Spitzbogenstil

Spitzbogenstil

Der Spitzbogen ist ein aus zwei Kreisen konstruierter Bogen mit Spitze. Er gilt in der Architektur als ein zentrales Element der Gotik.

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion und Formen

Spitzbögen von links nach rechts:
normaler Spitzbogen
gedrückter Spitzbogen
überhöhter Spitzbogen, bzw. Lanzettbogen

Ein Spitzbogen wird aus zwei Kreisen, beziehungsweise deren Segmenten oder Kreisbögen, konstruiert.

  • Beim sogenannten normalen oder gleichseitigen Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte auf den Kämpfer-Punkten. Die Länge der Kreisradien entspricht der Bogenspannweite.
  • Beim gedrückten Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte zwischen den Kämpferpunkten. Die Länge der Kreisradien ist kleiner als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist geringer als beim normalen Spitzbogen.
  • Beim überhöhten Spitzbogen liegen die Kreismittelpunkte außerhalb der Kämpferpunkte. Die Länge der Kreisradien ist größer als die Bogenspannweite. Die Höhe des Scheitelpunktes über den Kämpfern ist größer als beim normalen Spitzbogen. Diese Bogenform wird auch Lanzettbogen genannt. Das zugrundeliegende englische lancet leitet sich von lance (Lanze) ab und spielt auf die Form einer Lanzenspitze an.[1]

In einer weitergefassten Definition zählen auch Bögen, die aus mehr als zwei Kreisbögen konstruiert werden zu den Spitzbögen, so der Vorhangbogen, der Kielbogen (bzw. Eselsrücken) und der Tudorbogen.[2]

Der Spitzbogen der Gotik

Gotisches Maßwerkfenster mit Spitzbogen

Der Spitzbogen gilt als ein zentrales Element der Baukunst der Gotik. Der Begriff Spitzbogenstil findet sich auch als eine ältere Bezeichnung für die gotische Baukunst als solche.[3] Die Verwendung von Spitzbögen hatte sowohl formale, als auch konstruktive Gründe. Gegenüber dem vorher dominierenden Rundbogen bedeutete der Spitzbogen eine Annäherung an diejenige Bogenform, die dem statischen Kräfteverlauf entspricht, die Parabel.

Erste Spitzbögen fanden sich bereits in der Burgundischen Romanik.[4] In der gotischen Sakralarchitektur (St. Denis) wurden sie seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts verwendet.[5] Von Frankreich aus verbreitete sich diese Bogenform um 1200 nach Deutschland, wurde bis in das frühe 16. Jahrhundert hinein benutzt und jahrhunderte später, in der Neogotik, wieder aufgegriffen.[5]

Lanzettfenster

Lanzett-Drillingsfenster mit überhöhtem Spitzbogen in Salisbury Cathedral, 13. Jh.
Lanzett-Zwillingsfenster

Eine Sonderform des Spitzbogenfensters ist das Lanzettfenster. Es handelt sich um ein schlankes Fenster mit einem überhöhten Spitzbogen (Lanzettbogen) als Abschluss. Das Lanzettfenster gilt, wie der Lanzettbogen, insbesondere als ein Element der englischen Frühgotik.[6] Dort wurde dieser Fenstertyp häufig in Gruppen verwendet.[7] Als Beispiele dafür wird ein einfaches Lanzettfenster in Witney in der Grafschaft Oxfordshire um 1220, ein Lanzett-Zwillingsfenster in Lincoln um 1250 und auch ein Lanzett-Drillingsfenster in Salisbury um 13. Jh. aufgeführt.[8]. Bei einem Lanzett-Drillingsfenster, überragt das mittlere der drei Fenster die beiden anderen[9]. Das Motiv des Lanzett-Drillingsfensters wird im Historismus wiederaufgenommen.

Ein Spitzbogenfries ist eine in der Gotik entwickelte Friesornamentik aus kleinen Spitzbögen.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Satz nach Encyclopædia Britannica Online, Lemma lancet window, online unter http://www.britannica.com/EBchecked/topic/329060/lancet-window, abgerufen 2008-11-17
  2. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Spitzbogen
  3. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Spitzbogenstil
  4. Satz nach Fritz Baumgart: DuMont's kleines Sachlexikon der Architektur, Köln, 1977, Lemma Spitzbogen
  5. a b Satz nach Hans-Joachim Kadatz: Wörterbuch der Architektur, Leipzig, 1988, Lemma Spitzbogen
  6. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Lanzettbogen
  7. Satz nach Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur, 4. Auflage, Stuttgart, Kröner, 2005, Lemma Lanzettfenster
  8. Wilfried Koch: Baustilkunde,Orbis-Verlag, München 1988, S. 196 und S. 412
  9. siehe das aufgeführte Beispiel bei Wilfried Koch auf S.412

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