Sovereign wealth fund

Sovereign wealth fund

Als Staatsfonds (engl. Sovereign wealth fund, SWF) werden Fonds bezeichnet, deren Kapital sich im Eigentum eines Staats befindet. Im Jahr 2008 halten Staaten Fonds im Wert von ca. 3,5 Billionen Dollar, davon allein China 1,2 Billionen Dollar[1]. Weil es oftmals um sehr hohe Summen geht, sind Staatsfonds zu mächtigen Mitspielern auf den Finanzmärkten geworden. So hat der norwegische Statens pensjonsfond 40 % seines Kapitals in 3500 Unternehmen angelegt[2]. Weltweit größter Staatsfonds ist der ADIA-Staatsfonds (aus den Vereinigten Arabischen Emiraten) mit etwa 875 Milliarden Dollar[3].

Inhaltsverzeichnis

Gründe für die Bildung von Staatsfonds

Staaten bilden solche Fonds insbesondere aus folgenden Gründen und gemäß folgenden Interessenlagen:

Ausgleich von Preisschwankungen von Rohstoffen

Um hohe Einnahmen aus Rohstoff-Verkäufen in Zeiten hoher Preise anzulegen, um in Zeiten niedriger Preise für die exportierten Rohstoffe den fehlenden Zustrom an Geldern durch Rückgriff auf die angelegten Reserven auszugleichen. Ein Beispiel ist der Copper SF Chiles mit 3,9 Milliarden Dollar Anlagesumme (2007) zum Ausgleich von Kupfer-Preisschwankungen. Ein weiteres Beispiel ist der Stabilisation Fund Russlands.

Schutz der Volkswirtschaft vor Inflation

Wenn Einnahmen aus Rohstoffverkäufen so groß sind, dass dieses Geld nicht mehr sinnvoll und/oder nicht ohne Schaden für die eigene Volkswirtschaft ausgegeben werden kann. So sind etwa die Öl- und Gaseinnahmen Norwegens so groß, dass, wenn sie komplett ausgegeben würden, eine extreme Inflation die Folge wäre.

Reserven für die Zeit nach der Erschöpfung von Rohstoffvorräten

Wenn ein Staat in hohem Maß auf die Einnahmen aus Rohstoffverkäufen angewiesen ist, die Rohstoff-Reserven aber absehbar zur Neige gehen und daher Geld aus diesen Verkäufen angelegt wird, um aus dessen Erträgen künftig den Staatshaushalt zu stützen. Ein Beispiel ist der Kuwait Future Generations Fund der Kuwait Investment Authority. Ähnliche Fonds gibt es auch in anderen erdölexportierenden Staaten.

Anlage von Devisenüberschüssen

Wenn eine stark vom Staat geprägte Wirtschaft, wie z.B. die Chinas, hohe Devisen-Überschüsse erzielt, um diese gewinnbringend anzulegen.

Staatliche kapitalgedeckte Rentenversicherungen

Um Renten-Ansprüche und künftige Rentenzahlungen durch Einnahmen aus einem staatlich gebildeten Kapitalstock zu gewährleisten (kapitalgedeckte Rentenversicherung). Beispiel sind der Government Pension Investment Fond Japans und das California Public Employees’ Retirement System (CalPERS).

Anlage von Haushaltsüberschüssen

Um Haushaltsüberschüsse eines Staates gewinnbringend anzulegen.

Strategische Ziele

Um strategische Investitionen zu tätigen, z. B. in Rohstoffvorkommen in fremden Staaten, in als zukunftsträchtig eingestufte Industriezweige und Technologien, in Rüstungsbetriebe fremder Staaten etc. Ein historisches Beispiel ist die Gründung der heutigen British Petroleum, damals Anglo-Persian Oil Company, die gegründet wurde, um durch Erschließung und Ausbeutung der Erdölvorkommen Persiens die Ölversorgung für die britische Flotte zu sichern. Großbritannien übernahm 1914 auf Drängen Winston Churchills zu 51 % die Anteile der Firma, die damit praktisch von der Admiralität kontrolliert wurde. Mit den Einnahmen des Investments wurde unter anderem der britische Nachrichtendienst Secret Intelligence Service finanziert.

