Shabbetai Tzevi

Shabbetai Tzevi
Shabbetaj Zvi

Shabbetaj Zvi, auch Sabbatai Zewi (* 1626 in Smyrna; † 16. September 1676 in Ulcinj) war ein Religionsgelehrter und selbsterklärter Messias aus Smyrna (heutiges Izmir).

Er wurde am Tischa beAv 5386 jüdische Jahreszählung (1626 christliche Zählung) in Smyrna als zweiter von drei Söhnen eines Händlers geboren. Der 9. Av 1626 (trotz einiger Unstimmigkeiten nimmt man diesen Tag als Geburtsdatum an) war ein Sabbat. Kinder, die an einem Sabbat geboren wurden, erhielten oftmals den Namen Shabbetaj. Andererseits ist dieses Wort auch der hebräische Ausdruck für den Planeten Saturn. Er starb am Jom Kippur 1676.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft der Familie

Die Familie Zvi stammt wohl ursprünglich vom Peloponnes, und erst Shabbetajs Vater Mordechai (gestorben im Jahr 1653) zog nach Smyrna. Der Name Zvi deutet auf einen aschkenasischen Ursprung der Familie.

Kindheit und Jugend

Es gibt keine gesicherten Informationen über seine Ausbildung, aber einige Hinweise, dass er eine traditionelle jüdische Bildung erhielt. Unter anderem hat er wohl unter Josef Eskapa, einem Kabbalisten, gelernt und seine talmudischen Studien mit 15 Jahren abgeschlossen. 1642 begann er ein asketisches Leben, und es wird von einem Rabbi Isaac berichtet, der ihn dabei führte.

Prophet und Kabbalist

Er trat, nachdem bereits im 16. Jahrhundert die Lehren des großen Kabbalisten Isaak Luria und seiner Schule in Italien, Polen und darüber hinaus Verehrer gefunden hatten, als jüdischer Messias zuerst im Kreis von Freunden auf (1648) und brachte so in das Leben der orientalischen Juden eine weitgehende Bewegung, die zuerst den Sabbatäismus (die Anhänger desselben, die noch hin und wieder im Anfang des 20. Jahrhunderts in Böhmen und Polen gefunden wurden, heißen Sabbatäer, auch Sabbatianer), dann im 18. Jahrhundert den Chassidismus erzeugte.

Im Jahre 1648, als unter Führung des Kosaken Bogdan Chmelnizki gegen die polnische Aristokratie in Pogromen über 100.000 Juden in Osteuropa umgebracht wurden, erlebte Shabbetaj eine Berufungsvision. Einigen Berichten zufolge erklärte er Freunden gegenüber, er sei ein Prophet. Zwischen 1651 und 1654 wurde er aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen und musste Smyrna verlassen. Danach zog er nach Saloniki, wo er später ebenfalls ausgewiesen wurde. 1658 war Shabbetaj in Istanbul, wo er weiter Kabbalah studierte und 1659 auch hier ausgewiesen wurde. Er kehrte mit Rabbi David Chabillo, einem Kabbalisten und Gesandten der Jerusalemer Juden, den er in Istanbul kennengelernt hatte, nach Smyrna zurück.

Jerusalem - Kairo

1662 reiste Shabbetaj Zvi über Kairo nach Jerusalem. Während seines Aufenthaltes in Jerusalem wurde die jüdische Gemeinde im Jahre 1663 zur Zahlung einer großen Geldsumme gezwungen, die sie nicht aufbringen konnte. Ein Gesandter sollte in der wohlhabenden jüdischen Gemeinde Kairo Geld sammeln, um die Summe zahlen zu können. Die Wahl fiel auf Shabbetaj Zvi. Er begann seine Reise gegen Ende des Jahres 1663. Am 5. Nisan 5424 (31. März 1664) heiratete Shabbetaj eine wohl aus Polen stammende Jüdin namens Sarah. Diese als "geistig verwirrt" geschilderte Frau scheint schon 1655 in Amsterdam von sich behauptet zu haben, sie werde den messianischen König heiraten. Möglicherweise ist es diese Aussage gewesen, die Shabbetaj dazu bewog sie zu heiraten.

Rabbi Nathan Aschkenasi

Was Shabbetaj Zvi gegen Ende des Jahres 1664/Anfang 1665 bewog, sich von Nathan Aschkenasi, einem Kabbalisten in Gaza, einen „Tikkun“ (geistliche Unterweisung bzw. seelische Richtigstellung) zu holen, wissen wir nicht genau. Einiges deutet darauf hin, dass er „Frieden für seine Seele“ suchte. Doch überraschenderweise teilte ihm Nathan mit, dass er keinen Tikkun benötige, er sei nämlich der Messias.

Messias

Am 31. Mai 1665, während eines Aufenthaltes in Gaza, erklärte sich Shabbetaj, ermutigt von Nathans Prophezeiungen und „Stimmen“ die dieser empfangen hatte, zum Messias und ernannte 12 Mitglieder der Gemeinde zu Gaza zu Repräsentanten der 12 Stämme Israels. Dies war der Beginn der messianischen Bewegung, die den Namen Shabbetajs tragen und die ganze jüdische Diaspora erschüttern sollte, die aber auch manche Christen erfasste: die sabbatianische Bewegung oder der Sabbatianer.

