Soziale Distanz

Soziale Distanz

Soziale Distanz beschreibt in der soziologischen Proxemik das differenzierte Verhalten zweier Akteure zueinander.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Soziale Distanz kann auf Unterscheidungsmerkmale in der Zugehörigkeit zu Kasten, Klassen, Schichten, Machteliten oder sozialen Milieus beruhen. Daraus können sich unterschiedliche Verhaltensweisen ergeben: Ein Verhalten kann z. B. als respektvoll, abschätzig, kühl und geregelt gelten. Im Gegensatz dazu stehen intime, ungezwungene und konsensfähige Verhaltensweisen. Dieser Gegensatz wird analytisch im Strukturalismus benutzt, etwa in der Familiensoziologie.

Achtet eine Person nicht auf soziale Distanz, wird auch von Distanzlosigkeit gesprochen.

Üblicherweise wird von normalen und etablierten Mitgliedern einer Gesellschaft gegenüber Ausgegrenzten wie beispielsweise psychisch Kranken, Behinderten, Bettlern, Wohnungslosen eine soziale Distanz eingehalten. Diese beinhaltet das Vermeiden von direkten Kontakten, eine auf formale Situationen (Hilfeleistung, Behörde) beschränkte Kommunikation und im Alltag zur Schau gestelltes Ignorieren und Übersehen. Eine Distanzierungsweise im Sprachlichen (z. B. gegenüber Fremden) ist das Siezen.

In der postmodernen Gesellschaft verschwimmen die ehemals scharfen Trennungslinien zwischen Klassen und Schichten. Es entwickeln sich individualisierte Lebenswelten, die teilweise im Rückgriff auf lokale, regionale oder ethnische Zugehörigkeiten neue, gegen Außenstehende abgegrenzte, distanzierte Identitätsangebote („Parallelgesellschaften“) liefern. Ebenso entstehen neue Grenzlinien sozialer Distanz zwischen verschiedenen Berufsgruppen, gegenüber Fremden oder neuen Randgruppen.

Messung

Vor allem in psychologischen Untersuchungen zur Vorurteils- und Diskriminierungsforschung werden sogenannte Soziale Distanzmaße eingesetzt, um die Bereitschaft für Kontakte mit anderen Personen oder Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen - und damit auch indirekt Vorurteile - zu messen.[1]

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. Paulsen, K./Balch, P. (1984). A note on the assessment of ethnic attitudes in preschool children. In: Journal of Community Psychology, 12, 288-290.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Distanz — Entfernung; Abstand; Weite; Ferne * * * Dis|tanz [dɪs tants̮], die; , en: 1. räumlicher, zeitlicher oder innerer Abstand: die Distanz zwischen beiden Läufern betrug nur wenige Meter, Sekunden; kein Gefühl für Distanz haben; sehr auf Distanz… …   Universal-Lexikon

  • Distanz — Die Distanz (von lat. distare abstehen, entfernt sein), der Abstand (Neuschöpfung Philipp von Zesens) ist: der Abstand, die gradlinige Entfernung zwischen Punkten oder Gegenständen in Raum oder Zeit oder zwischen Werten die Strecke (Geometrie)… …   Deutsch Wikipedia

  • Soziale Netze — Soziale Netzwerke im Sinne der Informatik sind Netzgemeinschaften bzw. Webdienste, die Netzgemeinschaften beherbergen. Handelt es sich um Netzwerke, bei denen die Benutzer gemeinsam eigene Inhalte erstellen (User Generated Content), bezeichnet… …   Deutsch Wikipedia

  • Soziale Klasse — Der Begriff Klasse bezeichnet in der Soziologie eine Gruppe von Menschen, die sich durch gemeinsame, insbesondere ökonomische Merkmale, aber häufig auch durch ein spezifisches Zusammengehörigkeitsgefühl oder Klassenbewusstsein auszeichnen. Sehr… …   Deutsch Wikipedia

  • Soziale Mobilität — Unter sozialer Mobilität versteht man die Bewegung von Einzelpersonen und/oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozio ökonomischen Positionen.[1] So bringt zum Beispiel die Veränderung des Berufs oder der Stellung im Berufsleben Veränderungen… …   Deutsch Wikipedia

  • Soziale Inzucht — Unter Inzucht versteht man im allgemeinen die bevorzugte Paarung zwischen relativ nahen Blutsverwandten, in der Tierzucht und Pflanzenzucht im speziellen die Kreuzung möglichst naher Verwandter, um genetisch möglichst reinerbige Inzuchtlinien zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Horizontale soziale Mobilität — Unter sozialer Mobilität versteht man die Bewegung von Einzelpersonen und/oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozio ökonomischen Positionen.[1] So bringt zum Beispiel die Veränderung des Berufs oder der Stellung im Berufsleben Veränderungen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vertikale soziale Mobilität — Unter sozialer Mobilität versteht man die Bewegung von Einzelpersonen und/oder Gruppen zwischen unterschiedlichen sozio ökonomischen Positionen.[1] So bringt zum Beispiel die Veränderung des Berufs oder der Stellung im Berufsleben Veränderungen… …   Deutsch Wikipedia

  • Intime Distanz — Die Proxemik (von lat. proximus „der Nächste“) ist ein Gebiet der Psychologie und der Kommunikationswissenschaft sowie ein Teilbereich der Lokomotorik. Sie untersucht, welche Signale Individuen durch das Einnehmen eines bestimmten Abstandes… …   Deutsch Wikipedia

  • Persönliche Distanz — Die Proxemik (von lat. proximus „der Nächste“) ist ein Gebiet der Psychologie und der Kommunikationswissenschaft sowie ein Teilbereich der Lokomotorik. Sie untersucht, welche Signale Individuen durch das Einnehmen eines bestimmten Abstandes… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”