Sinn (Uhrenmarke)

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Sinn Spezialuhren ist ein Hersteller von mechanischen Armbanduhren mit Sitz in Frankfurt am Main. Das Unternehmen wurde 1961 von dem Blindfluglehrer und Piloten Helmut Sinn unter dem Namen „Helmut Sinn Spezialuhren“ gegründet.

Sinn Modell 356 Flieger II

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach der Gründung konzentrierte sich das Unternehmen auf die Herstellung von Navigationsborduhren und Fliegerchronographen und verkaufte diese im Direktvertrieb unter Ausschaltung des Zwischenhandels. Die Uhren wurden nach den Vorgaben von Helmut Sinn im Private Label Sektor in der Schweiz produziert. Der Wegfall der Handelsspanne des Zwischenhändlers ermöglichte es dem Unternehmen, die Uhren preiswerter als über die traditionellen Vertriebskanäle anzubieten. Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis sprachen sich insbesondere unter Fliegern schnell herum; als hilfreich erwies sich hierbei auch Helmut Sinns frühere berufliche Tätigkeit als Pilot. 1994 verkaufte Helmut Sinn das Unternehmen an Lothar Schmidt. Der Diplom-Ingenieur, der bereits seit September 1993 im Unternehmen arbeitete, war vorher ab 1981 bei IWC im schweizerischen Schaffhausen tätig, zunächst als freier Mitarbeiter, später als Prokurist. Er verantwortete anfänglich Aufbau und Betrieb der Gehäuse- und Bänderproduktion, sowie Konstruktion und Entwicklung. Später übernahm er auch noch den Aufbau und Betrieb der Werkteileproduktion. Von 1990 bis zum Ausscheiden leitete er zusätzlich als Hauptverantwortlicher den produktionstechnischen und logistischen Aufbau der nach der Wende wiedergegründeten A. Lange & Söhne im sächsischen Glashütte, damals ein Tochterunternehmen der IWC. Unter der Leitung von Lothar Schmidt wurden wesentliche Änderungen bei Sinn Spezialuhren vorgenommen. Er nahm Abstand vom Private Label Sektor, erweiterte die Modellpalette und entwickelte sowohl eigene Uhrenmodelle als auch eine Reihe von innovativen Technologien. Zusätzlich zum Direktvertrieb führte Lothar Schmidt sogenannte Depots hier. Hierbei handelt es sich um ausgewählte Uhrmacherbetriebe, die die Uhren zusätzlich vertreiben. Auch erfolgte eine Umfirmierung in Sinn Spezialuhren GmbH. Die mechanischen Uhren werden heute hauptsächlich in Frankfurt am Main montiert und reguliert. Aus Kapazitätsgründen übernimmt die Reglage und Montage auch die S & S Uhrenmanufaktur im thüringischen Schweina, eine hundertprozentige Tochter von Sinn Spezialuhren. Das Unternehmen arbeitet ausschließlich für Sinn Spezialuhren. Aktuell werden über 12.000 Uhren pro Jahr verkauft.

Sächsische Uhrentechnologie GmbH (SUG)

1999 gründete Lothar Schmidt zusammen mit Walter Fricker (Inhaber der Gehäusefirma Fricker, Pforzheim) und Ronald Boldt, dem ehemaligen Leiter Technologie und Qualitätssicherung des Glashütter Uhrenbetriebs, eine eigene Gehäusefirma, die Sächsische Uhrentechnologie GmbH (SUG) in Glashütte. Walter Fricker ist heute nicht mehr beteiligt. Hauptabnehmer der Gehäuse ist neben Sinn Spezialuhren auch die Nautische Instrumente Mühle GmbH in Glashütte.

Technologien

Sinn Spezialuhren gilt als technologische bzw. Ingenieursmarke, d. h., die Firma ist bestrebt, neue technologische Lösungen für spezielle Einsatzbereiche und für typische Probleme von mechanischen Uhren zu entwickeln. In diesem Sinne produziert das Unternehmen robuste und alltagstaugliche Flieger- und Taucheruhren für professionelle Anwender auf einem hohen technologischen Niveau. Besondere Technologien, die Sinn Spezialuhren für seine Uhren einsetzt:

