Souhaila Andrawes

Souhaila Andrawes

Souhaila Sami Andrawes as-Sayeh (* 28. März 1953 in Beirut[1]) alias Soraya Ansari ist ein ehemaliges Mitglied der militanten palästinensischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und eine verurteilte Terroristin.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Souhaila Andrawes, Tochter palästinensischer Eltern, die nach der Staatsgründung Israels ihre Heimatstadt Haifa verlassen mussten, wuchs in Beirut auf. Sie wurde im christlichen Glauben erzogen und absolvierte eine von französischen Nonnen geführte Mädchenschule. Im Jahr 1965 zog sie mit ihren Eltern nach Kuwait, wo sie kurzzeitig eine moslemische Schule absolvierte, die sie jedoch auf eigenen Wunsch hin wieder verließ. Ihr eigentliches Ziel, selbst Nonne zu werden, hätte im überwiegend muslimischen Kuwait niemals verwirklicht werden können, so dass sie nach Jerusalem ziehen wollte. Der Ausbruch des Sechstagekrieges, im Jahr 1967, machte ihre Planungen zunichte. Obwohl Andrawes als Beste ihres Jahrgangs die Schule beendete, erhielt sie keinen Studienplatz, da sie zum einen keine Staatsbürgerschaft Kuwaits besaß aber auch auf der anderen Seite nicht über die nötigen Beziehungen verfügte. Im Libanon, wohin sie im Anschluss zog, studierte sie Englische Sprache und Literatur.

Ihr Sinnungswandel hin zu einer Terroristin begann durch Meinungsbildung von Seiten ihrer palästinensischen Verwandten. 1969 lernte sie die Flugzeugentführerin Leila Khaled kennen, die ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf sie ausübte. Durch finanzielles Engagement bekam Andrawes vermehrt Kontakt zur palästinensischen Widerstandsbewegung. Kurz nach Ausbruch des Libanesischen Bürgerkriegs, 1975, kehrte sie nach Kuwait zurück, wo sie begann als Journalistin zu arbeiten, um so politisch aktiv zu werden. Über einen ihrer Kollegen bekam sie Ende 1976 Kontakt zur Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Anfang 1977 wurde sie im jemenitischen Aden in einem Lager der PFLP militärisch ausgebildet, wo sie den hochrangigen PFLP-Mann Zaki Helou sowie dessen deutsche Frau Monika Haas kennenlernte. Über einen Aufenthalt in Kuwait kam sie Anfang Oktober 1977 nach Bagdad (Irak) wo sie die drei anderen Mitglieder jener Gruppe kennenlernte, mit der sie durch einen Auftrag von Wadi Haddad nur wenige Tage später die Landshut entführte. Am 8. Oktober 1977 traf Andrawes in Palma de Mallorca ein.

Entführung der Landshut

Am 13. Oktober 1977 entführte die zu dem Zeitpunkt israelische Staatsbürgerin Andrawes mit drei weiteren Terroristen des so genannten Kommandos Martyr Halimeh den Lufthansa-Flug LH 181 Landshut. Sie war die einzige überlebende Terroristin nach der Befreiung der Landshut durch die GSG 9 in Mogadischu, der Hauptstadt Somalias. In Fernsehaufnahmen ist sie nach der Befreiung zu sehen, wie sie schwer verwundet auf der Trage noch die Hand zum Victory-Zeichen erhebt.

Spätes Leben

Am 25. April 1978 wurde sie in Somalia zu 20 Jahren Haft verurteilt, jedoch nach knapp zwei Jahren begnadigt und abgeschoben.[2] 1991 zog sie mit ihrem Ehemann und ihrer kleinen Tochter nach Norwegen. Dort wurde sie 1994 aufgrund von Hinweisen deutscher Fahnder aufgespürt, am 13. Oktober – genau 17 Jahre nach dem Beginn der Landshut-Entführung – in Oslo festgenommen und im November folgenden Jahres an Deutschland ausgeliefert, wo sie 1996 für ihre Beteiligung an Mord, Menschenraub, Geiselnahme und Flugzeugentführung zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde.[3]

1997 erhielt sie die Erlaubnis, ihre Reststrafe in Norwegen zu verbüßen, und wurde dorthin verlegt. Da ihre Gesundheit infolge der bei der Erstürmung der Lufthansa-Maschine erlittenen Schussverletzungen beeinträchtigt war, wurde sie 1999 von der norwegischen Regierung vorzeitig aus der Haft entlassen. Seitdem lebt sie mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter wieder in Oslo und besitzt seit 2005 die norwegische Staatsbürgerschaft.[4]

In dem Buch Für die RAF war er das System, für mich war er der Vater von Anne Siemens äußert die Landshut-Geisel Gabriele von Lutzau ihr Unverständnis darüber, dass Andrawes unbehelligt in Norwegen leben könne und für ihre Tat nur insgesamt vier Jahre im Gefängnis gesessen habe. Die ehemalige Stewardess beschreibt Andrawes als besonders grausam und erbarmungslos. So habe sie nur kaltblütig gelacht, als der Anführer der Terroristen den Flugkapitän Jürgen Schumann erschoss.

Andrawes spricht über das Verbrechen in Heinrich Breloers Film Todesspiel (WDR 1997). Dieser Film ist halb Dokumentarfilm, halb Spielfilm. In den Interviews äußert sie Bedauern über ihre Teilnahme an der Tat.

Einzelnachweise

  1. Woman Tied to 1977 Hijacking Fights Extradition to Germany. In: New York Times. 9. Januar 1995 (Textarchiv, abgerufen am 3. Dezember 2008).
  2. Andreas Förster: "Kill me, kill me" schrie sie ihren Bewachern ins Gesicht. In: Berliner Zeitung. 30. April 1996 (Textarchiv, abgerufen am 9. Oktober 2008).
  3. Judka Strittmatter: Zwölf Jahre Haft für Souhaila Andrawes. In: Berliner Zeitung. 20. November 1996 (Textarchiv, abgerufen am 9. Oktober 2008).
  4. Norwegische Regierung begnadigt Souhaila Andrawes. In: Der Tagesspiegel. 30. November 1999, abgerufen am 9. Oktober 2008.

Weblinks


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