Souterrain (Archäologie)

Souterrain (Archäologie)

Souterrain (auch Earthhouse, kornisch: Fogou; schottisch: Weem von uamh ‚Höhle‘) ist in der Archäologie die Bezeichnung für teils sehr komplexe vorgeschichtliche unterirdische Bauten, die aus Stein oder mit größeren Steinanteilen errichtet wurden, in Teilen Irlands auch ohne Steinanteil – als earth-cut souterrain. Auf den Britischen Inseln findet man sie sehr häufig, in der Bretagne gibt es etwa 200 bekannte Souterrains.

Souterrains kommen als selbstständige Bauten vor, oft werden sie aber auch in oder neben anderen Gebäuden wie Rundhäusern (Rennibister auf Orkney), in Duns oder Raths (Irland) liegend gefunden, von denen aus sie dann auch zugänglich sind.

Inhaltsverzeichnis

Bretagne

Hauptartikel: Souterrains in der Bretagne
Souterrain von Tréhuinec bei Vannes Plan und Längsschnitt

Es gibt konzentriert auf die Départements Finistère, Côtes-d’Armor und Morbihan etwa 200 Souterrains in der Bretagne. Sie wurden auf der Grundlage von keramischen Funden und Radiokohlenstoffdaten mit Ausnahme einiger Anlagen aus der Hallstattzeit auf die Latènezeit zwischen 600 und 100 v. Chr. datiert.

Cornwall

Hauptartikel: Souterrains in Cornwall
Hauptkammer des Fogou von Halliggye; Cornwall

In Cornwall gibt es mehr als 30 Exemplare einer speziellen Art von Souterrains, die Fogous (Boleigh bzw. Rosemerryn Wood im Lamorna Valley bei Land's End; Halligye bei Helston, Pendeen, bei St-Just), von denen einige (Carn Euny, bei Penzance), auch runde Kammern besitzen. Sie unterscheiden sich von den schottischen Souterrains durch eine wesentlich komplexere Bauweise.

Die Cornwall Archeological Unit (CAU) entdeckte bei einer geophysikalischen Untersuchung Anomalien in der Erde und im Jahre 2003 begann Margaret Hunt die Ausgrabung des Fogou von Higher Boden. In den Gräben und Wällen wurden Funde aus der Römerzeit gemacht, besonders Töpferware, Münzen, (datiert auf das 2. und 3. Jahrhundert n. Chr.), Spinnwirtel aus Ton, eine kupferlegierte Brosche und eine blaue Glasperle. Es fanden sich Belege für Feuerstellen. Bronzezeitliche Töpferware wurde in einem Rundbau gefunden, darunter das große Randstück einer dekorierten Keramik im Trevisker Stil, das mit einem Durchmesser von ungefähr 34 cm eines der größten war, das in Cornwall gefunden wurde. Der Tunnel des Fogou ist 1,5 m hoch und wird von einer Anzahl riesiger Sturzsteine bedeckt, die auf Bodenniveau liegen. Nahe der Oberfläche wurden ein vermutlich menschlicher Zahn und Stücke schwarzpolierter Töpferware gefunden.

Irland

Hauptartikel: Souterrains in Irland

Mehr als 3.000 oft nur wenige Quadratmeter große unterirdische Räume kommen primär im County Cork, in den Countys Galway und Sligo und im Nordosten (Ulsters) auf der irischen Insel vor. Sie sind baulich weitaus komplizierter als die bretonischen, cornischen und schottischen Souterrains. Es wird grundsätzlich zwischen „Rock-cut“, „Earth-cut“ und „Mixed“ Souterrains unterschieden. Mark Clinton unterteilt die Bauweisen anhand verschiedener Merkmale noch detaillierter, in Souterrains mit:

  • Bänken
  • Drainagen
  • Falltüren
  • Luftröhren
  • Platten mit Seelenloch
  • Senkgruben
  • senkrechten Einstiegen
  • Stützpfeilern
  • Stufen
  • Treppenelementen
  • Türpfosten
  • Wandeinbauten
  • wiederverwendeten Oghamsteinen

Souterrains wurden im Zusammenhang mit Kirchen, Promontory Forts, bei mittelalterlichen Strukturen, Ringforts, (was ihnen den Beinamen Rath Cave eintrug) insbesondere kombiniert mit alten runden Hausgrundrissen gefunden.

Hier ragen die untersuchten bzw. restaurierten Anlagen von Ballynavenooragh, Caherfurvaus, Clogher, Dunisky, Guilford, Killally, Newrath, Oldbridge, Rathcroghan und Smerwick heraus. Viele irische Souterrains können aufgrund der Einsturzgefahr nicht besichtigt werden. Nachbauten der einfacheren Art finden sich in „Archäologischen Parks“ von Craggaunowen im County Clare und im Ulster History Park, County Tyrone, Nordirland. Das in Newtownbalregan im County Louth entdeckte riesige Souterrain hat einen dekorierten Stein (ehemaliger Menhir) als Deckenplatte, der neolithischen Ursprungs ist und hier sekundär verbaut wurde.