  • TEGIMENT-Technologie, um den Edelstahl des Gehäuses kratzfester zu machen. Durch das Härtungsverfahren Kolsterisieren erhält der Stahl an seiner Oberfläche die Härte von Keramik (zurzeit bis 1.500 Vickers). Eine derart gehärtete Oberfläche bietet zudem die Möglichkeit, mithilfe des sogenannten PVD-Verfahren eine schwarze Hartstoffbeschichtung aufzubringen. Der Vorteil: Indem diese Farbbeschichtung mit 2.000 Vickers auf den mit der TEGIMENT-Technologie gehärteten Stahl aufgebracht wird, lässt sich der sogenannte „Eierschaleneffekt“ (bei einem Schlag bricht der im Verhältnis zur schwarzen Beschichtung relativ weiche Basisstahl ein und die schwarze Schicht platzt ab) vermeiden und. Ein Abplatzen der Farbschicht wird so weitestgehend verhindert.
  • DIAPAL-Technologie für eine schmierstoffreie Schweizer Ankerhemmung. Durch die Kombination von geeigneten Materialien für Ankerpaletten und Ankerrad wird erreicht, dass die Uhrenhemmung ohne Einsatz von Öl reibungsarm funktioniert. Dadurch können die Wartungsintervalle der Uhr verlängert werden. Sinn Spezialuhren war lange Zeit der einzige Anbieter solcher Uhren. Heute gibt es noch weitere Unternehmen, die Uhren mit schmierstoffreien Werkteilen anbieten, dies allerdings auf anderen Verfahrenswegen erzielen als Sinn Spezialuhren.
  • Ar-Trockenhaltetechnik, um das Eindringen von Feuchtigkeit in das Gehäuse in Form von Luftfeuchtigkeit zu verhindern. Dazu werden drei technische Besonderheiten eingesetzt: Füllung des Gehäuses mit Schutzgas, um das Werk trocken zu lagern. Einsatz einer mit Kupfersulfatkristallen gefüllten Trockenkapsel zur Aufnahme von nachdiffundierender Luftfeuchtigkeit. Und als drittes Verwendung von extrem diffusionsreduzierenden Dichtungen (EDR-Dichtungen). Durch die Ar-Trockenhaltetechnik wird erreicht, dass die Uhr funktionssicher bleibt und dass das Deckglas bei Temperaturschocks (z.B. Eintauchen in kaltes Wasser) nicht anläuft und die Ablesbarkeit erhalten bleibt.
  • HYDRO-Technologie durch Füllung des gesamten Gehäuses mit einem speziellen Öl. Da dieses Öl, in dem Werk, Zifferblatt und Zeiger gelagert werden, nicht komprimiert werden kann, ist die Uhr in jeder erreichbaren Tauchtiefe wasserdicht. Die Drucksicherheit des Gehäuses dieser Uhren (Modellreihe UX EZM 2B) ist bis 12.000 m Tauchtiefe geprüft und zertifiziert, die des Uhrwerks bis 5.000 m Tauchtiefe. Die HYDRO-Technologie ist nur bei Quarzuhrwerken möglich, da ein mechanisches Uhrwerk in einer Flüssigkeit nicht funktioniert. Durch diese Technologie sind die Uhren absolut beschlagsicher, druckfest und in jeder Situation sehr gut ablesbar.
  • Magnetfeldschutz, um entsprechende magnetische Einflüsse zu minimieren. Der Hintergrund: Im Alltag gehen zum Beispiel von Elektromotoren oder Lautsprechern Magnetfelder aus, die die Spiralfeder der Uhr und damit ihre Ganggenauigkeit negativ beeinflussen. Um dies zu verhindern, wird eine Art „Käfig“ konstruiert, der aus Zifferblatt, Werkhaltering und Gehäuseboden gebildet wird. Sinn Spezialuren geht mit dieser Technologie weit über die DIN-Norm für antimagnetische Uhren hinaus.
  • Verwendung von deutschem U-Boot-Stahl bei Taucheruhren, womit diese als besonders seewasserbeständig bezeichnet werden dürfen.
  • Verwendung von SINN-Spezialöl 66-228. Hierbei handelt es sich um ein eigens für Sinn Spezialuhren entwickeltes, hochwertiges vollsynthetisches Spezialöl. Seine hervorragenden Eigenschaften bei niedrigen bzw. hohen Temperaturen ermöglichen den Gang der Uhr von -45°C bis +80°C.
  • Eine auf 1.800 Vickers gehärtete Entspiegelung, die auf die Saphirkristallgläser für Deckglas und Sichtboden aufgetragen ist.

Das Unternehmen stellt unter Verwendung von ETA-Werken Armbanduhren mit eigenen zum Teil patentierten Technologien her, aber auch Borduhren, die zum Beispiel in Flugzeugen Anwendung finden. Den Schwerpunkt jedoch bilden Einsatzuhren für militärische und andere professionelle Einsatzkräfte (hier besonders zu erwähnen die EZM-Serie für die maritimen Einheiten der GSG 9 der Bundespolizei). Mit mechanischen Uhren wie den Modellreihen 6000, 203, 103 oder den U-Modellen hat Sinn Spezialuhren einen Standard gesetzt, der von anderen Unternehmen immer wieder als „kreative Anregung“ (beispielsweise Poljot) genommen wird. Das Modell 140 S flog 1985 als erster europäischer Automatik-Chronograph am Arm des Astronauten Reinhard Furrer ins All. Nach dem Verkauf des Unternehmens an Lothar Schmidt kaufte Helmut Sinn 1996 die Schweizer Uhrenmarke Guinand. 1998 gründete er in Frankfurt am Main ein neues Unternehmen. Mit dieser Firma bot er im Direktvertrieb Uhren der Marken Jubilar, Chronosport und der zwei Jahre zuvor erworbenen Guinand an. 2006 zog er sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurück. Er übergab die kaufmännische Geschäftsführung an seinen langjährigen Mitarbeiter Horst Hassler und ist seitdem in diesem Unternehmen nur noch als Kundenberater tätig.

Literatur

  • Schmid, Hans Heinrich: Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 - 1980. Villingen-Schwenningen: Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V., 2005, ISBN 3-927987-91-3

Weblinks


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