Verbreitung

Zunächst erfasste die messianische Begeisterung Gaza und von dort ausgehend Hebron, Safed und Kairo. Wo es viele Vertreter der lurianischen Kabbala gab, wurde auch die Bewegung stark. Die Nachricht, der Messias sei erschienen, muss recht schnell um sich gegriffen haben. Zum einen sandte Nathan Aschkenasi, der Prophet und maßgebliche Theologe der Bewegung, Briefe an andere Gemeinden, zum anderen verbreiteten Anhänger und andere Reisenden die „gute Nachricht“. Der Dreißigjährige Krieg in Deutschland und der große Kosakenaufstand unter Bogdan Chmielnicki gegen die polnische Oberschicht und deren Verwaltung, vielfach Juden, bildeten den Nährboden für eine „gute Nachricht“ - die Ankunft des Messias." Während Nathan in Gaza blieb, zog Shabbetaj nach Palästina. In Jerusalem, wo er mit den von ihm ernannten zwölf Vertretern der Stämme Israels erschien, um auf dem Tempelberg ein Opfer darzubringen, kam es zum Konflikt mit dem ortsansässigen Rabbinat. Die Mehrheit akzeptierte weder Shabbetajs messianischen Anspruch, noch Nathans Anspruch als Prophet. Doch nachdem Shabbetaj erfolglos versuchte, die muslimische Herrschaft herauszufordern, musste er Jerusalem verlassen. Über Safed, Damaskus und Aleppo kehrte er nach Smyrna zurück, wo er im Herbst 1665 ankam. Mittlerweile war er durch das Jerusalemer Rabbinat mit dem Bann belegt worden.

Smyrna und Konstantinopel

In Smyrna verhielt sich Shabbetaj zunächst zurückhaltend. Auch in seiner Vaterstadt waren die Juden gespalten, wie man sich ihm gegenüber verhalten solle. Im Dezember tat Shabbetaj Zvi den nächsten Schritt: er besetzte die sephardische Synagoge. Später ernannte er dann Könige und Vizekönige und vergab Königreiche. Am 30. Dezember 1665 zog er begleitet von vier Rabbis Richtung Konstantinopel. Hatten die türkischen Behörden bisher sehr ruhig reagiert, so schritten sie nun doch ein und setzten den „Messias“ und sein Gefolge fest, als er Anfang Februar 1666 in Konstantinopel ankam. Er kam in Gallipoli in eine Art Ehrenhaft, wo er Gesandte empfangen und Audienzen erteilen konnte. Der Messias saß zwar fest, das scheint die Anhänger aber keineswegs abgeschreckt zu haben.

Konversion

Am 12. oder 13. September wurde Shabbetaj vor das Gericht gebracht, wo er am 15. September ankam. Man sagte ihm, dass behauptet wird, er sei der Messias. Er wurde vor die Entscheidung gestellt, dass ein Bogenschütze einen Pfeil auf ihn schießt, um mit seiner Unverwundbarkeit zu beweisen, dass er der Messias sei. Er lehnte dies ab und konvertierte zum Islam. Shabbetaj konvertierte und erhielt den Namen des Sultans. Außerdem wurde Mehmed Efendi zum „Wächter der Palasttüren“ (kapici bashi) ernannt. Seine Frau Sara trat ebenfalls zum Islam über, wie viele enge Anhänger seiner Bewegung auch.

Ende

Ende des Jahres 1672 wurde Shabbetaj verhaftet. Die Anklage lautete auf Abfall vom Islam. Doch Shabbetaj hatte Glück. Er wurde nicht etwa zum Tode verurteilt, wie es in ähnlichen Fällen üblich war, sondern in die Verbannung nach Albanien geschickt. Er starb am 16. September 1676 im Exil.

Unter dem Namen Dönmehs (auch Dönme) siedelten Anhänger in Griechenland und der Türkei. Kleine Gruppen existieren noch heute.

Siehe auch

Literatur

Näheres über ihn findet man u.a. in den Geschichtswerken von Isaak Markus Jost und Heinrich Grätz.

  • Ludwig Storch: „Der Jakobsstern“. Vier Theile, Frankfurt am Main: Sauerländer 1836 bis 1836.
  • Gershom Scholem: „Sabbatai Zwi. Der mystische Messias“. Frankfurt/Main, 1992
  • Nathanael Riemer: „Zwischen christlichen Hebraisten und Sabbatianern - der Lebensweg von R. Beer und Bila Perlhefter“. In: Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden. 14 (2004) Heft 1, 163-201.
  • Salomon Poljakoff: „Sabbatai Zewi“. Aus dem Russischen von Z. Holm. Berlin, Weltverlag, 1927.
  • Josef Kastein: Sabbatai Zewi. Der Messias von Ismir, Ernst Rowohlt-Verlag, Berlin, 1930.
  • Simon M. Dubnow: „History of the Jews in Russia and Poland“. Translated from the Russian by I. Friedlaender. Philadelphia, Jewish Publication Society of America 1916. Volume I,S.204ff.
  • Lexikon des Judentums, Bertelsmann Lexikon-Verlag, Gütersloh 1971. ISBN 3-570-05964-2
  • Chajim Hasas, „Am Ende der Tage“, 1934

Weblinks


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