Spezielle Aufgaben

Um mit einer abgesonderten Vermögensmasse eine bestimmte Aufgabe oder Aufgaben zu erfüllen. Insoweit kann auch z. B. die von Deutschland aus überlassenen Geldern des Marschallplans gebildete Kreditanstalt für Wiederaufbau als Staatsfonds angesehen werden, die günstige Kredite für als förderwürdig angesehene Zwecke vergibt. Das Fondsgeld wird einerseits durch diese Kredite angelegt und vermehrt und erreicht andererseits eine Förderung bestimmter politischer Ziele wie Existenzgründungen oder Maßnahmen zum Energiesparen.

Bedingungsloses dauerhaftes Einkommen für die Bürger

Um die Bevölkerung durch dauerhafte Anlage eines Teils von Rohstoffeinnahmen und eine dauernde Ausschüttung eines Teils der Einnahmen des Fonds an die Bürger, einerseits sofort und ständig, andererseits dauerhaft am Rohstoffreichtum ihres Landes teilhaben zu lassen. Einziges Beispiel für diesen Zweck ist der Alaska Permanent Fund.

Beispiele von Staatsfonds

Die größten bekannten Einzelfonds sind: (Wenn nicht anders angegeben Stand 2008)

  • Abu Dhabi Investment Authority (ADIA), Vereinigte Arabische Emirate: 875 Milliarden Dollar (Erdöleinnahmen), (1976 gegründet)
  • Sama Foreign Holdings, Saudi Arabien, 431 Milliarden US-Dollar (2009), 2008 gegründet[4]
  • Safe Investment Company, China, 347 Milliarden US-Dollar (2009), 1978 gegründet[4]
  • Government Pension Fund Global, Norwegen: 346 Milliarden Dollar (Erdöleinnahmen für Pensionen)[5] (1990 gegründet)
  • Government of Singapore Investment Corporation Pte Ltd (GIC), Singapur: 330 Milliarden Dollar (Schätzung, Eigenangabe: über 100 Milliarden Dollar)[6] (1981 gegründet)
  • State FX Investment Group + HueijingCo, Volksrepublik China: 300 Milliarden Dollar (Devisenüberschüsse aus staatlichen Exporten)
  • Kuwait Investment Authority, Kuwait: 213 Milliarden Dollar (1953 gegründet)
  • China Investment Corporation, China, 200 Milliarden Dollar, (2007 gegründet)
  • Stabilisation Fund, Russland: 127,5 Milliarden Dollar (Rohstoffeinnahmen, hauptsächlich Erdöl), (2004 gegründet)
  • Temasek Holdings, Singapur: 108 Milliarden Dollar, (1974 gegründet)
  • Alaska Permanent Fund, Alaska: 40,2 Milliarden Dollar (Erdöleinnahmen zugunsten der Einwohner Alaskas), (1976 gegründet)
  • Australian Future Fund, Australien: 40 Milliarden Dollar [1]
  • Brunei Investment Authority, Brunei: 30 Milliarden Dollar, (1983 gegründet)
  • Korea Investment Corporation (KIC), Südkorea, 20 Milliarden Dollar, (2005 gegründet)
  • Khazamah Nasional BHD, Malaysia, 17,9 Milliarden Dollar, (1993 gegründet)
  • National Development Fund, Venezuela, 17,5 Milliarden Dollar, (2005 gegründet)
  • Alberta Heritage Savings Trust Fund, Kanada (Alberta), 16,4 Milliarden Dollar, (1976 gegründet)
  • National Stabilisation Fund, Taiwan, 15,2 Milliarden Dollar, (2001 gegründet)
  • National Fund, Kasachstan, 14,9 Milliarden Dollar, (2000 gegründet)
  • Mubadala Development Company, Vereinigte Arabische Emirate (Abu Dhabi), 10 Milliarden Dollar, (2002 gegründet)
  • Economic and Social Stabilisation Fund, Chile, 9,7 Milliarden Dollar, (2006 gegründet)
  • Istithmar, Vereinigte Arabische Emirate (Dubai), 8 Milliarden Dollar, (2003 gegründet)
  • DIC, Vereinigte Arabische Emirate (Dubai), 6 Milliarden Dollar (2004 gegründet)
  • State General RF, Oman, 6 Milliarden Dollar, (1980 gegründet)

Außergewöhnliches

Brunei: Hat der Bruder des Sultans acht Milliarden Dollar unterschlagen?