Souterrain Ware

Funde in Souterrains sind selten. Jedoch fand sich in mehreren, z.B. Downview, in Westpark, in der Nähe von Belfast flache Keramik welche, obwohl nicht datierbar im nordöstlichen Teil der Insel offenbar aus frühchristlicher Zeit stammt. Sie wird Souterrain Ware genannt, obwohl sie in Ringforts, wie Lissue und Ballyaghagan im County Antrim und in Crannógs wie dem im Lough Faughan, im County Down oder in Siedlungen noch zahlreicher vertreten ist.

Zeitstellung

Eine Bronzenadel im Souterrain Letterkeen im County Mayo, bezeugt ebenfalls ein frühchristliches Datum. Die Handmühlen von Cush, im County Limerick, können nicht älter sein als aus der frühen Eisenzeit. Oghamsteine sind als Baumaterial in Souterrains gefunden worden. 15 wurden in Ballyknock, im County Cork gefunden. Das zeigt, dass die Strukturen nicht viel früher als um die Zeitenwende entstanden sind. Dies gilt weitestegehend auch für die kontinentalen Anlagen.

Schottland

Hauptartikel: Souterrains in Schottland
Das Souterrain von Tealing bei Dundee - stark verzerrte Abbildung

In Schottland sind inzwischen nahezu 500 Souterrains bekannt. Davon befinden sich 25 auf Orkney und 20 auf Skye. Vermutlich gibt es viele weitere Souterrains in Schottland. Bekannte Beispiele sind Ardestie, Carlungie, Culsh, Kirkton und Tealing, sowie Rennibister, Crantit Cairn und Grain Earth House (alle auf Orkney), Kirkton und Pitcur sowie das Souterrain von Kilvaxter und Knock Ullinish (auf der Isle of Skye).

Viele schottische Souterrains liegen in der Grafschaft Aberdeenshire. In Teilen Schottlands und Nordirlands (Ardtole, Craig Hill) sind die unterirdischen Gänge mitunter recht breit und bananenartig gebogen.

Die Gänge orkadischer (Grain, auf Orkney) und irischer Souterrains sind dagegen mitunter extrem eng. Das Souterrain von Rennibister auf Orkney enthielt die Knochen von sechs Erwachsenen und zwölf Kindern. Die Souterrains von Howe bei Stromness und Rowiegar auf Rousay (beide auf Orkney) wurden in außer Funktion gegangenen Kammergräbern installiert.

Zweck

Der Zweck der Souterrains ist seit der Ausgrabung von Windwick nicht mehr völlig unbekannt[1]. Interpretationen als Verteidigungsanlangen oder Ställe wurden verworfen, als am wahrscheinlichsten gilt heute nicht mehr eine Nutzung als Getreidespeicher. Die kultische Funktion ist nicht mehr zu leugnen.[2]

Zeitstellung

Die Aufgabe der Nutzung von Souterrains, wird im Ostens Schottland durch die Anlage von Wainwright im „südlichen Pictland“ charakterisiert. Belege weisen darauf hin, dass die schottischen Souterrains zu Anfang des 3. Jahrhunderts n. Ch., entweder verfüllt oder sogar absichtlich zerstört wurden. Der Prozess der Zerstörung geht einher mit einem Rückgang der Ritualtätigkeit, wie er zuvor nicht bemerkt wurde. Zeitgleich fand eine bedeutende soziale und politische Umorientierung statt, die nur schwer mit der römischen Invasion zu verbinden ist.

Skandinavien

Souterrain bei Løgten Mark

Dänemark

Sieben Souterrains liegen im Norden Jütlands bei Frederikshavn in Løgten Mark (Dänemark). Sie werden dort stenbyggede kælder, deutsch: Steinkeller, oder jernalderkældrene, deutsch: Eisenzeitkeller, genannt. Insgesamt sind die Anlagen wenig erforscht und stammen wohl überwiegend aus der späten Bronze- und der Eisenzeit.

Norwegen

Ein einzigartiges, mehr als 30 m langes Souterrain mit ungeklärtem Alter und rätselhafter Funktion ist Lønngangen nahe der Olavskiche von Avaldsnes in Norwegen.

Abgrenzung

Eine Sondergattung der Souterrains sind Hypogäen, Katakomben und die auch in Deutschland und Österreich vorkommenden Erdställe, die bauliche Gemeinsamkeiten vor allem mit den irischen Souterrains aufweisen.

Literatur

  • Mark Clinton: The Souterrains of Ireland. Wordwell, 2001, ISBN 1-869857-49-6
  • I. McNeil Cooke: Carn Euny village and fogou. in: Antiquities of West Cornwall Guide 3, 1991
  • George Mudie: Excavations on the site of a late Iron Age roundhouse and souterrain, Glen Cloy, Brodick, Isle of Arran. In: Scottish Archaeological Journal. Volume 29, Page 1-29 DOI 10.3366/E1471576708000181, ISSN 1471-5767, 2007
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. europäische Kultstätten der Steinzeit. Band 36 der Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Ian Armit: The abandonment of Souterrains: evolution, catastrophe or dislocation?. In: Proc Soc Antiq Scot. 129 (1999), S. 577–596 (Online).

Siehe auch

Weblinks


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