Spirulina

Spirulina
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Spirulina

Spirulina

Systematik
Domäne: Bakterien
Stamm: Cyanobacteria
Klasse: Cyanobacteria
Ordnung: Oscillatoriales
Gattung: Spirulina
Wissenschaftlicher Name
Spirulina
Turpin ex Gomont 1892
Spirulina subsalsa

Spirulina ist eine Gattung der Cyanobakterien (früher als „Blaualgen“ bezeichnet). Teils werden 35 Arten unterschieden (zum Beispiel Spirulina platensis; Spirulina fusiformis; Spirulina maxima), es ist jedoch unklar, ob nicht diese 35 Arten möglicherweise doch alle derselben Art angehören, da Spirulina ihre Gestalt in Abhängigkeit vom Nährstoffgehalt und pH-Wert des Wassers ändert.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Das Bakterium bildet mehrzellige, wendelförmige Filamente. Die zylindrischen Zellen haben einen Durchmesser von etwa 1 bis 5 μm und eine Länge (Höhe) von etwa 1 bis 3 µm. Sie sind hintereinander angeordnet in langen, rechts- oder linkshändig wendelförmigen Filamenten mit einer Länge von 0,5 mm oder mehr und einem Wendeldurchmesser von 5 bis 40 μm. Das Längenwachstum der Filamente ist mit Zellteilung verbunden, ihre Vermehrung erfolgt durch Zerfall der Filamente.

Spirulina ist oxygen photosynthetisch und enthält nur Chlorophyll a, das auch bei Pflanzen vorkommt. Da Spirulina zu den Prokaryoten gehört, ist das Chlorophyll jedoch nicht wie bei den eukaryoten Pflanzen in organisierten Zellstrukturen, den Chloroplasten, lokalisiert, sondern es befindet sich in Membranen, die über fast die ganze Zelle verteilt sind. Spirulina erhält durch weitere Pigmente, die das Chlorophyll-Grün überlagern, einen grün-bläulichen Farbton.

Die Spirulina-Filamente bilden Decken wie andere fädige Cyanobakterien. Infolge der Alkalisierung durch Verbrauch von Kohlenstoffdioxid kann darin Calciumcarbonat abgeschieden werden. Man nimmt an, dass auf diese Weise so genannte Stromatolithen entstehen und auch in früheren geologischen Zeiten entstanden sind. Die ältesten bekannten Stromatolithen kommen in Gesteinsschichten vor, die vor über drei Milliarden Jahren im Präkambrium entstanden sind. Dies lässt vermuten, dass oxygen-photosynthetische, Kohlenstoffdioxid-assimilierende Mikroorganismen, möglicherweise Cyanobakterien, dazu beigetragen haben, die kohlenstoffdioxidreiche Ur-Erdatmosphäre mit Sauerstoff (O2) anzureichern, ihren Kohlenstoffdioxid-Gehalt zu vermindern und so ihr die heutige Zusammensetzung zu verleihen.

Vorkommen

Spirulina kommt in stark alkalischen Salzseen (pH-Wert zwischen 9 und 11) vor, sie besiedelt flache, subtropische bis tropische Gewässer mit hohem Salzgehalt, vor allem in Mittelamerika, Südostasien, Afrika und Australien. Sie wurde schon seit alters her von den an diesen Gewässern wohnenden Menschen als Nahrung genutzt, zum Beispiel von den Kanembu am afrikanischen Tschadsee in Form von Dihe und am mexikanischen Texcoco-See (als Tecuitatl von den Azteken). An das Letzte erinnert noch heute die Sodakonzentrationsschnecke im Tal von Mexiko.

Kultivierung und Inhaltsstoffe

Spirulina-Biomasse wird heute in Aquakulturen bei einer Wassertemperatur von bis zu 35 Grad Celsius produziert. Zur Ernte pumpt man das Wasser mit den Mikroorganismen durch einen Filter oder eine Zentrifuge und trocknet den so gewonnenen Schlamm anschließend mit Heißluft. Spirulina ist auch unter der Bezeichnung „Mikroalgen“ im Handel. Ein Problem stellt die mögliche Kontamination mit Microcystinen durch (teilweise toxische) Algen dar, sofern das Bakterium nicht in separaten, abgeschlossenen Becken kultiviert, sondern aus offenen Seen geerntet wird. Bei der Kultivierung von Spirulina wurden noch keine Microcystine gefunden.

Die getrockneten grünfarbigen Präparate zeigen eine nach Herkunft unterschiedliche Zusammensetzung: (igv-gmbg)

  • Proteine 55–67 %
  • Kohlenhydrate 10–19%
  • Fette 7–15%
  • Mineralstoffe 5–9%

In den Proteinen sind alle essentiellen Aminosäuren enthalten. Außerdem sind β-Karotin – eine Vorstufe des Vitamin A –, B-Vitamine und Vitamin E enthalten sowie in hohen Konzentrationen Calcium, Eisen und Magnesium. Im Unterschied zu Meeresalgen enthält Spirulina als Süßwasser-Cyanobakterium kein Iod.

Verwendung

Spirulina-Tabletten

Jährlich werden etwa 3000 Tonnen Rohmasse Spirulina platensis aus kommerziellem Anbau als Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Spirulina ist in Deutschland wie auch die Süßwasseralge Chlorella in Form von Pulver oder Tabletten als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich und wird in (Bio-)Lebensmitteln als nährstoffreiche Zutat verarbeitet (Nudeln, Fruchtriegel, Getränkepulver etc.). Spirulina ist auch Bestandteil vieler Fischfutter und einiger Katzenfuttermittel. Andere Verwendung findet man in der Biotechnologie und in der Biotechnik, wo Spirulina unter anderem als Biokatalysator in Fermentationsprozessen und zur Energiegewinnung verwendet wird.