Der Oberste Gerichtshof in Brunei hat mit Billigung von Staatsoberhaupt Sultan Hassan al-Bolkiah im März 2006 ein vom Brunei Investment Authority (BIA) angestrengtes Verfahren auf Rückerstattung veruntreuter Gelder gegen den Bruder des Sultans, Jefri Bolkiah, eingeleitet. Als ehemaliger Finanzminister und Vorsitzender der BIA hatte gemäß diesen Anschuldigungen mehrere Milliarden von US-Dollar für private Zwecke genutzt und war 1998 daraufhin vom Sultan entlassen worden[7].

Norwegen: Nur ethische Investitionen

Neben einer ständigen Diskussion einen größeren Anteil der Öl- und Gaseinnahmen sofort auszugeben, statt anzulegen, gibt es in Norwegen auch eine beständige öffentliche Debatte wegen der Forderungen die großen Investitionen nach ethischen Gesichtspunkten tätigen. Die Gesellschaft Norwegens, eines Staats, der nach den Vergleichslisten der Antikorruptionsorganisation Transparency International zu den korruptionsfreiesten der Welt gehört, legt hier hohe Maßstäbe an. Dazu wurde ein Ethischer Beirat eingerichtet, das vorschlagen kann, Firmen aus dem Anlageuniversum des „Statens pensjonsfond“ auszuschließen. Meist folgt das Finanzministerium diesen Ratschlägen. Die Empfehlungen und Entscheidungen werden auf der Homepage des Finanzministeriums von Norwegen [8] veröffentlicht.

Reglementierung

In einigen Rechtsordnungen ist die feindliche Übernahme von Firmen in bestimmten Wirtschaftszweigen durch ausländische Investoren genehmigungspflichtig bzw. untersagt. Typische verbotene oder genehmigungspflichtige Bereiche sind die Rüstungsindustrie, Massenmedien, Telekommunikation und Energieversorgung.

Ein Beispiel für ein Land mit strenger Reglementierung sind die USA. Deren Committee on Foreign Investment in the United States, (CFIUS), prüft bei Investitionen ausländischer Investoren regelmäßig, ob die staatliche Sicherheit tangiert ist. Es besteht sogar die Möglichkeit, Verträge nachträglich zu annullieren. So untersagte Washington zum Beispiel den Versuch des arabischen Unternehmens Dubai Ports, das Management mehrerer amerikanischer Häfen zu übernehmen.[9]

In Deutschland ist nur die Rüstungsbranche durch die Genehmigungspflicht bei Investitionen durch Ausländer überhaupt gesichert. Gegenwärtig gibt es in Deutschland eine Debatte um die Notwendigkeit einer Reglementierung von Staatsfonds. Das Bundeskabinett hat am 20. August 2008 einen Referentenentwurf beschlossen, der nun dem Bundestag vorgelegt werden soll.

Siehe auch

Quellen

  1. Stephen Jen, Morgan Stanley
  2. Quelle: www.godmode-trader.de - Bericht vom 30. April 2008
  3. Quelle: www.zeit.de – Bericht vom 12. Juli 2007
  4. a b Financial News 13. April 2009
  5. Government Pension Fund Global
  6. Government of Singapore Investment Corporation Pte Ltd, GIC
  7. http://www.bpb.de/wissen/Y3YOD9,1,0,Brunei_Darussalam.html
  8. http://www.regjeringen.no/en/dep/fin/Selected-topics/andre/Ethical-Guidelines-for-the-Government-Pension-Fund---Global-/Companies-Excluded-from-the-Investment-U.html?id=447122 Companies Excluded from the Investment Universe
  9. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,490661,00.html Bundesregierung will Unternehmen vor ausländischen Staatsfonds schützen: Spiegel-Online vom 26. Juli 2007

Weblinks


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