

Auch Lebenshilfe (z. B. auf dem Seelophonie-Label Oscar Schellbachs), Gesundheitsinformation und -ratgeber (z. B. Distar) und Sprachkurse waren Gattungen der Sprechplatte von jeher.

Ende der Sprechplatte

Anders als im Bereich Musiktonträger wurde die Vinyl-Schallplattenproduktion im Wortbereich, die bereits seit der Einführung der Compact Cassette merklich zurückgefahren worden war, nach der Einführung der Audio-CD bis auf seltene Sonderveröffentlichungen (Beispiele sind das John Sinclair-Hörspiel Der Anfang und Folgen der Drei Fragezeichen-Reihe) komplett eingestellt.

Literatur

  • Arnold Littmann: Die deutschen Sprechplatten. Eine kritische Bibliographie. Hueber, München 1963.
  • Helm Hartmann: Sprechplatten Katalog. Gesamtverzeichnis der Literatur- und Spezial-Schallplatten. Bielefelder Verlagsanstalt, Bielefeld 1965/1966 und 1968/1969.

Siehe auch

  • Portal Gesprochenes Wort

Weblinks


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