Sicherheitsrücklage

Sicherheitsrücklage

Sicherheitsrücklage ist der sparkassenspezifische Begriff für haftendes Eigenkapital der Kreditinstitute im Sinne von § 10 Absatz 4 Kreditwesengesetz. Wie das haftende Eigenkapital übernimmt die Sicherheitsrücklage verschiedene bankrechtliche und bankwirtschaftliche Funktionen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Entwicklung

Bis zur Brüsseler Konkordanz im Juli 2001 wurde die Sicherheitsrücklage bei der Errichtung einer Sparkasse von deren kommunalem Gewährträger als Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Sie diente allgemein dem Schutz des Gewährträgers (der Kommune) vor einer Inanspruchnahme durch die Gläubiger der Sparkasse. Damit wurde die kommunale subsidiäre Gewährträgerhaftung solange hinausgeschoben, bis die Sicherheitsrücklage durch Verluste aufgezehrt war.

Die Abschaffung der Gewährträgerhaftung in der Folge der Brüsseler Konkordanz ist durch entsprechende Änderung der regionalen Sparkassengesetze umgesetzt worden. Während die Modifizierung der Anstaltslast und die Abschaffung der Gewährträgerhaftung einheitlich vollzogen worden sind, wurden in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedliche Regelungen im Hinblick auf Inhalt und Umfang der Sicherheitsrücklage getroffen. Der Regelungsumfang reicht von nicht fungiblem Trägerkapital (§ 7 Abs. 1 SpkG NRW) bis zu fungiblem Stammkapital (§ 3 Abs. 3 und 4 SpkG Rheinland-Pfalz[1]).

Zur Verbesserung der haftenden Eigenmittel sind Einlagen stiller Gesellschafter, Genussrechte oder gar nachrangige Verbindlichkeiten vorgesehen (§ 26 SpkG NRW[2]). Nicht fungibles Trägerkapital als Bestandteil des haftenden Eigenkapitals der Sparkasse soll gebildet werden können aus Gewinnen und/oder Umwandlungen von Teilen der Sicherheitsrücklage (§ 7 Abs. 1 SpkG NRW). Dieses Trägerkapital ist Ausdruck der Organisation der Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts: die tragende Gemeinde ist Träger und wird keinesfalls zum Gesellschafter der Sparkasse.

Funktionen

Bankrechtlich: Die Sicherheitsrücklage dient zunächst, wie jedes haftende Eigenkapital, als angemessenes Eigenkapital im Sinne von § 10 Abs. 1 Kreditwesengesetz, damit die Sparkassen ihren Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern nachkommen können.

Bilanziell: Darüber hinaus dient sie bilanziell als Auffangfonds für etwaige Verluste der Sparkasse. Bei Sparkassengewinnen wird die Sicherheitsrücklage im Wege der Gewinnthesaurierung durch Gewinnzuführungen gestärkt. Einige Sparkassengesetze sehen hierzu eine prozentuale Gewinnzuführung vor, die zwischen 33 % und 75 % des Gewinns liegt (z. B. § 16 Absatz 2 Hessisches SpkG[3]). Verbleibende Gewinne werden dann an den Träger in gestaffelter Form ausgeschüttet, die von der Höhe der risikogewichteten Aktiva nach § 10 Absatz 1 KWG abhängig gemacht wird (z. B. § 24 Abs. 2 Niedersächsisches SpkG[4]). Vereinzelt erfolgt auch eine Abstellung der Gewinnausschüttung auf das Verhältnis der Sicherheitsrücklage zur Bilanzsumme.[5]

Melderechtlich: Ferner stellt die Sicherheitsrücklage die Berechnungsgrundlage zur Bestimmung zulässiger Kreditobergrenzen dar (vgl. hierzu im Einzelnen Großkredit, Organkredit und Solvabilitätsverordnung).

Aufsichtsrechtlich: Die Sicherheitsrücklage ist ein Teil des Kernkapitals im Sinne von § 10 Abs. 2a KWG ("Tier-1"). Sie ist dort konkret benannt (§ 10 Abs. 2a Nr. 4 KWG als "Rücklagen"). Einzelne Sparkassengesetze lassen darüber hinaus noch Ergänzungskapital ("Tier-2"; § 10 Abs. 2b KWG) und sogar Drittrangmittel ("Tier-3" wie nachrangige Verbindlichkeiten) zu. Dabei müssen bestimmte Abzugspositionen (§ 10 Abs. 6 ff. KWG) berücksichtigt werden. Drittrangmittel gehören jedoch nicht zum haftenden Eigenkapital und erst recht nicht zum Kernkapital (§ 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KWG).

Während das haftende Eigenkapital die Basis für die Großkreditobergrenzen darstellt, bilden die Eigenmittel (§ 10 Abs. 2 Satz 1 KWG) die Basis für die Einhaltung der Kapitalanforderungen nach der SolvVO. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen liegt darin, dass Überschreitungen der Grenzen nach §§ 12, 13 KWG die Eigenmittel gemäß SolvVO entsprechend verringern.

Verbesserung der Sicherheitsrücklagen

Die Sicherheitsrücklagen der deutschen Sparkassen sind – im Vergleich zum Kernkapital der übrigen Kreditinstitute – relativ niedrig. Durch Fortfall der Gewährträgerhaftung, aber auch zur Verbesserung ihres Kreditgewährungsspielraumes, sind sie jedoch auf eine Erhöhung ihrer Sicherheitsrücklagen angewiesen. Originäre Hauptquelle für Eigenkapitalerhöhungen bei privatrechtlich organisierten Banken sind Kapitalerhöhungen durch Ausgabe neuer Aktien. Diese Quelle ist den Sparkassen verwehrt, so dass sie zunächst auf Gewinnthesaurierungen angewiesen sind. Viele Sparkassengesetze haben diesem strukturellen Engpass Rechnung getragen, und, wie oben angedeutet, die Quellen für die Verbesserung des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals verbreitert. Die meisten Geschäftsbanken indes nutzen die "Tier-2"- und "Tier-3"-Aggregate bereits extensiv seit vielen Jahren.

Siehe auch

Literatur

  • Beck, Samm, Kokemoor: Gesetz über das Kreditwesen. KWG Kommentar mit Materialien und ergänzenden Vorschriften. C.F. Müller, Heidelberg Februar 2008, ISBN 978-3-8114-5670-9, Loseblattsammlung, 129. Aktualisierung

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sparkassengesetz Rheinland-Pfalz
  2. Sparkassengesetz NRW
  3. Hessisches Sparkassengesetz
  4. Niedersächsisches Sparkassengesetz
  5. Christian Lütke-Uhlenbrock: Bewertung von öffentlich-Rechtlichen Sparkassen, 2007, ISBN 3-8350-0680-0, S. 167. "Google-Buchsuche"

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