Sozialer Aufstieg

Sozialer Aufstieg

Von Sozialem Aufstieg spricht man, wenn sich die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht beziehungsweise zu einer Einkommensgruppe oder Qualifikationsstufe nach oben verändert. Das Gegenteil ist sozialer Abstieg.

Beides sind Formen von vertikaler sozialer Mobilität innerhalb einer Gesellschaft – im Gegensatz zur horizontalen Mobilität, bei der sich bestimmte sozial relevante Faktoren (zum Beispiel der Arbeitsplatz) verändern, ohne dass dies Auswirkungen auf die Schichtzugehörigkeit hat.

Inhaltsverzeichnis

Varianten

Sozialer Aufstieg kann sich im Verlauf von Generationen vollziehen oder auch bei der Karriere einer Einzelperson. Ein typischer Fall des sozialen Aufstiegs ist der Zwei-Generationen-Aufstieg über einen Plattformberuf.

Sozialer Aufstieg oder Abstieg kann auch ganze Berufsgruppen betreffen, wenn ihre wirtschaftliche oder kulturelle Grundlage sich verbessert oder verloren geht. Auch Einwanderer suchen in der Regel den sozialen Aufstieg, was oft auf den Umstand zurückzuführen ist, dass Einwanderer häufig auf sehr niedrigem Niveau in die aufnehmende Gesellschaft eingegliedert werden, so dass sich ein starkes Bedürfnis nach einer Statusverbesserung entwickelt.

Geschichte

Im Mittelalter waren die Möglichkeiten zu einem sozialen Aufstieg gering und am ehesten noch in Kirche und Klerus gegeben. Gesellschaftliche Stellung übertrug sich in der Ständeordnung meist durch Erbfolge, was zu fast unüberwindlichen Standesgrenzen führte. Dies begann sich mit der Französischen Revolution zu ändern. Im 19. Jahrhundert waren der Erwerb von Adelstiteln oder der Hoffähigkeit beim Bürgertum sehr begehrt. Die Einführung der Gewerbefreiheit brach die Schranken des Zunftwesens und ermöglichte manchen den materiellen Aufstieg. Der Parvenu, der durch Kleidung, Geld, Titel seinen sozialen Aufstieg signalisierte, wurde allerdings oft gering geschätzt. Zumindest im deutschen Sprachgebiet einigte man sich auf Bildung als wichtiges Statusmerkmal („Geistesadel“).

In modernen Gesellschaften geht der soziale Aufstieg oftmals mit einem Bildungsaufstieg einher. Nach wie vor wird jedoch dieser Aufstieg durch Bildungsbenachteiligungen gebremst und selbst bei höchster Ausbildung (Promotion) bleibt der Aufstieg in die Elite noch abhängig von der sozialen Herkunft.

Vom Tellerwäscher zum Millionär

Die Redewendung Vom Tellerwäscher zum Millionär bezeichnet den Aufstieg einer Person von der Armut hinauf zum Reichtum. Sie ist ein verbreiteter Archetyp in der Literatur und der Pop-Kultur. In der englischen Sprache existiert mit „from rags to riches“ („von Lumpen zu Reichtümern“) eine ähnliche Redewendung. Als „Self-made man“ wird eine Person bezeichnet, die eine Karriere in dieser Art von Aufstieg gemacht hat. Auch der Begriff Emporkömmling wird in diesem Zusammenhang benutzt.

Diese Handlungsmuster geben dem Armen die Hoffnung, reich und berühmt zu werden. Sie sind am verbreitetsten in Gesellschaften wie den USA, wo der Glaube an die Chance des sozialen Aufstieges in eine andere Gesellschaftsschicht einen entscheidenden Teil des Nationalbewusstseins ausmacht.

Nach der Studie Understanding Mobility in America des Ökonomen Tom Hertz von der American University ist die soziale Mobilität in den USA jedoch deutlich geringer als in den meisten europäischen Ländern.[1] Wer arm ist, bleibt in aller Regel arm, wer in der unteren sozialen Schicht geboren wird, hat seinen Untersuchungen nach kaum eine Chance aufzusteigen. Daher ist der Mythos, dass jeder alles erreichen kann, wenn er sich denn nur ausreichend anstrengt, für die weniger Begabten und sozial Benachteiligten eher ein Fluch; denn er suggeriert, dass alle Armen und Bedürftigen im Grunde an ihrer Situation selber schuld sind.

In Deutschland ist die Redewendung ebenso verbreitet, allerdings ist die soziale Mobilität in Deutschland seit den 1980ern (zuvor hatte sie sich in der Nachkriegszeit bis 1978 noch erhöht) gesunken und nur noch vergleichsweise gering.[2] Aufstiegsgeschichten nach dem Muster Vom Tellerwäscher zum Millionär fehlen in Gesellschaften mit strenger Hierarchie oder Kastenwesen wie in Indien.

Medien und historische Persönlichkeiten

Zahlreiche Medien in Vergangenheit und Gegenwart bedienen sich des Motivs „vom Tellerwäscher zum Millionär“:

Self-made man

Der Begriff Self-made man (übersetzt „selbst gemachter Mann“) ist in den USA entstanden; er beschreibt (auch als Idealvorstellung) jemanden, der sich aus einfachen oder ärmlichen Verhältnissen durch eigene Kraft und viel Arbeit zu Erfolg, Wohlstand und Ansehen "hocharbeitet".

