Sigambrer

Sigambrer

Die Sugambrer (auch: Sigambrer, Sygambrer) waren ein westgermanischer Stamm, der ursprünglich vom Niederrhein oder dem Gebiet zwischen Rhein und Lippe stammte und der, vollständig oder nur zum Teil, unter Tiberius im Jahre 7 v. Chr. in linksrheinische Gebiete an die Maas in das Gebiet der Sunuker umgesiedelt wurde. Strabon zählte die Sugambrer gemeinsam mit dem Cimbern zu einer germanischen Stammesgruppe, die zwischen Rheinnähe und Nordsee ansässig war. Die Sugambrer sollen als erste der germanischen Stammesverbände Könige gehabt haben.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Entstehung des Stammes ist nicht endgültig geklärt. Um 55 v. Chr. werden sie erwähnt, weil sie den Römern unterlegenen Usipetern und Tenkterern Aufnahme gewähren und den Römern unter Berufung auf die Rheingrenze die Auslieferung verwehren. 53 v. Chr. griffen sie das römische Militärlager bei Atuatuca an, das unter der militärischen Führung von Quintus Tullius Cicero stand.[2]

Im Jahre 16 v. Chr. töteten Sugambrer, Usipeter und Tenkterer Römer im rechtsrheinischen Germanien, führten anschließend einen Plünderungszug nach Gallien durch und besiegten die sie verfolgenden römischen Truppen des Statthalters Marcus Lollius, darunter die V. Legion (clades Lolliana). Diese Niederlage war unzweifelhaft ein schwerer Schlag für das imperiale Prestige des Augustus. Die Germanen entzogen sich der Auseinandersetzung und gingen einen (Schein-)Frieden ein.

Das Legionslager Castra Vetera kontrollierte gegenüber der Lippemündung die Siedlungsgebiete der rechtsrheinischen Stämme der Sugambrer, Brukterer, Tenkterer und Usipeter. Es waren genau diese Völkerschaften, auf deren Konto die Einfälle in Gallien gingen. Durch das Lippetal war eine Verbindung Veteras mit der Westfälischen Bucht gegeben.

Sugambrer unter ihrem König Maelo (oder Melo)[3] und mit ihnen verbündete Tenkterer und Usipeter brachen im Jahre 12 v. Chr. erneut in Gallien ein, als dort aufgrund des ersten Provinzialcensus schwere Unruhen herrschten. Drusus drängte mit einem Truppenaufgebot die Eindringlinge zurück und eröffnete auf der anderen Rheinseite unmittelbar nach dem 1. August 12 v. Chr. eine Strafexpedition. Der Einmarsch in Germanien ging von niederrheinischem Gebiet zunächst in das Land der Usipeter (Südosten der heutigen Provinz Gelderland), dann gegen die zwischen Lippe und Ruhr siedelnden Sugambrer (die Strabon als Verursacher für den Kriegsausbruch bezeichnet). Die endgültige Unterwerfung der Sugambrer gelang aber erst Tiberius im Jahr 7 v. Chr.[4], der Stammesteile in linksrheinisches Gebiet in etwa ins Land der Sunuker umsiedelte. In der Gegend von Xanten gründeten sie dort eine Siedlung, aus der die Colonia Ulpia Traiana hervorging. Deudorix, Neffe des früheren Königs Maelo, wurde 17 n. Chr. im Triumphzug des Germanicus in Rom als Gefangener mitgeführt.[5] Der Name der Sugambrer erhielt sich in der späteren Stammestradition der Franken, so wurde Chlodwig I. bei seiner Taufe vom Bischof von Reims noch als „tapferer Sugambrer“ angesprochen.[6]

Identifikation der Sugambrer mit anderen Stämmen

Der im Gebiet der späteren Colonia Ulpia Traiana ansässige Stamm der Cugerner (evtl. „die Kuhreichen oder Kuhgierigen“) oder Cuberner ging vermutlich aus den dort angesiedelten Sugambrern hervor.[7] Des Weiteren sind einige Forscher der Meinung, die Sugambrer seien mit den bei Tacitus erwähnten Gambriviern oder Gamabriviern identisch,[8], einem der Stämme, die gemeinsam mit Marsern, Sueben und Vandiliern behaupteten, vom Gott Mannus abzustammen.[9] Plinius der Ältere berichtete, dieser Stamm siedele direkt am Rhein,[10] während Strabon ihn gemeinsam mit Cheruskern und Chatten an der Weser lokalisiert. Daneben existiert die Auffassung, die Marser seien mit den Sugambrern zu identifizieren, die an der Umsiedlung auf die linke Rheinseite nicht teilgenommen hatten.[11]

Bedeutung des Namens

Der Name der Sugambrer ist in verschiedenen Schreibweisen überliefert; so ist unter anderem von „Sugambri“, „Sygambri“, „Sigambri“, „Sugambroi“, „Sugumbri“, „Sucambri“ und „Sycambres“ die Rede. Dies erschwert eine genaue etymologische Deutung des Namens, zumeist aber werden die Sugambrer und Gambrivier zu einer germanischen Wurzel „*Gambra“ („kraftvoll, tatkräftig, Eifer“) gestellt. Daneben gibt es aber auch verschiedene Deutungen des Namens aus dem Keltischen,[12] z.B. aus einer Wurzel „*cam“. „“Su-„ ist ein gebräuchliches keltisches Präfix mit der Bedeutung „gut“ oder „stark“. Die Verbindung des Stammesnamens der Sugambrer mit den Regionen Sauerland, Siegerland oder dem Fluss Sieg sind rein spekulativ und etymologisch wenig schlüssig.

Bekannte Angehörige der Sugambrer

Einige Sugambrer werden im Tatenbericht des Augustus und bei Strabon namentlich genannt: Maelo, König oder Fürst der Sugambrer, unter dessen Befehl sie um 12 v. Chr. in Gallien einfielen, dessen Bruder Baitorix sowie dessen Sohn Deudorix.

Literatur

  • Johannes Heinrich: Sugambrer. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd. 30. de Gruyter, Berlin – New York 2005, ISBN 3110183854.
  • Bruno Krüger (Hrsg.): Die Germanen – Geschichte und Kultur der germanischen Stämme in Mitteleuropa. Ein Handbuch in zwei Bänden. 4. Auflage Bd. 1, Akademie-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3050001232.
  • Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57674-4.
  • Alexander Sitzmann, Friedrich E. Grünzweig, Hermann Reichert (Hrsg.): Die altgermanischen Ethnonyme. Fassbaender, Wien 2008, ISBN 978-3-902575-07-4.

Belege

  1. Res Gestae Divi Augusti 32, 1; Strabon 7, 1, 4: ἠγεμῴν.
  2. Gaius Iulius Caesar, De Bello Gallico 6, 35–41.
  3. Res Gestae Divi Augusti 32, 1; Strabon 7, 1, 4.
  4. Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 408.
  5. Strabon 7, 1, 4.
  6. Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 408.
  7. Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 408.
  8. Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 408; Der Kleine Pauly, Bd. 2, Sp. 689.
  9. Krüger, Die Germanen, Bd. 1, S. 523.
  10. Plinius, Naturalis historia 4, 99.
  11. Wolters. Die Schlacht im Teutoburger Wald.
  12. A. Sitzmann, F. E. Grünzweig, Die altgermanischen Ethnonyme. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie, S. 138.

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