Soldatenmord von Lebach

Soldatenmord von Lebach

Als Soldatenmord von Lebach ging ein im Jahre 1969 begangener Mord an vier Soldaten am Bundeswehrstandort Lebach in die bundesdeutsche Geschichte ein.

Inhaltsverzeichnis

Tat

In der Nacht zum 20. Januar 1969 drangen zwei bewaffnete Männer in die Standortmunitionsniederlage Landsweiler des Fallschirmjägerbataillons 261 ein, töteten vier der fünf diensthabenden Wachsoldaten und verletzten den fünften schwer. Sie stahlen dann Munition und zwei Sturmgewehre G3, die die Wachsoldaten bei sich hatten. Die Tat wurde erst am nächsten Tag entdeckt.

Ermittlungen

Das durch die Tat offensichtlich gewordene Defizit bei der Sicherung einer Militäreinrichtung traf die Verantwortlichen der Bundeswehr, das deutsche Parlament und die Öffentlichkeit schwer. Konservative Kreise um den CDU-Abgeordneten Werner Marx aus Kaiserslautern vermuteten zeitnah einen Anschlag aus den Reihen der Außerparlamentarischen Opposition, ohne einen Beweis vorlegen zu können. Grund dafür war unter anderem ein Flugblatt, welches angeblich an der Universität Saarbrücken verteilt worden sein soll. Die von Oberstaatsanwalt Siegfried Buback geleiteten Ermittlungen, verbunden mit einer der größten Fahndungsaktionen der deutschen Nachkriegsgeschichte, brachten eine simplere Geschichte ans Tageslicht: Drei homosexuelle junge Männer aus Landau in der Pfalz wollten durch Erpressung Geld beschaffen, um sich damit abzusetzen. Damit wollten sie ein gemeinsames Leben führen. Die Erpresser, die sich später in Erpresserbriefen auch als „Organisation zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung der Mafia“ ausgaben, konnten durch einen im Rahmen der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst ausgestrahlten Fahndungsaufruf am 25. April 1969 durch einen Hinweis aus dem Hause der Wahrsagerin Madame Buchela festgenommen werden.

Gerichtsverhandlung und Urteil

Am 29. Juni 1970 begann die Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht Saarbrücken in der, für einen Strafprozess ausnahmsweise genutzten, Saarbrücker Kongresshalle. Sie war durch überaus reges Interesse der Bevölkerung geprägt – auf den oberen Rängen wurde geraucht und mitgebrachtes Essen wurde verzehrt – und wurde zuweilen auch als Schauprozess bezeichnet. In der öffentlichen Wahrnehmung spielten auch die homosexuellen Beziehungen zwischen den Tätern eine Rolle.[1] Im öffentlichen Raum ließ der Fall den Ruf nach der Todesstrafe laut werden.

Das Urteil vom 7. August 1970 lautete auf zwei Mal lebenslänglich für die Mörder sowie sechs Jahre Haft für den dritten Beteiligten wegen Beihilfe zum Mord.

Folgen

Nachträgliche politische Bedeutung wurde dem Kriminalfall dadurch zuteil, dass ein 1972 vom ZDF produziertes zweiteiliges Dokumentarspiel zum Thema auf Ersuchen der Täter durch das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Lebach-Urteil ein Sendeverbot erhielt, um u.a. eine Resozialisierung zu ermöglichen. Die Produktion wurde bis zum heutigen Tage nicht öffentlich gesendet.

Eine 1996 von Sat.1 produzierte Dokumentation wurde, nach längerem juristischen Tauziehen, am 13. Januar 2005 zum ersten Mal ausgestrahlt.[2]

In der Dokumentation Soldatenmord – Die Schüsse von Lebach von Inge Plettenberg, die die ARD erstmals 2001 im Rahmen der Reihe Die großen Kriminalfälle ausstrahlte und in der auch Zeitzeugen aus dem Umfeld der Täter zu Wort kommen, wird die Geschichte vor allem aus der Perspektive der damals beteiligten Kriminalisten und Prozess-Berichterstatter erzählt. Die Verurteilten selbst wollten von der Möglichkeit, nach der langen Zeit öffentlich über ihre Tat zu sprechen, keinen Gebrauch machen.[3] Einer der Täter sitzt bis heute in Haft. [4]

Literatur

  • Jürgen Neven-DuMont, Karl Schütz, Rainer Söhnlein: Kleinstadtmörder. Spur 1081. Hintergründe zum Fall Lebach. Hoffmann und Campe, Hamburg 1971, ISBN 3-455-05610-5.

Einzelnachweise

  1. Vgl. die Prozessberichterstattung: Ein Ausbruch aus der europäischen Ordnung. In: Der Spiegel. Nr. 28, 1970 (online).Warum so und später anders …?. In: Der Spiegel. Nr. 29, 1970 (online).Nicht Apo und nicht Mafia. In: Die Zeit, Nr. 27/1970; Gekicher im Saal. Nr. 28/1970; Das Unbegreifliche blieb ohne Erklärung. Nr. 33/1970.
  2. Hintergrundinformationen zum Fall und zur Verzögerung der Sendeerlaubnis der Sat1-Doku In: Berliner Zeitung, 13. Januar 2005
  3. Pressetext zur ARD-Ausstrahlung (vom 7. Juni 2001)
  4. vgl. http://www.saarbruecker-zeitung.de/fotos/storys/40-Jahrestag;art26485,2768197,1

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