Der Begriff Self-made man wurde von Frederick Douglass (1818–1895) geprägt, der im Jahr 1859 eine Rede mit diesem Titel hielt. Darin gab er eine Definition des Self-made man und erklärte, mit welchen Mitteln ein derartiger Aufstieg zu verwirklichen sei. In seiner Autobiografie A Narrative of the Life of Frederick Douglass, an American Slave schildert er sein Leben als einen Prototyp der rags to riches story. Als Sklave geboren, schaffte Douglass es durch harte Arbeit und einen unbeugsamen Willen, sich selbst zu befreien und zum berühmtesten Afro-Amerikaner seiner Zeit zu werden. Douglass hielt seine Self-made-man-Rede mehr als 50 Mal in den USA, Kanada und Großbritannien.

Die Vorstellung vom "Self-made man" ist ein Kernstück des American Dream - ein Traum seit den Zeiten der ersten Einwanderer. Als Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der USA, seine Autobiographie verfasste, gab er mit ihr eine Gebrauchsanleitung dafür, wie ein unbekannter Sohn eines Kerzendrehers zu einem wirtschaftlich äußerst erfolgreichen, hochangesehenen Mitglied der amerikanischen Gesellschaft werden konnte, indem er sich selbst eine neue Identität jenseits seiner angestammten sozialen Klasse schuf. Franklin konnte diesen Gedanken eloquent Ausdruck verleihen. Sein sozialer Aufstieg wurde von der Lebens- und Erfolgsgeschichte seines Zeitgenossen Johann Jakob Astor noch übertroffen, der den Aufstieg vom mittellosen Einwanderer zum ersten Multimillionär der USA schaffte.

Siehe auch

Referenzen

  1. Florian Rötzer: Tellerwäscher bleibt Tellerwäscher - Nach der Analyse eines amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers sind die Aufstiegschancen in den USA weitaus geringer als in den meisten europäischen Ländern abgerufen am 6. April 2008
  2. Tagesspiegel: Wenn Leistung nicht lohnt, Oktober 2010

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • sozialer Aufstieg — sozialer Aufstieg,   Vorgang der vertikalen Mobilität, die positiv bewertete Veränderung der sozialen Position von einzelnen Individuen oder sozialen Gruppen. In der gegenwärtigen Schichtungsgesellschaft der westlichen Industrieländer wird der… …   Universal-Lexikon

  • Sozialer Abstieg — Unter sozialer Mobilität versteht man die Bewegung von Einzelpersonen und/oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozio ökonomischen Positionen.[1] So bringt zum Beispiel die Veränderung des Berufs oder der Stellung im Berufsleben Veränderungen… …   Deutsch Wikipedia

  • Aufstieg — Das Wort Aufstieg steht für: Karriere im Beruf Sozialer Aufstieg, in der Gesellschaft eine einfache Treppe das Abheben eines Ballons Anodos, in der platonischen Philosophie der Aufstieg der Erkenntnis Aufstieg (Film), sowjetischer Spielfilm,… …   Deutsch Wikipedia

  • sozialer Abstieg — sozialer Abstieg,   Soziologie: Aufstieg …   Universal-Lexikon

  • Aufstieg — Besteigung; Beförderung; Stiege; Stufen; Treppe * * * Auf|stieg [ au̮fʃti:k], der; [e]s, e: 1. /Ggs. Abstieg/: a) das Aufwärtssteigen: sie wagte den Aufstieg auf den steilen Berg. b) Aufwärtsentwicklung …   Universal-Lexikon

  • Sozialer Tag — Logo von Schüler Helfen Leben Schüler Helfen Leben e. V. (kurz SHL) ist ein 1992 gegründeter Verein, der sich Bildungs und Friedensarbeit auf dem Westbalkan zum Ziel gesetzt hat. In Deutschland sammelt Schüler Helfen Leben (SHL) Spenden für die… …   Deutsch Wikipedia

  • Sozialer Raum — Das Konzept des Sozialen Raums wurde von dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu entwickelt. Es dient der Darstellung und Analyse sozialer Strukturen und individueller Positionen. Die Verteilungsstrukturen des gesamtgesellschaftlichen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Muslimischer Sozialer Bund e.V. — Milli Görüş (häufig auch Millî Görüş geschrieben) ist eine transnationale islamische Bewegung, dessen wichtigste Organisationsvehikel die türkische Partei Saadet Partisi[1] und der europäische Dachverband Islamische Gemeinschaft Milli Görüş sind …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeiterfamilie — Unter Arbeiterkindern werden, neben der reinen Wortbedeutung „Kinder von Arbeitern“, Kinder oder Jugendliche mit Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht verstanden, die über geringeres Einkommen, Ansehen und Bildungschancen verfügen. Der Begriff… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeiterkind — Unter Arbeiterkindern werden, neben der reinen Wortbedeutung „Kinder von Arbeitern“, Kinder oder Jugendliche mit Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht verstanden, die über geringeres Einkommen, Ansehen und Bildungschancen verfügen. Der Begriff… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”