Verwendung als Nahrungsergänzung

Bei Spirulina-Produkten als Nahrungsergänzungsmittel wird der Eiweißgehalt und Vitamin B12-Gehalt ausgelobt. Die Dosis, die über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen wird (etwa 2–3,5 g), ist jedoch so gering, dass sich die ergänzende Eiweißzufuhr in der Regel kaum bemerkbar macht. „Die Bewerbung der Proben enthielt Aussagen zu den hohen Gehalten dieser Alge bzw. der aus ihr hergestellten Nahrungsergänzungsmittel an Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Angesichts der nur unwesentlichen Zufuhr an den o. g. Nährstoffen durch den bestimmungsgemäßen Verzehr der Präparate wurde die Bewerbung als irreführend [...] beurteilt.“[1].

Vitamin B12

Spirulina enthält – bezogen auf den analytisch ermittelten hohen Gesamtwert – zu ca. 80 % eine unwirksame Form des Vitamins („Pseudovitamin B12“, „Vitamin B12 Analoge“), bei etwa 20 % handelt es sich um die vom Menschen verwertbare Vitamin-Form. Dieses Verhältnis von verwertbarem Vitamin und sog. Analoga findet sich in vielen, auch tierischen Lebensmitteln, ist also keine Besonderheit der Mikroalge. Einer rein theoretischen Überlegung zufolge ist es möglich, dass ein Übermaß an Analoga die Aufnahme und den Stoffwechsel des physiologischen Vitamin B12 blockieren kann; bewiesen ist diese Theorie weder durch Experimente noch durch Patientenstudien.[2] Studien in 1991 und 1999 mit Kindern, die ein Vitamin B12-Defizit aufwiesen, zeigten, dass nach Gabe von Spirulina zwar der Blutspiegel an messbaren Cyanocobalaminen anstieg, die Krankheitssymptome jedoch nicht verschwanden.[3]

Toxin (Microcystin)-Problematik

Durch Kulturenanbau, Herstellerkontrollen sowie technische Anleitungen der Microalgae Biomass Industry (Industrie für Mikroalgen-Biomasse) u.a. für ELISA-Tests scheinen Spirulina-Produkte frei von Toxinen zu sein. Microcystine wurden bisher fast ausschließlich in Produkten gefunden, die gänzlich oder teilweise aus der Grünen Spanalge (AFA für Aphanizomenon flos-aquae) hergestellt wurden.

Mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit

Die Anwendung von Spirulina-Präparaten senkt möglicherweise die Cholesterin-Konzentration im Blut. Da bei den durchgeführten Studien jedoch nur ein geringer Effekt zu Tage trat und die jeweilige Anzahl der Probanden bei den Studien gering war, müssen weitere Studien zeigen, ob Spirulina tatsächlich als cholesterinsenkend einsetzbar ist, und die mit der Nutzung möglichen Nebenwirkungen (vor allem allergische Reaktionen, von denen bisher allerdings keine bekannt sind) vertretbar sind.

Literatur

  • Chamorro G, Salazar M, Araujo KG, dos Santos CP, Ceballos G, Castillo LF: Update on the pharmacology of Spirulina (Arthrospira), an unconventional food. In: Arch. Latinoam. Nutr. Bd. 52, Nr. 3, Review, 2002, S. 232-240.
  • Hirano M, Mori H, Miura Y, Matsunaga N, Nakamura N, Matsunaga T: Gamma Linolenic Acid Production by Microalgae. In: Applied Biochemistry and Biotechnology Bd. 24-25, 1990, S. 183-192.
  • Khan Z, Bhadouria P, Bisen PS: Nutritional and therapeutic potential of Spirulina. In: Current pharmaceutical biotechnology. Bd. 6, Nr. 5, 2005, S. 373-379.
  • Meyer Marianne E.: "Spirulina das blaugrüne Wunder." 7. Aufl., Aitrang, 2005
  • Meyer Marianne E.:Spirulina: Wundernahrung der Zukunft. Unglaubliche Heilerfolge mit der blaugrünen Alge. 2. Aufl., Norderstedt 2003.
  • Vonshak A: Recent Advances in Microalgal Biotechnology. In: Biotechnology Advances Bd. 8, Nr. 4, 1990, S. 709-728.
  • Zerbst M, Jochum-Guillou M: Algen, natürliche Quelle der Vitalität. Süßwasseralgen und Meeresalgen. Trias, Stuttgart 1998.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt:Untersuchungen zur Lebensmittelsicherheit 2004 http://www.verbraucherschutz.sachsen-anhalt.de/wirueberuns/jahresberichte/jb04/jb2004-03-00.pdf
  2. Watanabe F, Katsura H, Takenaka S, Fujita T, Abe K, Tamura Y, Nakatsuka T, Nakano Y: Pseudovitamin B(12) is the predominant cobamide of an algal health food, spirulina tablets. In: J Agric Food Chem. Jg. 47, Nr.11, 1999, S.4736-4741.
  3. Geoffrey P. Webb: Dietary supplements and functional foods. Wiley-Blackwell, 2006, ISBN 9781405119092, S. 196

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