Siegfried Böhm

Siegfried Böhm
Böhm, links, während einer Sitzung des DDR-Staatsrats im Gespräch mit Herbert Fechner und Fritz Scharfenstein

Siegfried Böhm (* 20. August 1928 in Plauen; † 4. Mai 1980 in Berlin-Karlshorst) war ein SED-Funktionär und Minister der Finanzen der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Böhm lebte mit seinen Eltern als Kind in Netzschkau im Vogtland, wo er auch zur Schule ging. Ab 1945 absolvierte eine Ausbildung zum Kaufmann. 1947 trat er der FDJ bei, 1948 der SED. 1948–1953 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär. 1953–1954 arbeitete er im Braunkohlewerk Espenhain. 1954–1958 studierte er an der Karl-Marx-Universität in Leipzig und war danach Assistent und Mitglied der Parteileitung der Fakultät für Politische Ökonomie.

Ab 1959 war er in der Arbeitsgruppe Planung und Finanzen des Zentralkomitees der SED, ab 1963 in Nachfolge von Gerhard Schürer als Leiter. Er war Befürworter des Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (NÖS). Von 1966 bis 1980 war Böhm als Nachfolger von Willy Rumpf Minister der Finanzen und Mitglied des Präsidiums des Ministerrates. Außerdem war er von 1967 bis 1980 Mitglied des Zentralkomitees der SED und Abgeordneter der Volkskammer.

Tod durch einen Auftragsmord wahrscheinlich

Um Siegfried Böhms Tod ranken sich Legenden. Im Karlshorster Wohnhaus befand sich seine komplette Jagdausrüstung und die Dienstwaffe. Die Rede war von einem Selbstmord. Mit Kopfschüssen waren Böhm und seine Ehefrau am 4. Mai 1980 vom Sohn in ihrem Schlafzimmer gefunden worden. Nach dem Tod übernahm das Ministerium für Staatssicherheit der DDR allein die Ermittlungen und ging intern von einem Eifersuchtsdrama aus. So sei Böhm, der seine Familie verlassen wollte, von der Ehefrau mit der Dienstpistole des Ministers erschossen worden. Anschließend habe die Ehefrau sich mit der gleichen Waffe das Leben genommen, steht in dem mit Fotos unterlegten Stasi-Dossier.

Die Familie Böhms bezweifelte dies stets. Offizielle DDR-Darstellung war 1980 ein „tragischer Unglücksfall“. Im Jahr 2003 ermittelte die Bundesanwaltschaft, nachdem sich Beweise für Auftragsmorde durch ein DDR-Killerkomando fanden, die auch einen Politiker, angeblich Siegfried Böhm, auf der Liste hatten. Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt (BKA) hielten es für möglich, dass Mitglieder des mutmaßlichen Killerkommandos das Ehepaar erschossen und den Mord als Eifersuchtsdrama getarnt haben. Die Tatortfotos schließen eine Selbsttötung durch die Lage der Leichen aus. Aussagen des Sohnes, der die Eltern fand, bestätigten dies. Beweise ließen sich trotz der Festname des DDR-Auftragskillers Jürgen Grothe in Rheinsberg am 22. September 2003 durch dessen beharrliches Schweigen nicht erbringen, obwohl der einem getarnten BKA-Mann den Mord vor seiner Festnahme gestand. Grothe wurden 25 DDR-Auftragsmorde zur Last gelegt.

Grund für einen Auftragsmord durch die Stasi könnte ein Streit Böhms mit dem Politbüro sein. So habe er als Finanzminister die dramatischen wirtschaftlichen Situation der DDR nicht mehr mittragen wollen. Böhm habe gedroht, den DDR-Bankrott öffentlich zu machen. Vier Tage vor seinem Tod blieb er den obligatorischen Maifeiern der SED fern.[1]

Auszeichnungen

Böhm erhielt 1964, 1970 und 1974 den Vaterländischen Verdienstorden.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Süddeutsche Zeitung, 25. September 2003 und Berliner Zeitung, 27. September 2003 DDR-Killerkommando soll Minister getötet haben; Die Welt, 13. Oktober 2003, Verdacht gegen DDR-Killer erhärtet; FOCUS 40/2003, DDR-Auftragsmorde: Überläufer in Bayern liquidiert?

Weblinks

 Commons: Siegfried Böhm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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